Me_Hi
Hallo zusammen, auch wenn dieses Forum für Frauen ist, würde ich euch mal um eure Meinung bitten. Ich bin Vater, seit zwei Jahren, und mir geht es mehr und mehr schlecht. Ich war nie der Fan vom Kinderkriegen, meine Frau musste mich mehr oder weniger überreden. Ich wollte nicht dieses Leben im Stress und Daueralarmmodus, oder auch eine Frau haben, die unter Mental Load leidet. Ich wollte nicht, dass unser Paarsein stirbt und wir alle Hobbies aufgeben. Ich hatte mir eine super Arbeitsstelle mit viel Verantwortung erarbeitet und lebte nach dem Motto "Investition in Bildung zahlt die meisten Zinsen". Das hat mir viel Spaß und Erfolg gebracht. Uns ging es finanziell sehr gut, wir konnten 3-4 mal im Jahr in den Urlaub und auch besondere Urlaube wie Karibik oder Seychellen machen. Ich hatte in meine Arbeitsstelle "Produktivität" gebracht, weil das Thema mir richtig Spaß brachte, und auch meine Persönlichkeit war perfekt organisiert durch handschriftliche Terminplanung und Co. Ich übernahm im Unternehmen die Planung von Großprojekten, das lag mir. Wir einigten uns darauf, dass ich weiter arbeiten ging und sie zwei Jahre Zuhause bliebe und danach wieder in Teilzeit arbeiten ginge. Wir teilten den Haushalt auf, wobei ich mehr Aufgaben übernahm, um ihr Freiraum zu gewähren. Die Schwangerschaftszeit war eine der schönsten Zeiten überhaupt. Meine Frau blühte richtig auf, wir freuten uns. Mit der Geburt und dem ersten Schrei meiner Tochter war ich schockverliebt. Von dem Tag an, war alles andere unwichtig. Die kurze Elternzeit von mir, Vollzeit arbeiten, Haushalt, Einkauf, alles organisierte ich mir so, dass ich nach Feierband die zwei Stunden am Tag, bis zur Schlafenszeit von ihr, für meine Tochter freihielt. Alles wurde in die andere Zeit geschoben. Jede verlorene Minute, zB wenn ich mal später Feierabend machen musste oder der Verkehr sich verzögerte, tat mir weh und ich wurde direkt nervöser und aggressiver. Mit den Wochen und Monaten kamen immer mehr Aufgaben dazu, unsere Hochzeit, wir kauften aus Platzmangel ein Haus, die Baustelle, der Umzug. Meine Frau landete im Krankenhaus. Ich war drei Wochen plötzlich neben Unmzug, Baustelle, Mama weg, im unbezahlten Urlaub und allein Tag und Nacht für unsere Tochter in der neuen Umgebung verantwortlich. Meine Frau leidet seitdem (und vielleicht auch schon vorher) etwa einem Jahr an einer mittleren Depression. Die Stimmung wurde schlechter (man wird ja oftmals vom depressiven Part mit heruntergezogen) und die Aufgaben wurden noch mehr, weil meine Frau weniger übernehmen konnte. Im Moment stehe ich um 5 auf um um 17 Uhr zu Hause zu sein, damit ich weiterhin meine zwei Stunde mit meiner Tochter habe. Ich streiche alles. Ich mache für mich nichts mehr. Das "Investition in Bildung zahlt die meisten Zinsen" ist gar nicht mehr umsetzbar. Den Haushalt des Hauses mache ich unter Zeitrdruck am Wochenende. Urlaube sind kaum mehr möglich, da auch meine Frau nach den zwei Jahren Elternezit nur zwei Tage im Monat auf Minijobbasis statt wie geplant 20 Std. pro Woche in Teilzeit arbeiten geht, aufgrund der Depression und ich für alles allein aufkommen muss. Die Kosten sind mit dem Haus und Co. natürlich deutlich höher geworden. Das schlimmste ist, dass ich mich immer von der Zeit gepeitscht fühle. Ich quetsche alles irgendwo rein, um mir die zweit Stunden am Tag zu erhalten. Ich habe immer das Gefühl oder die Angst, dass ich alles verpasse oder die Verbindung zu meienr Tochter verliere, wenn ich mal eine Tag abends nicht für sie da bin. Nur setzt mir dieser Dauerstress und das ich für mich absolut gar nichts mehr machen kann/oder will, langsam richtig zu. Ich merke, wie ich in den zwei Stunden abends bei meiner Tochter geistig abwesend bin. Wenn sie ab 20/21 Uhr schläft, dann schlafe ich auch ein. Letztes Wochenende waren wir einen Tag am Meer. Meine Tochter war so happy. Ich konnte die Zeit nicht genießen, ich stand unter Strom, weil es mich ärgerte, dass ich da saß und mich kurz ausruhte (wir mussten über 5 Stunden über eine völlig überfüllte Autobahn fahren), ich dachte die ganze Zeit, dass ich das doch jetzt geniessen muss. Ich weiß nicht, ob ihr verstehen könnt, worum es mir geht. Ich habe nur diese zwei Stunden am Tag und den Sonntag (der Sonntag ist übrigens auch alles gestrichen, der gehört nur uns, daher muss am Samstag alles erledigt sein). Manchmal denke ich, mir täte es mal gut, wenn ich diese zwei Stunden mal nutzen würde, um mich in Ruhe zu duschen oder zu rasieren (mache ich sonst meist schnell nach 20Uhr, da das Badezimmer neben dem Kinderzimmer ist). Aber dann denke ich wieder, ich habe ja nur die kurze Zeit und ich verpasse einfach zu viel in ihrem Leben. Manchmal denke ich, ich kündige. Nur wer bezahlt dann das Haus und die Rechnungen? Meine Frau ist mit ihrer Depression nicht die Anlaufstelle für mein Leiden. Unsere Tocher entwickelt sich (unserer Meinung nach) grandios. Sie ist lebensfroh, schlau, macht (für ein Kind) wenig Arbeit, schläft gut.... es könnte so gut sein. Wie komme ich nur aus meinen Stressmodus? Und vora allem, wie komm ich aus diesem Hamsterrad, dass sich jeden tag gleich dreht und worin meine Persönlichkeit gar nicht mehr vorkommt?
Du musst dir Zeit für dich nehmen. Sonst wirst du bald auch depressiv oder ein Burnout bekommen. Die ersten Warnzeichen sind schon da, nimm sie unbedingt ernst! Es ist zwar toll, dass du viel Zeit mit deiner Tochter verbringen willst, aber was nützt ihr ein dauergestresster, unglücklicher Vater? Kinder merken sowas. Und was nützt es dir, wenn du die Zeit mit ihr nicht genießen kannst?! Also nimm dir Zeit für dich, auch wenn dir dann 1, 2 Stunden mit deiner Tochter fehlen. Du wirst merken wie viel ausgeglichener du dann bist, und das kommt ihr wiederum zugute. Zum Zeit- und Arbeitsstress: Überlege dir mal sämtliche Möglichkeiten, Aufgaben zu delegieren oder zu eliminieren. Ein paar Ideen: Saugroboter, Putzfrau, Ansprüche runterschrauben... Vielleicht könnt ihr auch eure Kreditrate etwas senken, so dass du weniger arbeiten musst. Ist deine Frau in Therapie? Wenn nicht wäre das ein wichtiger Schritt, damit sie langfristig wieder mehr am Familienleben teilnehmen kann. Trau ihr ruhig auch zu, ein paar Aufgaben zu übernehmen, du musst nicht ALLES machen. Oder putzt gemeinsam, dann geht's schneller. So oder so, du musst etwas ändern und mehr für dich selbst sorgen.
Hallo, das ist ja ein ganzer Wust aus gemischten Gefühlen mit verschiedenen Ursachen. Das ist alles gar nicht leicht aufzudröseln. Ich sag mal ein paar spontane Gedanken dazu. Finde pragmatische Lösungen. Nehmt euch eine Putzfrau einmal die Woche für drei Stunden. Die putzt nicht nur, sie bügelt z.B. auch. Sage nicht, das ist zu teuer. Zum einen kostet es nicht die Welt. Zum anderen ist der Preis, den ihr sonst zahlt mit Überlastung und Genervtheit viel höher. Sie kann notfalls auch nur alle 14 Tage für vier Stunden kommen, auch dann ist eine gute Grund-Sauberkeit im Haus, die erstmal ausreicht. Ihr könntet eure Tochter auch in die Kita geben, damit deine Frau wenigstens vormittags die Hände frei hat und in dieser Zeit etwas Haushalt machen kann. Viele Kitas nehmen auch Zweijährige auf. Du selbst könntest versuchen, deine innere Einstellung an dein jetziges Leben anzupassen. Momentan blickst du zu sehr zurück auf die Zeiten, als du noch kein Kind und viel Energie für den Job hattest. Aber es ist wichtig, im Jetzt zu bleiben und nicht damit zu hadern, was sein könnte - weil das nur Kraft auffrisst, aber keine gibt. Dein Leben findet nur jetzt statt, nicht in einem "Hätte ich doch ...". Wenn man jung ist, überschätzt man oft die Wichtigkeit des Berufs. Man bezieht sein Selbstwertgefühl zu sehr aus dem Job. Oft wird einem erst später klar, dass ein Kind großzuziehen eine unendlich viel wichtigere und anspruchsvollere Aufgabe ist als jeder Geldjob. Im Job bist du komplett ersetzbar. Wenn du morgen tot umfällst, wird noch ein paar Tage bedauernd von dir gesprochen, nach vier Wochen bist du ersetzt, danach bist du komplett vergessen. Habe ich selbst im Beruf mehrfach erlebt, wenn jemand wegging oder gestorben ist. Als Vater bist du aber niemals ersetzbar, hier bist du nicht nur in deiner Arbeitskraft für die Firma, sondern als ganzer Mensch wichtig. Im Alter, wenn du Bilanz ziehst, wird es das Wichtigste und Wertvollste für dich sein, dass du ein Kind (und vielleicht schon Enkel) hast. Deine Leistungen im Job, dein früherer Arbeitgeber, all das verblasst. Du warst dort nur eine Arbeitskraft. Verstehst du, was ich meine? Klar möchte man, dass die eigene, gute Ausbildung sich bezahlt macht. Und das macht sie ja auch. Sie finanziert euer Haus und euren Alltag und auch das Wohlergehen deines Kindes. Das ist prima. Aber dass du ein Kind hast und ein guter Vater bist, ist trotzdem noch viel wertvoller als deine Ausbildung. Es ist eine Investition in die Lebenszufriedenheit, auch wenn du das jetzt vor Überlastung noch nicht sehen kannst. Du wirst es einmal können. Noch ein Gedanke. Ich weiß, es ist unpopulär, es klingt altmodisch, es ist "uncool": Aber weißt du, ein Kind zu lieben und großzuziehen, bedeutet auch ein Opfer. Man steckt zurück, man hat manchmal das Gefühl, keine Kraft mehr zu haben (hat sie aber dann doch), man kommt selbst nie mehr an erster Stelle. Sondern zuerst kommt das Kind, und dann kommt lange gar nichts. So ist das, wenn man Eltern ist, das geht uns allen so. Mein Trost: Du erlebst zwar gerade die anstrengendsten Jahre deines bisherigen Lebens. Aber es wird besser. Irgendwann hat ein Kind keine Windeln mehr, irgendwann kann es kleine Dinge selbst tun, man muss es nicht mehr den ganzen Tag bedienen und beschäftigen. Kinder werden selbstständiger und pflegeleichter. Die Baby- und Kleinkindjahre sind einfach irre stressig, aber das bleibt nicht so. Ich selbst und auch mein Mann waren ehrlich gesagt auch immer heilfroh, wenn diese frühen Jahre bei den Kindern vorbei waren und es besser wurde. Heute sind meine Kinder junge Erwachsene. Ich bin wahnsinnig stolz auf sie, aber auch auf mich, weil ich alle ihre Bedürfnisse erfüllt habe, als sie klein waren und ihnen einen guten Start ermöglicht habe, auch wenn ich selbst sehr oft zurückstecken musste oder keinen Nerv mehr hatte. Was die Krankheit deiner Frau angeht. Es wäre wichtig, dass deine Frau nicht nur so vor sich hin dümpelt. Sie sollte konsequent ein Antidepressivum nehmen, das hilft im Alltag sehr, ich weiß es von meiner eigenen Schwester. Wenn deine Frau den Alltag dann trotzdem nicht hinkriegt, kann es sein, dass sie mal einige Monate stationär oder in eine Tagesklinik (da geht man abends heim) einrücken sollte. Natürlich ist das erstmal eine erschreckende Vorstellung, aber die intensive Therapie, die (nur) so möglich ist, hilft, wieder auf die Beine zu kommen. Abwarten, bis es von selbst besser wird, reicht bei einer Depression oft nicht aus. LG und alles Liebe für euch!
Du erwähnst mehrfach die 2 Stunden - das klingt für mich viel zu starr und schon beim Lesen anstrengend. Man kann nun mal nicht alles planen und Aufgaben in beliebige Zeitfenster quetschen. Warum darf deine Tochter nicht erfahren, dass du dich auch mal Haushalt, Körperpflege, Hobbys... widmest? Dass man generell viel Zeit mit seinem Kind verbringen möchte, kann ich gut nachvollziehen. Aber ihr habt mit der Depression schon eine mittelgroße Baustelle. Warum bürdest du dir zusätzlich diese starre Regeln mit 2 Stunden täglich plus Sonntag nur Zeit für deine Tochter? Wenn du sie zum Beispiel samstags zum einkaufen mitnimmst, ist es für sie mindestens genauso toll, wie wenn Papa mit ihr puzzelt. Oder Rasenmähen, Gartenarbeit, Reparaturen - diese Aktivitäten mit Papa lieben unsere Kinder. Kinder brauchen nicht unbedingt viel "Exklusivzeit", sie sind auch glücklich, wenn sie Teil des Alltags sind. Ich finde es sogar ein falsches Signal für das Kind, wenn sich gefühlt alles immer nur um es dreht. Also löse dich von dem starren Zeitplan und schau spontan, was gerade dringender ist - Bad putzen oder ein Zoobesuch 😉 Das wollte ich mal als Impuls für dich da lassen.
Zwei Dinge in Kürze, da vieles auch schon gesagt wurde. - Genieß die Zeit mit den Kindern - vieles kann liegen bleiben solange sie klein sind - die Zeit kommt nie mehr wieder. - Binde die Kinder in den Alltag ein - nimm sie mit zum Sport zum einkaufen etc. - Deine Frau muss dringend in Behandlung, wenn sie das noch nicht ist. Ein Antidepressivum kann sehr gut wirken und den Alltag besser bewältigbar machen. Das sind in der Regel einfach Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer - da wird dem Körper nichts hinzugefügt. Depressionen sind zum Großteil auch eine Stoffwechselstörung, die in vielen Fällen behandelbar ist. Alles Gute wünsche ich Dir!