Mitglied inaktiv
Hallo Frau Neumann, aus meiner Sicht haben wir ein Problem, und zwar, unsere Tochter ist 19 Monate jung. Sie hat bereits 12 Zähnchen, jetzt kommen noch 2 dazu. Sie kann auch gut kauen, wenn man ihr in die Hand ein Brötchen oder ein Stückchen Apfel gibt. Aber beim Essen muss es noch alles fein püriert sein. Sogar Hipp-Gläschen mit Stückchen pürieren wir. Wenn das Essen nicht breiartig ist, entweder spuckt sie es aus, oder fängt an zu würgen. Sie ist (und auch schon immer war) keine gute Esserin, ihr Geburtsgewicht hat sie erst jetzt, mit 19 Monaten, verdreifacht. Wenn wir ihr in die Hand ihr Löffelchen geben, damit sie selbst isst,, stochert sie nur im Teller herum, oder wirft das Schelchen einfach runter. Ich bin verzweifelt, da sie einfach Hungern lassen, werde ich es nicht übers Herz bringen, besonders mit Rücksicht auf ihr Untergewicht. Ich bin mit meinem Latein am Ende, weiß nicht wo ich noch Hilfe suchen kann. Wir hatten ein Beratungsgespräch mit einer Ernährungsberaterin vor Ort, es hat aber im Endeffekt nichts gebracht. Helfen Sie mir, meinem Kind das Kauen beizubringen, bitte! MFG. Paemy
Hallo Paemy also, wenn ich dich richtig verstanden habe, isst dein Kind Apfel und Brötchen. Kann dies gut kauen und schlucken und kommt aber beim Mittagessen mit Stückchen im Brei nicht gut zurecht. Ausserdem ist deine Tochter etwas untergewichtig und isst insgesamt scheinbar schlechter. Was sagt denn der KiA zu der Situation? Sieht er das irgendwie kritisch oder liegt die Sorge mehr bei dir? Aufgrund deiner Schilderung scheint das Hauptproblem darin zu liegen, dass dein Kind nicht deinen Vorstellungen gemäß isst. Mit 19 Monaten sind Breie nicht mehr notwendig. Dein Kind kann Brötchen und Apfel essen, womit eigentlich ausgeschlossen sein sollte, dass eine Schluckstörung o.ä vorliegt. Hat der KiA sonstige organische Ursachen ausgeschlossen? Was meint er zu eurer Problematik? Ist deine Kleine denn sonst gut und altersgemäß entwickelt? Ist sie fröhlich, ausgeglichen, aktiv, interessiert? Oder eher infektanfällig, ängstlich? Warum scheint dein Kind eher appetitlos zu sein? Wurde hier schon mal untersucht ob es Gründe dafür gibt? Ausgehend von der Annahme, dass mit deinem Kind sonst alles in Ordnung sei, kann ich dir ein paar Tipps und Erklärungen geben, die dir vielleicht weiterhelfen könnten :-) Möglich, dass dein Kind mit den verschiedenen Konsistenzen schlechter zurecht kommt. Entweder möchte sie Breiiges haben oder Festes, damit sie beissen muss. Genügend Zähne hat sie ja :-) Nimm darauf etwas Rücksicht und biete zum Mittagessen evtl auch nur festes Essen an. Es muss auch nicht sein, dass die Hauptmahlzeit beim Mittagessen liegt. Vielleicht mag deine Kleine schon morgens ordentlich was spachteln, oder lieber erst gegen nachmittags/abends? Verschiedene LM sättigen unterschiedlich. Süsse LM sind begehrt, weil sie nahrhaft sind. Sie haben auf kleinem Raum viel Nahrungsenergie gespeichert, was schnell sättigt. Wenig kann dadurch satt machen. Fett (Pommes) hat wiederum viele Kalorien, aber nimmt nur wenig Volumen ein, sodass eine Mahlzeit zwar klein erscheinen mag, weniger Essaufwand erfordert, aber trotzdem auch gut sättigt. Biete evtl eine auf diese Weise bedarfsgerechte Kost an. Serviere keinen Babybrei mehr, sondern richtiges Essen. Das kann ein frisch hergestellter Kartoffelbrei sein, wobei du den Teller mit weiteren Komponenten separat bestückst. Bspw Erbsen, die dein Kind (notfalls mit den Fingern) selber essen kann. Zutaten bspw als Bild (Gesicht z.B.) auf den Teller legen. Dann können zuerst die Augen von einem "Gesicht" gepickt werden, dann die Nase und die Haare... Sind die Teller schön angerichtet, übersichtlich gehalten, mit kleinen Portionen, dann animiert das meistens eher zum Essen. Statt einem Berg grüner Erbsen lieber mal nur Erbsen als Deko (als Blümchen) auf den Teller tun. Wenn es dem Kind schmeckt, kann nachgelegt werden. Es kann manchmal sinnvoll sein, Essen auch ausserhalb des Esstisches anzubieten. Besonders geeignet sind bspw längere Autofahrten, Spaziergänge im Kinderwagen. Da hat deine Tochter evtl die nötige Ruhe und isst ein Brot oder eine Banane... Integriere ausserdem das Spiel ins Essen. Aus dieser Position betrachtet machen auch die beliebten "Spiele" wie: "es kommt ein Flugzeug angeflogen - direkt in deinen Mund" durchaus einen Sinn. Der Mund öffnet sich. Auch sinnvoll ist es, direkt bei dir probieren zu lassen. Von deinem Brot abbeissen lassen. Das Essen schön herzurichten. Biete für den Übergang auch immer wieder gleiche Dinge an. Wenn dein Kind Nudeln gut isst, dann gibt es eine Weile Nudeln. Geht auch ohne Sosse :-) Besonders die Väter sind übrigens die Vorbilder in Essensangelegenheiten. Vielleicht kann der Papa euer Kind umstimmen? Viele Babies, Kleinkinder und Kinder, auch Erwachsene, haben zuweilen eine sog. Neophobie. Eine Angst vor dem neuen, unbekannten Éssen. Das ist bei den einzelnen Kindern unterschiedlich stark ausgeprägt. Bei deiner Tochter evtl etwas stärker. Das ist evolutionsbiologisch betrachtet, eine gute Schutzfunktion. Gegessen wird nur das, was man kennt. Denn Unbekanntes könnte giftig sein. Besonders bittere Speisen sind von Natus aus häufiger giftig. Deswegen wird ein bitterer Geschmack von Kindern meistens abgelehnt. Grüne Paprika schmecken gekocht sehr bitter. Aber auch alte Möhren können manchmal bitterer sein. Ausserdem is die Verdauung individuell sehr verschieden. Was dem einen gut bekommt, kann beim anderen zu Unwohlsein führen. Deswegen mögen viele Kinder Gemüse oft weniger gerne essen. Gemüse hat zwar Vitamine Mineralstoffe, sekundäre Pflanzenstoffe, Ballaststoffe aber bringt (im Vergleich zu Obst) keine Sättigung. Die enthaltenen sekundären Pflanzenstoffe sind manchmal schwerer verdaulich. Deshalb wird Gemüse oft akzeptiert, wenn es entsprechend zubereitet wurde, weil die Zubereitungsweise eine direkte Auswirkung auf die Verdauung/Verdaulichkeit hat. Mit viel Fett (z.B.Rahmspinat, ) werden Ballaststoffe und Gemüse verträglicher. Und auch die Kombination mit Zucker bewirkt, dass Speisen lieber gegessen werden. Ketchup bspw. hat einen hohen Zuckeranteil. Die Säure hierin wird abgemildert und Kalorien kommen hinzu. Und neue Stoffe werden gebildet, die irherseits einen Effekt auf das Verlangen nach "mehr und immer wieder haben wollen" haben. Erbsen haben von Natur aus einen leicht süßlichen Geschmack. Pizza ist auch fettreicher wegen dem Käse und Öl. Und wird deshalb geliebt. Deswegen akzeptieren Kinder oft, mit Gemüse belegte Pizza. Wichtig zu wissen ist, dass bei der Appetitsteuerung viele Faktoren zusammenspielen. Eine ganz wichtige Rolle spielt auch die individuelle Verdauung der Speisen, die u.a. von der mikrobiologischen Darmbesiedelung abhängt. Auch bestimmte Krankheiten/ereignisse können einen Einfluss auf die Speisenauswahl haben. Hat das Kind zum Beispiel etwas gegessen und bekommt bald darauf einen grippalen Infekt o.ä., gar den Magen-Darm-Trakt betreffend, dann wird diese Speise meistens danach gemieden. Das hat biologisch gesehen, einen evolutionsbiologischen Sinn. Die Kinder beurteilen das Essen auch nach der Verträglichkeit. Diese Veträglichkeit ist subjektiv und von Aussenstehenden nicht immer direkt nachvollziehbar. Ob etwas schmeckt ,ist sehr stark abhängig davon, wie es dem Körper bekommt, welchen Nutzen die Speise für den Organismus hat. Das geht oft über die reine Nährstoffanalytik hinaus, in Richtung stimmungsverändernder Substanzen. Diese gibt es in unserer Nahrung zuhauf. Sogar die Muttermilch ist schon voll davon. Ein gutes Beispiel ist hier der Kaffee. Schmeckt Kindern nicht, weil sie ihn wegen des Koffeins auch gar nicht trinken dürfen. Vermutlich mochtest du Kaffee beim ersten Mal auch nicht so gerne. Durch den Lerneffekt deines Körpers aber, dass Kaffee trotz bitterem Geschmack die Stimmung aufhellt etc, hast du dich daran gewöhnt und er wird plötzlich, morgens morgens, fast unentbehrlich. Und bei den Mengen und der Zubereitungsart hat jeder seinen Favoriten. Die, die ihm persönlich am besten bekommt. Da gibt es so unterschiedliche Zubereitunsgtechniken und Sorten, Zutaten wie Zucker, Milch oder Sahne oder oder... Dieses Beispiel soll verdeutlichen, dass mehrmaliges Probieren eines Produktes Sinn macht. Dass verschiedene Zubereitungsmethoden sinnvoll sein können. Ermutige deine Tochter also ruhig immer wieder dazu neue Dinge zu probieren. Die Zubereitungsart kann sehr entscheidend sein. Sogar die Qualität der Produkte kann sich sehr im Geschmack niederschlagen. Eine lange gekochte Tomatensosse ist viel bekömmlicher als eine nur kurz gekochte. Sosse. Das war der Siegeszug für Tetrapack und Co. Erst so entwickeln sich bestimmte Stoffe, die die Sosse zu wahrer Gaumenfreude werden lassen. Mit den gesamten Esseindrücken (Geschmack, Hungerzustand, Atmosphäre bei Tisch, Verdaulichkeit etc) werden Informationen gespeichert, die später unbewusst darüber entscheiden ob etwas gemocht wird oder nicht. Atmosphäre bei Tisch, Behaglichkeit bei Tisch, geliebte Personen bei Tisch, Freude am Tisch etc...Deswegen schmeckt´s den meisten Ehemännern "bei Muttern" doch am besten :-) Der Körper muss eine positive Wirkung spüren. Dann verlangt er nach mehr. Essen muss primär erst mal lecker sein. So wird das Geschmackszentrum "umami" (=übersetzt heisst das so viel wie: einfach lecker) gereizt. Das veranlasst zum Weiteressen. Besonders stimuliert wird dieses Geschmackswahrnehmungsareal, wenn Gerichte mit Geschmacksverstärker (z.B. Mononatriumglutamat) oder Hefeextrakt den Gaumen kitzeln. Gemüse wird meist dann eher gegessen, wenn es im Geschmack mit anderen Zutaten harmoniert. Und wenn es fettreich zubereitet wurde. Biete deiner Kleinen viel mehr Abwechslung beim Essen. Das ist wichtig. Kinder sollten bis zu 10 mal etwas probiert haben, bevor sie es wirklich gut akzeptieren und sich an den Geschmack gewöhnt haben. Zum Probieren genügen oft schon mimimalste Mengen. Und ausspucken sollte erlaubt sein. Auch der Geruchssinn spielt eine große Rolle. Denn noch bis ins Erwachsenenalter (lebenslang) hinein sind solche Erinnerungen mittels Geruchssinn aktiv, und die Bereitschaft später im Erwachsenenalter eine Speise zu probieren, ist dadurch sehr gross. Somit nimmt die Geruchsprägung noch vor der Geschmacksprägung eine wesentliche Rolle ein. Die einmal erlernten Geschmacksmuster, in frühester Kindheit, werden treu bis ins Erwachsenenalter hinein beibehalten. Muttermilchersatzpulver bspw. enthält gewöhnlich den Aromastoff Vanillin. Das Münchner Sensorikunternehmen ASAP hat hierzu eine Versuch durchgeführt: 130 Jugendliche und Erwachsene erhielten zwei fast identische Proben Ketchup. Die Proben unterschieden sich in der Zugabe von Vanillin zu einer Ketchupflasche. Der vanillinhaltige Ketchup wurde von ehemaligen Flaschenkindern 4 mal so häufig bevorzugt, als von ehemals gestillten Personen. Eine neuere Studie ergab, dass Kinder, die häufig aromatisierte Fruchtjoghurts assen, sich so sehr an die Aromen gewöhnen, dass sie dann den im Testversuch selber angerührten Joghurt mit frischen Früchten, als Kunstprodukt zu identifizieren glaubten. Fazit: Das Aroma der echten Früchte war ihnen so fremd, dass sie die künstlichen, naturidentischen, natürlichen Aromen, jeweils als den Geschmack von "echtem Obst" abgespeichert hatten und künftig diesen "unechten" favorisieren. Die Nahrungspalette jedoch wesentlich vielseitiger gestaltet werden und dem üblichen Familienessen immer weiter angepasst werden. Die Speisen sollten kindgerecht sein, aber durchaus schmackhaft. Gewürze und Salz sind okay. So wären auch Pommes oder Würtschen, sowie Pfannkuchen etc durchaus möglich. Gewürzt, aber nicht zu salzig. So, das war jetzt eine Menge Text und ich bestimmt noch einiges vergessen, zu erwähnen. Kläre zunächst den tatsächlichen Gesundheitzustand mit dem KiA ab und probiere dann den ein oder andern Ratschlag mal aus. Grüsse Birgit Neumann
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