Frage im Expertenforum Ernährung in der Schwangerschaft an Prof. Dr. med. Serban-Dan Costa:

Umgang mit Lebensmitteln und Küchenhygiene in der Schwangerschaft

Prof. Dr. med. Serban-Dan Costa

Prof. Dr. med. Serban-Dan Costa
Ehemaliger Chefarzt und Direktor der Universitätsfrauenklinik Magdeburg

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Frage: Umgang mit Lebensmitteln und Küchenhygiene in der Schwangerschaft

Ama25

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Lieber Herr Prof. Costa, ich habe mir das Gefühl schwanger zu sein immer sehr schön vorgestellt und nun bin ich doch erschrocken, wie beschwerend die Sorgen sein können. Sie und Ihre Kolleginnen und Kollegen nehmen diese Sorgen ernst und helfen mit fachkundigen Antworten. Dafür kann man nicht genug Danke sagen! Ich bin ein gesunder Mensch mit einem bisher gesegneten Immunsystem. Nur selten bin ich in den letzten Jahren krank gewesen und Darmprobleme habe ich höchstens, wenn ich morgens etwas scharfes wie Ingwer oder etwas ballaststoffreiches wie kerniges Müsli esse. Bei Nahrungsmitteln und Küchenhygiene ging ich bisher pragmatisch und sorgenfrei vor. Da wundert es mich selbst, dass sich mein Wesen bezüglich dieser Thematik in den letzten Wochen um 180 Grad gedreht hat. Ich mache mir plötzlich wegen sehr vieler Speisen und deren Handhabung Gedanken und möchte deshalb fragen, ob ich an meinen bisherigen Vorgehensweisen etwas ändern muss: 1.        Lebensmittelhaltbarkeit Bisher galt bei mir immer: Sehen, riechen, schmecken. Natürlich wurden auch Lebensmittel weggeschmissen, die über dem Haltbarkeitsdatum liegen (bei manchen generell sehr haltbaren Lebensmitteln durfte das MINDESTHaltbarkeitsdatum aber auch mal überschritten werden). Gerade bei Lebensmitteln im Glas/in der Tube frage ich mich nun, wie ich es in der Schwangerschaft handhaben soll. Um ein paar Beispiele zu nennen: -            Silberzwiebeln im Glas. Auf diesen steht „Nach dem Öffnen im Kühlschrank aufbewahren und zügig verbrauchen“. -            Apfelmus im Glas. Hier steht: „Nach dem Öffnen im Kühlschrank aufbewahren und innerhalb von 2 Tagen verbrauchen.“ -            Tomatenmark: „Nach dem Öffnen im Kühlschrank lagern und innerhalb von 2 Wochen verzehren“ -            Grillsauce (ohne Eier, Milch o. ä.): „Ungeöffnet haltbar bis …“ -            Marmelade: „Nach dem Öffnen im Kühlschrank lagern und innerhalb von 7 Tagen verbrauchen.“ -            Curryketchup: „Nach der ersten Öffnung im Kühlschrank lagern und kurzfristig verzehren.“ -            Zitronensaft: „Nach dem Öffnen zügig verbrauchen.“ Normalerweise galt bei all diesen Beispielen für mich auch nach dem Öffnen das MHD, es sei denn, „Sehen, Riechen, Schmecken“ sagte mir etwas anderes. Enge Angaben, wie „innerhalb von 2 Tagen“ habe ich bisher immer als reine Vorsichtsmaßnahme von den Herstellern betrachtet, falls jemand mit einem unsauberen Löffel in das Glas geht. Wir gehen ausschließlich mit sauberem Besteck rein und essen nicht direkt aus dem Glas. Ketchup wird bei uns auch mal über mehrere Monate genutzt, Tomatenmark, Marmelade, Grillsauce und Silberzwiebeln über einige Wochen, Apfelmus sicherlich eher max 1-2 Wochen. Und was heißt dann „zügig oder kurzfristig“? Kann ich bei diesen Beispielen weiterhin pragmatisch nach „sehen, reichen, schmecken“ und der Beachtung des MHD vorgehen oder sollte ich mein Verhalten anpassen? An die mögliche Lebensmittelverschwendung will ich gar nicht denken ☹. 2.        Listerien und Toxoplasmose im Kühlschrank Im Sinne der Nachhaltigkeit nutzen wir bisher keine Alu- oder Frischhaltefolie. Gurken kommen angeschnitten in den Kühlschrank und bei der nächsten Nutzung wird die eingetrocknete Stelle abgeschnitten, Melonen werden halbiert mit der offenen Seite auf einen Teller gelegt und am nächsten Tag weiter gegessen. Kleineres Gemüse wie Tomaten kommt angeschnitten in eine Frischhaltedose. Häufig, aber nicht immer, baden wir unser Gemüse in einer Kaisernatron-Lösung und waschen sie anschließend ab, bevor es in den Kühlschrank geht. Vor der Verwendung waschen wir es dann erneut mit kaltem Wasser ab. Joghurt und Magerquark werden wieder mit ihren Alufolie-Deckeln abgedeckt (sind aber weiterhin offen, da die Folie nur angedrückt werden kann) und werden so in den Kühlschrank zurück gestellt und innerhalb einer Woche verbraucht. Wir kochen jeden zweiten Abend 4 Portionen und stellen 2 Portionen bis zum nächsten Abend in den Kühlschrank. Meistens in der offenen Pfanne oder in einem Topf mit Deckel (der aber auch Dampflöcher hat), in dem es dann auch wieder auf den Herd kommt. Salate für die Mittagspause bereite ich jeweils für zwei Tage vor und stelle sie in einer Dose mit Deckel in den Kühlschrank. Bei uns sind also in der Regel mehrere offene Lebensmittel im Kühlschrank. Ist dies problematisch? Können Listerien oder Toxoplasmoses „fliegen“? Wir sind Vegetarier, Fleisch haben wir also nicht in Kühlschrank, Rohmilchkäse auch nicht.   3.        Küchenhygiene Bisher wurden unsere Geschirrtücher und Lappen nach dem Gebrauch immer zum trocknen aufgehangen und so kommt es auch schon einmal vor, dass sie 3 Tage genutzt werden. Muffig riechen sie nie, da kommen sie schon vorher in die Wäsche. Auch, wenn die Geschirrtücher komplett durchnässt sind, wir die ganze Arbeitsfläche intensiver geputzt haben oder Dreck bzw. Lebensmittel sichtbar dran sind, kommen sie in die Wäsche. Wir haben eine Spülmaschine, da gibt es häufig nur ein paar wenige Teile und das Gemüse/Obst zu spülen/waschen. Herd, Spüle, Schneidefläche etc. haben wir bisher nach dem Essen mit etwas Spüli auf dem Lappen gewischt. Desinfektionsmittel kam in der Regel nicht zum Einsatz. Manchmal etwas Essig zum Entkalken und für den Glanz. Der Kühlschrank wurde bisher sauber gemacht, wenn irgendwo sichtbare Verunreinigungen wie Essensreste, Gemüsereste, etc. waren. Auch hier wurde mit einem Lappen mit etwas Spüli durchgewischt. Müssen wir hier etwas ändern? Sollten wir bspw. regelmäßig Desinfektionsmittel nutzen und bspw. den Kühlschrank alle zwei Wochen oder so komplett wischen? Womit? Das bringt aber ja auch immer Wärme rein. Beim Recherchieren bekommt man manchal das Gefühl, das in jedem Krümel Erde Listeriose oder Toxoplasmose lauern. Ich bin Toxo-negativ.   4.        TK-Obst. Bisher habe ich in mein morgendliches Porridge immer TK-Beeren reingemischt. Diese habe ich vorher nicht mehr behandelt. Ich habe nun gelesen, dass man auch TK-Beeren vorher waschen soll. Hier die Frage: Wie? Die gefrorenen Beeren einfach kurz in einem Sieb unter kaltem Wasser durchspülen? Die Beeren auftauen und kalt durchspülen? Doch heißes Wasser?   Ich habe ein schlechtes Gewissen aufgrund dieser äußerst langen Anfrage. Aber da ich mich aktuell mit allem unwohl fühle und in den letzten Tagen vieles eigentlich gesundes nicht mehr esse, weil ich Angst vor einer möglichen Infektion habe, frage ich trotzdem all diese Fragen. Sie würden mir mit einer Antwort sehr, sehr helfen. Deine Schwangerschaftswoche: 9


Prof. Dr. med. Serban-Dan Costa

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Zunächst danke ich Ihnen für die netten Worte an meine Mitstreiter in den Foren und an mich. Sie schreiben, dass "bei Nahrungsmitteln und Küchenhygiene ich bisher pragmatisch und sorgenfrei vorging". Das sollte auch weiterhin das Ziel sein, vielleicht kann ich dabei ein bisschen behilflich sein... 1. In Bezug auf die Lebensmittelhaltbarkeit sollten Sie so vorgehen, wie bisher. Also zuerst auf das MHD schauen und dann "Sehen, riechen, schmecken". Bei Lebensmitteln im Glas sollten Sie befolgen, was auf den Schildern steht, das ist keine "hohe Kunst"... Angaben, wie „innerhalb von 2 Tagen“ sind tatsächlich "reine Vorsichtsmaßnahmen von den Herstellern", aber sicherer ist es schon, das zu befolgen. Ketchup, Tomatenmark, Marmelade, Grillsauce, Silberzwiebeln und Apfelmus können schon länger im Kühlschrank offen aufbewahrt werden, aber erneut, sicher ist sicher...Um der Vorgabe „zügig oder kurzfristig“ gerecht zu werden, sollten Sie kleinere Gläser kaufen, wenn es diese gibt - dann ist es einfacher. Dass Sie eine "mögliche Lebensmittelverschwendung" vermeiden wollen, verstehe ich, aber "die Rettung des Planeten" ist in der Schwangerschaft nicht das Thema. Nach der Schwangerschaft können Sie das machen, Lastenfahrrad und Elektro-Autos fahren, bis der Arzt kommt... 2. Um eine Kontamination mit Listerien (weniger mit Toxoplasmen, weil diese weniger häufig in Frage kommen) zu vermeiden, sollten Sie tatsächlich das Gemüse einzeln und am besten in Einzelbehältern bzw. ohne Kontakt zueinander oder zu Flächen im Kühlschrank lagern. "Nachhaltigkeit" ist schön und gut, verstehe ich auch, aber trotzdem... Vor dem Verzehr waschen oder die offene Stelle wegschneiden reicht zwar meistens aus, aber warum sollten Sie ein Risiko eingehen ? Joghurt und Magerquark, mit Alufolie-Deckeln abgedeckt, sind einige Tage haltbar. Abgedeckte gekochte Speisen sind unproblematisch, weil sie keine Bakterien enthalten und diese auch nicht fliegen können... Ein möglicher Kontakt mit etwas verschmutztem kann problematisch sein.  "Mehrere offene Lebensmittel im Kühlschrank" ist OK, aber auch die Flächen des Kühlschranks müssen immer wieder, etwas häufiger als sonst gewaschen werden. 3. Geschirrtücher und Lappen darf man schon mehrere Tage verwenden. Die  von Ihnen beschriebene Vorgehensweise ist in Ordnung so. Sie müssen also nichts ändern, Desinfektionsmittel müssen Sie nicht unbedingt verwenden, Spülmittel reichen für die Reinigung des Kühlschranks aus. 4. Der Umgang mit TK-Obst ist ziemlich einfach, es reicht aus, gefrorene Beeren "einfach kurz in einem Sieb unter kaltem Wasser durchspülen", wie Sie es vorschlagen. Sie brauchen kein "schlechtes Gewissen aufgrund dieser äußerst langen Anfrage" zu haben, stecken Sie einfach ein Euro in die "Nachhaltigkeitskasse" rein. Wenn Sie häufiger schlechtes Gewissen haben, werden Sie am Ende zuiemlich reich, würde ich sagen...


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