Zwergenalarm
Ich möchte diesen link da lassen. Den meisten Deutschen ist Niki Glattauer vermutlich eher unbekannt, aber für den medienversierten Österreicher jedenfalls ein Begriff. https://www.falter.at/zeitung/20250902/ich-will-in-wuerde-sterben-sagt-niki-glattauer Ich persönlich hätte zwar in vergleichbarer Situation vermutlich "ein paar Jahre mehr" gewählt (ich hoffe ich muss nie wählen), aber der Entschluss wurde für mich sehr stringent gefasst. Und neben dem Hauptthema spricht er an, was man in Zeiten wie diesen vermutlich nur ansprechen kann, wenn man den möglichen Shitstorm (was sich der "gute und politisch korrekte Mensch" selbstverfreilich "niemals" erlauben würde) nicht mehr erlebt. So sollten mehr Menschen denken und vor allem VOR dem eigenen Ableben reden, dann hätten wir jetzt vermutlich einige Probleme weniger. P.S.: Ich wusste ehrlich nicht, dass diese Form des Freitods in Ö überhaupt möglich ist. Wieder was gelernt.
Danke für den Link, das hat mich sehr bewegt.
Der Umgang mit dem Tod geht glücklicherweise immer mehr in diese Richtung. Vor noch nicht allzu langer Zeit wurden selbst schwerstkranke Patienten noch wiederbelebt, künstlich ernährt und beatmet. Eine Quälerei ohnegleichen. Ich habe eine Patientin mit 88 Jahren, die auch vor hat diesen Weg zu beschreiten, wenn sie nicht mehr dazu in der Lage ist, selbstbestimmt zu Hause zu leben. Sie wird auf keinen Fall in ein Pflegeheim gehen und hat bereits Kontakt zu einem Sterbehilfeverein. Hier im Pflegeheim wird auch sehr vorbildlich mit den Bewohnern umgegangen und bei bestimmten Vorfällen nicht unbedingt der Notarzt gerufen, sondern mit dem Hausarzt und den Angehörigen das weitere Vorgehen besprochen. Aber auch viele Notärzte sind in der Zwischenzeit sehr pragmatisch. Allerdings gibt es da noch einiges zu tun, wenn man Leiden abkürzen möchte. Man kann zwar mit Morphin in höchsten Dosen viel tun, aber es ginge mit anderen Medikamenten leichter.
Ich bin über den Tod von Niki Glattauer traurig, habe ihn immer gemocht und als Bildungsexperten geschätzt. Die "paar Jahre mehr" hattet er leider, wissensklar und schmerzfrei, nicht mehr. Zur Vollständigkeit bzw. weil die Berichterstattung u A des Falters gefährlich ist und ziemlich kritisiert wird: https://kurier.at/wissen/assistierter-suizid-romantisierung-sollte-man-unbedingt-vermeiden/403080763 Und es gibt auch bereits einen Mordverdacht, so ohne ist die Möglichkeit leider nicht (Helfer dürften nie begünstigt sein). https://steiermark.orf.at/stories/3316576/
Ich sehe das keinesfalls ´romantisch´ sondern nur als auch eine Möglichkeit. Ich persönlich möchte mir einen "Countdown" bis zum Ende gar nicht vorstellen. Ich hätte die paar Jahre mit Einschränkung gewählt und gehofft, dass es mich dann doch im Schlaf "erwischt". Ebenso kritisch sehe ich die Wortwahl. Als wäre alles andere würdelos, was es definitiv nicht ist. "Würdig" oder eben auch nicht ist nur die eigene Haltung zum Schicksal. Und dabei kann das Umfeld helfen, nicht zuletzt und überhaupt eine palliative Betreuung. Im Übrigen bin ich bei Lena. Bei einem Minderjährigen zu behaupten er bräuchte ihn nicht mehr ist fast zynisch. Da wäre ich als Mutter vermutlich auch stinksauer. So oder so fand ich es trotzdem spannend von einem Betroffenen so nah an die Thematik herangeführt worden zu sein.
In der Kleinen Zeitung auch durchaus kritische Beurteilung. Wird auch interessant wie der laufende Mordprozess (Opfer war geschäftsfähig und keineswegs totkrank) das Ganze beleuchten wird).

Oh danke. Ich hab die heutige Zeitung in einem Putzfimmel bereits weggeschmissen und das gar nicht gelesen.
Sehr berührend. Ich habe für mich bereits vor längerer Zeit entschieden, dass ich es genauso wie Niki Glattauer machen würde. Seine Aussage "Bevor man gelebt hat, war man ja auch letztlich tot. Und man ist nachher wieder tot. Das ist nichts Schreckliches" ist genau meine Philosophie. Er hat es durchgezogen. Respekt.
< < We come from nothing, we go to nothing. What have we lost? NOTHING >> Wurde sogar schon besungen
Ich lebe trotzdem viel zu gerne um auch nur 1 Sekunde davon freiwillig herzugeben. Ich gehe aber auch davon aus, dass ich "unkaputtbar" bin. Das wird es allerdings final nicht spielen, weiß ich auch.
Da sind wir auf einer Linie, unter gesunden Umständen gebe ich auch keine Sekunde freiwillig her. Aber wenn ich eine Krankheit hätte, von der ich nicht genesen kann und das absehbar zeitlich begrenzte Weiterleben wäre mit Schmerzen/Entbehrungen verbunden, dann wäre für mich Schluss. Auch ein Dahinsiechen als Pflegefall würde ich für mich nicht wollen. Auch meine Mutter ist an einem Gehirntumor verstorben. Es ging zum Glück relativ schnell. Aber ich habe im Krankenhaus Fälle gesehen, die da mit der 4. Kopfoperation lagen, dazwischen bestand das Leben aus Chemo, Bestrahlung, Kotzen und Schmerzen. Da bin ich einfach nicht leidensfähig genug. Gläubig bin ich auch nicht. Meine Philosophie lautet: Lieber ein Ende mit Schrecken als Schrecken ohne Ende.
Einerseits - und andererseits. Einerseits redete er davon, dass er alleine war, seine Kinder sind groß und brauchen ihn nicht mehr. Und dann kommt im Text, die Tochter ist 22 und der Sohn ist gerade mal 16, wird bald 17. Ehrlich gesagt - als Ex-Frau wäre ich stinksauer, wenn der Vater sich so rauszieht, und das noch bevor das jüngste Kind volljährig ist. Er sprach davon, dass er Hüftprobleme hat und ein Herzproblem und dann kam der Krebs hinzu und wenn man ihn zeitnah operiert hätte, hätte er Einschränkungen gehabt, er könnte nicht mehr so essen und trinken und leben, wie er wollte. Deswegen hat er sich gegen eine schulmedizinische Krebsbehandlung entschieden und wollte lieber abtreten, solange er noch einigermaßen so leben kann, wie er wollte. Wenn er wirklich alleine auf der Welt wäre - ich könnte es nachvollziehen. Aber er war ja nicht im luftleeren Raum, er hatte Kinder, von denen das Jüngste noch nicht mal volljährig ist. Da muss dann jemand anders einspringen und sich kümmern... er ist ja nicht mehr da, er ist abgetreten. Ich kann verstehen, dass es etwas mit einem macht, wenn man Angehöriige an Krebs sterben sieht. Meine Mutter ist an einem Hirntumor gestorben, keine 5 Monate nach der Diagnose, und 4 Monate nach einer OP, die letztlich nicht mehr helfen konnte, dafür aber viel im Hirn zerstört hat. Meistens denke ich, falls bei mir mal diese Art Hirntumor diagnostiziert wird, will ich lieber so lange weiter machen ohne OP, soweit es noch einigermaßen geht, und dann nach Möglichkeit "abtreten". Aber es gibt auch Tage, an denen ich nicht sicher bin, es gibt auch Fälle, bei denen die Betroffenen eben dank einer OP noch ein paar einigermaßen gute Jahre haben durften. Ich weiß es nicht... Wobei ich da noch ein Problem sehe, so wie die Regelung in Österreich in dem Artikel beschrieben wird: Man muss sterbenskrank sein, aber noch alle Sinne beisammen haben. Das hätte meiner Mutter, schon vor der OP, kein Arzt mehr bestätigen können und kein Notar mehr attestieren. Wie sieht es denn in solchen Fällen mit einem begleiteten Suizid aus? Und noch was, wo ich schlucken muss: Im Moment haben wir den "gelben September", am 10. September ist der internationale Tag der Suizidprävention, den ganzen Monat dreht sich da viel um genau dieses Thema. Prävention. Um Menschen, die sich umgebracht haben. Und wo man denkt, sie fehlen, hätten sie die richtige Hilfe bekommen können, müssten sie jetzt noch nicht fehlen. Einerseits - und andererseits...
"Wobei ich da noch ein Problem sehe, so wie die Regelung in Österreich in dem Artikel beschrieben wird: Man muss sterbenskrank sein, aber noch alle Sinne beisammen haben. Das hätte meiner Mutter, schon vor der OP, kein Arzt mehr bestätigen können und kein Notar mehr attestieren. Wie sieht es denn in solchen Fällen mit einem begleiteten Suizid aus?" Natürlich muss man für so eine Entscheidung nachvollziehbar geschäftsfähig sein, sonst gibt es kein Medikament bzw die beteiligten Arzte und Juristen machen sich strafbar. Da gibt es keine andere Möglichkeit für den Gesetzgeber. Der Fall ist ja durch die Falter Berichterstattung besonders unappetitlich: -Countdown (übermorgen wird N G sterben) um das Interview zu bewerben. Wie hätte Herr Glattauer, denn da wieder rauskönnen falls er sich umentschieden hätte (was bei über 40 % der Fälle zumindest in den USA geschieht). -Imitationssuizide -assistierter Suizid alternativlos/einzige Möglichkeit, würdevoll zu sterben Es gäbe natürlich Pallativmedizin zu Hause oder im Hospiz. "Die Geschichte, die hier erzählt wird, zeigt ja doch den assistierten Suizid als eigentlich alternativlos und vor allem als einzige Möglichkeit, würdevoll zu sterben", kritisierte der Suizidforscher am Zentrum für Public Health an der MedUni Wien das am Dienstag publizierte Interview mit Glattauer. Es gebe viele Beispiele, wo auch andere Wege gefunden wurden, um würdevoll zu sterben." https://www.vol.at/assistierter-suizid-kritik-an-alternativlosigkeit-in-medien/9647681 Und zusätzlich die Missbrauchsmöglichkeit dementsprechend zu beieinflussen bzw. das Medikament steht herum und Vermögen lockt.
Bei einem Hirntumor bleibt einem dann anscheinend trotzdem nur der Revolver, so wie Wolfgang Herrndorf ("Tschick"), oder der Sprung ins Wasser oder vor die Bahn... Ich finde das suboptimal. Ich habe bei meiner Mutter gesehen, wie ihr Sterben war, wobei - das Sterben war nicht das Schlimme, sondern die Zeit davor, die Veränderungen, der Wegfall von Hirnarealen. Wenn ich wüsste, das kommt auf mich zu, fände ich es auch erstrebenswerter, mich zu erschießen, als den Weg bis zum letzten bitteren Ende zu gehen. Wobei ich sagen muss - die letzte Zeit auf der Palliativstation war definitiv nicht würdelos. Es gab genug Personal, das sich Zeit nehmen konnten, für Patienten und Angehörige, das war wirklich toll. Es war wirklich eine wunderbare Begleitung. Aber ob es alternativlos sein muss, eine finale Krankheit wirklich bis zum bitteren Ende in aller Konsequenz durchstehen zu müssen..?
Ist ja nicht "in aller Konsequenz", Hospize, egal ob als mobiles Team oder stationär dürfen Morphine etc. in hohen Dosen verabreichen. Wie stellst Du Dir denn eine lockere Regelung beim Assistierten Suizid vor?
"Ist ja nicht "in aller Konsequenz", Hospize, egal ob als mobiles Team oder stationär dürfen Morphine etc. in hohen Dosen verabreichen." Das, was mir am meisten Angst macht, sind nicht unbedingt die Schmerzen. Die sind, mehr oder weniger, ich weiß, behandelbar, und mit genügend Morphinen etc. hat man es grundsätzlich auch schneller hinter sich. Das ist es also nicht so sehr. Das, was ich als "am schlimmsten" empfunden habe, war der Wegfall von Hirnarealen. Bei meiner Mutter waren noch der OP Zahlen verschwunden, das waren irgendwie nur noch Symbole für sie, die für nichts mehr standen - dabei war sie vorher zeitlebens ein absoluter Zahlenmensch gewesen. Und die Wortfindungsstörungen - sie hat mehr und mehr ihre Sprache verloren und konnte sich immer weniger ausdrücken / mitteilen. Das hat sie selbst auch total frustriert und oft auch wütend bis aggressiv gemacht, diese Hilflosigkeit, weil sie nicht mehr sagen konnte, was sie sagen wollte. Ich weiß noch, wie wir einmal zum Krankenhaus gehen wollten zum Kontrolltermin, sie wollte mir sagen, sie geht schon mal vor - und konnte das nicht mehr, nur noch mit zwei Fingern Bewegungen machen und dazu "Tapp - Tapp - Tapp" sagen. Dagegen hilft auch kein Morphin und keine Palliativstation.
Das reicht aber oft nicht aus! Und andere Möglichkeiten wären um einiges humaner. Ein ganz aktueller Fall hier von der Mutter einer Patientin: sie hat wohl Gehirnblutungen bekommen und wurde auch vom Notarzt als nicht mehr überlebensfähig eingestuft. Sie hat wohl die ganze Zeit gekrampft, obwohl sie eine riesen Menge Morphin bekommen hat. Für die Tochter war das sehr traumatisierend, da sie dieses Leiden bis zum Ende mit ansehen musste. Bei einem ALS Patienten, der sich für begleitetes Sterben entschieden hatte, dauerte das Ganze über eine Woche! Ich weiß nicht, ob das inzwischen auch anders geht ( ist schon ein paar Jahre her), aber ich fand das schon krass. Er wurde ins künstliche Koma versetzt, dann wurde keine Nahrung und Flüssigkeit mehr gegeben, zusätzlich Morphium. Und dann wurde gewartet, bis der Tod eingetreten ist. Missbrauch kann es natürlich geben, aber unterm Strich muss es einfach möglich sein, schmerzfrei und schnell zu sterben.
Wenn man nicht ins künstliche Koma versetzt werden will, reicht eine eigentlich eine 08/15 Patientenverfügung. Zumindest in Ö (da muss in das Zentrale Melderegister geschaut werden bzw. das läuft ohnehin über ELGA digital). Zu den Kritikpunkten habe ich einiges verlinkt und Pallativmedizin ist natürlich auf Schmerzredukttion ausgerichtet.
Das war natürlich für Dich und Deine Mama sehr schlimm und tut mir auch sehr leid. Meinst Du ein Suizid wäre für sie die Lösung gewesen?
Und die Gefahr, dass natürlich gegeben, dass alte Menschen, "Boomer", sich nicht so anstellen sollen, er ist ja das Beste für sie und schmerzfrei. Hingegen habe ich hier im Forum immer entrüstete Postings gelesen, dass es in Ö auch für Ältere möglich ist Organtransplantationen zu erhalten, auch wenn es nur für wenige Wochen, Monate gutgehen wird (und Nein, die nehmen niemanden was weg, hier gilt die die Widerspruchslösung).
Das künstliche Koma bezog sich auf Sterbehilfe. Hier wird man auch nicht einfach ins künstliche Koma versetzt, wenn man nicht will. Es ging um einen sterbewilligen ALS Patienten. Die Sterbehilfe in diesem Fall wurde so durchgeführt, weil nichts anderes erlaubt war. Man lässt die Leute verhungern und verdursten, weil eine Spritze oder Infusion zur Tötung nicht erlaubt sind oder waren.
Ja, diese Gefahr gibt es, da stimme ich dir zu. Andererseits kann man im letzten Moment auch noch abspringen. Und dem stehen eben sehr viele leidende Menschen gegenüber, denen ein einfaches, schmerzfreies Sterben verwehrt bleibt.
Es gab ein Gespräch, ganz kurz vor Weihnachten, mit ihr, ihren behandelnden Ärzten der Palliativstation und uns als Angehörigen. Darin teilte meine Mutter uns mit, dass sie entschieden hatte, sie will keine Behandlung mehr, sie will jetzt sterben (nachdem sie vorher 4 Monate lang um jeden Preis Maximalbehandlung wollte). Irgendwie hatte sie erwartet, wenn sie jetzt entscheidet, sie will sterben, können ihr die Ärzte etwas geben, sie schläft ein und das war's. Sie war gar nicht begeistert, dass das nicht möglich war. (Sie ist dann knapp 3 Wochen nach dem Gespräch gestorben, eigentlich hätte sie nach Weihnachten / Neujahr noch in ein Hospiz kommen sollen, aber es ging dann doch schnell.) Als "Suizid" hätte sie das aber nie bezeichnet. Allerhöchstens als "Gnadenschuss".
"Wobei ich sagen muss - die letzte Zeit auf der Palliativstation war definitiv nicht würdelos." Ich denke, dass es den meisten bei diesem Thema weniger um "Würde" als um "Selbstbestimmtheit" geht. Das macht es dann gerade in Fällen, in denen die Fähigkeit zur selbstbestimmten Entscheidung leidet (wie Hirntumoren, demenziellen oder psychischen Erkrankungen) so schwierig.
Ein sehr schwieriges und hochkomplexes Thema. Ich bin bei dem Posting von Lauch1. Es gibt in der Gesellschaft leider einen wachsenden Hass gegen alte Leute und ein heftiges Senioren-Bashing. Man muss nur mal die unzähligen Hasskommentare in YouTube-Videos bei Dokus über ältere Menschen anschauen. Dort wird gesagt, sie sollten lieber abkratzen, damit die Jüngeren nicht deren Rente finanzieren müssen. Das ist beängstigend. Es besteht die große Gefahr, dass (vor allem erb-freudige) Kinder den alten Leutchen sagen: "Du, Mutti, dein Leben ist mit all den Krankheiten doch eh nicht mehr lebenswert, willst du nicht mal langsam aufhören?" Wer dann trotz Krankheit nicht abtreten will, muss mit der Ablehnung und dem Unverständnis seiner Umgebung rechnen, und das finde ich richtig, richtig gefährlich, da ist der Faschismus mit seinem lebensunwerten Leben gleich um die Ecke. Natürlich verstehe ich auch die Diskussion um wirklich von den Kranken gewünschte Sterbehilfe. Und die gibt es ja auch. Aber heikel bleibt das Thema. Die Schattenseite ist eine mögliche Entsorgungs-Haltung gegenüber alten oder gebrechlichen Menschen. Und dass Alte oder Schwerkranke sich nicht trauen, auf ihrem Leben zu bestehen, weil sie anderen nicht lästig sein wollen. LG
Erstmal: interessanter Artikel. Mir ist allerdings auch unschön aufgestoßen, dass die Kinder, die ihn seines Erachtens nicht mehr bräuchten und selbständig seien, noch sehr jung waren, eins minderjährig. Da gleichzeitig die Rede von einer Lebensgefährtin in Asien war, die er nochmal zum Abschied besucht habe, nehme ich an, dass er seiner Familie doch entfremdet war bzw drängt sich das auf. Und dass er sich von seiner Partnerin einfach verabschiedet und alleine stirbt, fand ich auch traurig. Gesetzeslage in DEU gibt es jetzt auch her. Muss aber gut vorbereitet sein- lange, bevor es soweit ist. Ich bin Mitglied bei der DGHS, 60 Euro pro Jahr. Im Fall meines Sterbewunsches kann ich da einen Antrag stellen. Die DGHS befürwortet den oder lehnt ihn ab. Für eine Befürwortung braucht man normalerweise Arztatteste, die schlimmes, unumkehrbares Leid belegen. Bei Befürwortung wird Dein Antrag an ein mobiles Exekutionskommando weitergeleitet. Die heissen anders, aber mir scheint der Begriff so schön klar. Drei Leute, Ärzte und Juristen. Die Juristen leiten die Zeremonie, so dass klar ist, dass es eben assistierter Suizid und nichts anderes ist (bei Tötung auf Verlangen gäbs ja gleich wieder Probleme) bis zum Anruf bei der Polizei- es bleibt ja "unnatürlicher Todesfall". Und die Ärzte machen den Rest. Kosten: 7000 Euro (ich fand es auch so witzig, dass er auf die Kosten einer Verschiebung hingewiesen hat: an was man alles denken muss). Problem bei mir: Ich würde mich im Fall von Demenz töten. Hab das ausreichend in der Familie gesehen, meine Mutter geht stramm auf die 90 zu, gegen ihr Heim ist nichts einzuwenden- aber nein. Mein Problem ist, dass ich nur ein sehr schmales Zeitfenster haben werde. Mitglied bei der Gesellschaft bin ich- hat sieben Monate gedauert. Die können sich kaum retten vor Anträgen. Aber das Sterbegesuch kann ich erst einreichen, wenn die Demenz nachweisbar ist, ich aber noch klar im Kopf bin, rechtlich voll zurechnungsfähig. Mein nächster Schritt ist also der Gang zu einer Neurologin. Unvergessen wird mir die DGHS Veranstaltung bleiben, die ich zuerst besucht habe. Statt der erwarteten rund 30 TN waren wir knapp 80, überwiegend Frauen, viele davon, die ihre Männer gepflegt hatten. Normalerweise hasse ich Nebenreferate bei so Veranstaltungen, aber da waren die einzelnen Lebensgeschichten packend und eindrucksvoll. Demographieproblem kriegt nochmal eine neue Dimension.
Danke für die Erläuterung deines geplanten Wegs. Ich habe das zwar im Kopf durchgespielt, aber nie irgendwelche konkreten Schritte unternommen oder auch nur relevante Informationen herausgesucht. Meine - offensichtlich naive - Vorstellung war, dass ich am Tag X den Hörer in die Hand nehme, irgendwo in der Schweiz anrufe und die werden mir dann schon sagen, was zu machen ist. Dass es da u. U. Wartezeiten geben könnte, bis der Fall überhaupt bearbeitet wird, war mir bisher nicht in den Sinn gekommen, obwohl das eigentlich logisch ist. Auch wenn ich die ethische Komponente natürlich verstehe, finde ich es bedauerlich, dass man sich im Parteiengezänk in Deutschland nicht zu einer Sterbehilferegelung à la Niederlande durchringen kann. Wobei ich dort den Einschluss psychischer Erkrankungen für problematisch halte.
Ich finde es, wie es gerade in Deutschland läuft, unmöglich. Da meinen irgendwelche gesunden Menschen anderen vorschreiben zu dürfen, dass Kranke ihr Leiden gefälligst bis zum Ende ertragen zu haben. Seien wir doch mal ehrlich, ein Leben im Bett mit irgendwelchen Medikamenten oder Maschinen, auch wenn es dann einigermaßen schmerzfrei ist, ist für viele früher einigermaßen aktive Menschen nicht lebenswert. Mitzuerleben, wie man sein Denken verliert, ist Folter. Meine Oma wurde mit über 90 dement und fand es genauso bescheiden, wie es ein Mensch mit 40 finden würde. Dagegen gibt es keine Medikamente, und ein Leben als Stück Fleisch, das gepflegt werden muss, bis es von alleine stirbt, ist eine gruselige Vorstellung. Was macht man da als Betroffener, dem verwehrt wird, was man jedem schwer kranken Haustier zugesteht? Man springt vom Balkon, wirft sich vor den Zug, nimmt Tabletten, usw. und hofft, dass es reicht und dass man nicht wieder hoch gepäppelt wird, um weiter leiden zu müssen. Was zu viel Leiden ist, ist individuell. Manche finden ein stark eingeschränktes Leben, in dem man z.B. blind oder an der Lungenmaschine oder dement ist, noch lebenswert. Andere nicht. Meine alten Nachbarn sind beide wegen solchen Krankheiten vom Balkon gesprungen. Anders geht es ja nicht in Deutschland. Das gleiche gilt für psychische Probleme alter Menschen. Wenn der Partner/die Partnerin tot ist und viele Bezugspersonen aufgrund ihres Alters nach und nach sterben, und das einzige, was noch kommt, das Pflegeheim ist, ist das für nicht wenige Menschen nicht mehr lebenswert. Da hilft auch keine "Mach mich glücklich"-Pille oder was weiß ich für eine Therapie. Die Umstände sind schlimm, und die ändern sich nicht mehr. (Bei jüngeren, nicht schwer kranken suizidgefährdeten Menschen ist das anders. Die haben noch Perspektiven.) Das Thema war vor einiger Zeit auch in der Presse, und ich fand es wirklich unverschämt von irgendwelchen Fachleuten, zu behaupten, mit der richtigen Behandlung würde das Leben für diese alten Menschen ja wieder lebenswert. Ich werde mir jedenfalls rechtzeitig eine finale Lösung überlegen.
Doch es gibt auch in Deutschland die Möglichkeit des Suizides. Es gibt auch Organisationen, die dir dabei helfen. Vom Balkon braucht heute niemand mehr springen.
> P.S.: Ich wusste ehrlich nicht, dass diese Form des Freitods in Ö überhaupt möglich ist. Wieder was gelernt.
Ja, das überrascht mich auch. Vermutlich kamen mehrere Dinge zusammen - die eindeutige Diagnose, die geistige Klarheit des Herrn Glattauer und seine Entschlossenheit (Ablehnung von Operationen und Chemo, Wille zum selbstbestimmten Sterben).
Aber ich habe den Eindruck, dass in der Diskussion der zweite Schritt (aktiver Suizid) im Fokus steht, während der erste nicht diskussionswürdig ist. Das wäre die Einschränkung einfacher lebensverlängernder Maßnahmen. "Wir dürfen die Dementen nicht vergessen" - war 2021 die Überschrift in einem Interview mit einer Betreuerin/ehrenamtlich Engagierten. Es ging um Coronaimpfungen.
Aus einem anderen Artikel (Bezahlartikel s. u.), über eine pflegende Angehörige (Ehemann und Schwiegervater, beide weitgehend immobil und geistig eingeschränkt):
"Anita S. pflegt... sowohl ihren Ehemann Manfred, 77, als auch den Schwiegervater Helmut, 97,"
Blind, taub, dement, 100 Kilo schwer, tragen Windeln... und ach ja:
"Nach dem Aufwachen muss ihr Mann zuerst Wasserlassen, seine nächtliche Windel entsorgt werden. Anita S. gibt ihm acht Tabletten, etwa für die Schilddrüse, das Herz und Diabetes, misst den Blutzucker."
Und natürlich die Grippeimpfung, jedes Jahr; teilweise (zumindest bei einem Familienmitglied) wurde Corona vom Seniorenheim eingefordert. Bei Erkrankung dann intensivmedizinische Behandlung (ist ja keine finale Erkrankung); wie die Statistiken aussehen bei der Behandlung von ü70-Jährigen, wieviele danach wieder mit den Enkeln im Park spazieren gehen - egal; niemand sieht diejenigen, die ´geheilt` im Pflegebett oder, Gott-behüte, in einer Intensivpflege-WG dahinvegetieren. Dass es anders geht und teilweise lange üblich war, hat man an Schweden gesehen - Medikamente gegen Angst, Verbleib in der gewohnten Umgebung, teilweise haben die Patienten sich erholt.
Hier zur selben Zeit, anderer Artikel (´Unsere Helden an der Corona-Front`): Krankenschwester schildert ihren Arbeitstag, unter anderem eine panische demente ü80-Jährige (von fremden maskierten Männern aus ihrem Bett geholt), im KH Sauerstoffmaske auf`s Gesicht gedrückt, erbrochen, Erbrochenes aspiriert, abgesaugt, anschließend Lungenentzündung und recht bald gestorben. ´Hatte sie nicht eine Chance verdient?` war die Frage, die mir entgegengeworfen wurde, als ich den Fall im Corona-Forum geschildert habe. Das gute Gesundheitssystem hat eben auch Schattenseiten. Mir fallen noch etliche Fälle (Familie) ein.
Aber Respekt für Herrn Glattauer; es war sicher kein leichter Weg, nur der aus seiner Sicht beste unter mehreren traurigen Optionen. Vorwürfe sind da völlig fehl am Platz - was kann man ernsthaft fordern oder erwarten von einem Mann mit Herzproblemen, dem Teile der Gedärme herausgeschnitten worden wären, außerdem Chemo und - bei Erfolg - noch mindestens ein Hüftknochen. ´Aber die Kinder!` - ernsthaft? Auch dazu fällt mir eine Geschichte ein...
Ich habe eine Patientenverfügung (alle 6 Monate neu datiert und unterschrieben, ggf. ergänzt), in der ich alles Mögliche aufgelistet habe falls ich nicht mehr klar im Kopf sein sollte und sich daran nach menschlichem Ermessen auch nichts ändert. Unter anderem keine Impfungen, keine Antibiotika, aber alles gegen Schmerzen und Angst. Ob das überhaupt rechtlich möglich ist - keine Ahnung. Meinen Suizid plane ich nicht, aber ich spare auch nicht ´für´s Alter`; wenn die Kinder zuverlässig in Lohn und Brot sind, werfe ich in ihre Richtung ab, was geht, bitte sie, ggf. Pitbullanwälte in Richtung KH und Pflegeeinrichtung loszuschicken und hoffe ansonsten inständig, dass der perverse Wertekompass, der so lange die Richtung vorgegeben hat, dem Zwang der Umstände geschuldet (Kassen leer) auf der Müllhalde der Geschichte landet.
https://www.welt.de/gesundheit/plus256127574/Pflegende-Rentner-Im-Strudel-der-Selbstaufopferung.html
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