Frage im Expertenforum Beziehungsprobleme an Xenia Bukowsky:

Ungerechtigkeit / Verbitterung

Xenia Bukowsky

 Xenia Bukowsky
Mediatorin/Konfliktberaterin

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Frage: Ungerechtigkeit / Verbitterung

Banini

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Hallo Fr. Bukowsky, hallo Fr. Traub,   ich hatte hier schon einmal geschrieben. Ich wollte heute noch einmal um Hilfe bitten und fragen, ob Sie Tipps für mich haben, wie ich mit meinen starken Hassgefühlen und meiner Resignation umgehen kann. Ich habe eine 10-jährige Beziehung mit einem (meiner Meinung nach) klassischen Narzissten hinter mir. Er fehlt mir nicht mehr, aber ich merke, dass ich auch nach einem Jahr noch extrem damit zu kämpfen habe, wie viel er mir genommen hat und besonders, dass er mit allem durchkommt bzw. Außenstehende sich nicht vorstellen können / nicht glauben wollen, wie er wirklich ist. Ich bin schon immer ein sehr umgänglicher, harmoniebedürftiger Mensch, aber ich liege nachts mit brennendem Hass wach und komme nicht weg davon. Zudem habe ich völlig resigniert; ich glaube nicht mehr daran, dass einem im Leben Wünsche erfüllt werden bzw. sehe ich nicht, wodurch sich meine Gefühle zum Besseren ändern sollten... Ich habe schreckliche Angst, dass man auch nach der Trennung aus so einer Beziehung nie ganz raus kommt, sondern immer darin gefangen bleibt, während er fröhlich seiner Wege zieht.  Die Gründe sind: er hat mich um ca. 20.000 Euro gebracht, mir mein Zuhause genommen (das Haus war mein Lebenstraum) und - am schlimmsten für mich - dafür gesorgt, dass ich mein Kind weniger sehe.  Ausserdem wurmt es mich extrem, dass selbst Personen, die alles mitbekommen haben und mir glauben (u. a., weil er zu ihnen genauso war), es zwar "schlimm" finden, aber den Kontakt nicht einstellen. Ihm passiert einfach nichts und ich falle zunehmend vom Glauben meiner Werte ab.    Vielen, vielen Dank. 


Xenia Bukowsky

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Hallo Banini,   wir können uns sehr gut an deine Fragen erinnern und es tut uns sehr leid, dass die Belastung weiterhin hoch ist. Du hast in den letzten Jahren viel aushalten müssen, und es ist auch nicht verwunderlich, dass es sich so anfühlt, als wären deine Kräfte am Ende.   Es ist schön zu hören, dass du ihn nicht vermisst und ganz klarsiehst, dass er mit seinem Verhalten ungerecht und manipulativ war.   Leider ist es nicht selten, dass Menschen mit narzisstischen Verhaltensweisen damit sehr gut durchs Leben kommen. Sie sind oftmals sehr charmant und darin geübt, anderen Personen eine nette Seite zu zeigen, wenn es für sie einen Vorteil bringt. Viele betroffene Personen beschreiben, dass sich ein narzisstischer Partner nach außen ganz anders zeigt als in der Beziehung.   Das Gefühl von Resignation kann sich bedrohlich anfühlen. Es hat jedoch eine wichtige Warn- und Signalfunktion. Es kann uns zeigen, dass unsere Kapazitäten erschöpft sind und wir die derzeitige Situation nicht allein meisten können. Es ist gut, sich dann Unterstützung zu holen. Sich über eine längere Zeit ohnmächtig, hilflos und aussichtslos zu fühlen, kann sehr belastend sein. Die meisten Personen kommen in ihrem Leben irgendwann an einen Punkt, wo sie sich so fühlen und Hilfe von außen brauchen.   Es gibt mehrere Ansätze, die du verfolgen könntest. Vielleicht ist etwas dabei, das dir hilfreich erscheint.  Du schreibst, dass er dir viel Geld genommen hat. Das ist eine unfaire Situation, die sich nur sehr schwer aushalten lässt. Wenn sich deine finanzielle Lage dadurch erschwert hat, dann kannst du dir Unterstützung suchen, beispielsweise bei einer Schuldnerberatung. Diese Beratungsangebote gibt es fast in jeder größeren Stadt und sind kostenfrei: https://www.caritas.de/hilfeundberatung/onlineberatung/schuldnerberatung/start  Du beschreibst auch, dass du nachts wach liegst und nicht schlafen kannst, sich die Gefühle anstauen. Es ist nach allem, was dir passiert ist, nachvollziehbar - Stetige Grenzüberschreitungen und Verletzungen hinterlassen Spuren. Du trägst noch immer die Auswirkungen davon: Personen in deinem Umfeld verstehen deine Geschichte nicht und du siehst dein Kind weniger als du es dir wünschst. Daher ist es verständlich, dass deine Gedanken manchmal nicht zur Ruhe kommen können und sich im Kreis drehen. Vielleicht kann es dir in solchen Momenten helfen, dir bewusst zu machen, dass Gedanken und Gefühle eine Momentaufnahme sind und sie auch wieder vorübergehen. Versuche, dir mit Mitgefühl zu begegnen und dich nicht für vergangene Entscheidungen verantwortlich zu machen. Einige finden es hilfreich, eine Liste mit ablenkenden Aktivitäten zu erstellen, die du im Falle einer Gedankenspirale ausübst. Das kann ein Hörbuch oder Buch, ein warmes Bad oder ein Spaziergang sein. Andere haben gute Erfahrungen mit dem Schreiben von Tagebüchern gemacht, um die Gedanken zu sortieren.  Viele Personen wie du waren schon Mal in ähnlichen Trennungssituationen. Wir verstehen, dass du Angst hast, niemals ganz aus der Beziehung rauszukommen. Trennungen aus Gewaltbeziehungen können sich lange ziehen und sehr intensiv sein. Viele Personen haben es aber auch schon geschafft, damit abzuschließen. Du wirst auch an den Punkt kommen, an dem du dich anders fühlen wirst.   Für Symptome wie nächtliches Grübeln, Stressreaktionen und Wut kann eine therapeutische Behandlung hilfreich sein. Du kannst dein*e Hausärzt*in deine Situation beschreiben und evtl. können dir dort Adressen genannt werden, an die du dich wenden kannst. Manchmal ist die Therapieplatzsuche zermürbend und anstrengend, weil das Gesundheitssystem an dieser Stelle unterfinanziert ist. Du kannst es auch über diese Webseite, nach einem Termin suchen: https://www.116117-termine.de/.  Manchmal gibt es auch die Möglichkeit, dass Personen, die Gewalt erfahren haben, eine Behandlung in einer Traumaambulanz in Anspruch nehmen können. Die Traumaambulanz ermöglicht bis zu 15 Sitzungen, um mit den psychischen Belastungen umzugehen und kann die Zeit, bis du einen Therapieplatz gefunden hast, überbrücken. Du benötigst keine Überweisung und kannst telefonisch einen Termin für ein Erstgespräch vereinbaren: https://www.odabs.org/traumaambulanzen.html  Eine Therapie kann dich dabei unterstützen, mit den Symptomen umzugehen und es wird individuell auf dich eingegangen. Es ist eine gute Unterstützung, aber manchmal wird der systematische und strukturelle Charakter der Gewaltfolgen nicht beleuchtet.   Ein Austausch mit Personen, die deine Situation nachfühlen können und ähnliche Erfahrungen gemacht haben, kann Wunder wirken und eine große Ressource darstellen. Dort können auch Tipps zum Umgang mit Freund*innen, die nicht den Kontakt mit dem Ex abbrechen, ausgetauscht werden. Denn Personen mit narzisstischen Verhaltensweisen sind gut darin, ihr Umfeld zu manipulieren und daher wenden sich Personen oftmals nicht ab. Das auszuhalten ist schwer, aber es ist keine Entscheidung gegen dich, auch wenn es sich so anfühlen mag. Vielleicht findest du eine Gruppe in deiner Nähe: https://narzissmus-selbsthilfe.de/selbsthilfegruppe-narzissmus/   Du klingst nach einer sehr starken Person, die sehr viel aushalten musste. Wir wünschen dir vom ganzen Herzen, dass du irgendwann in deinem Traumhaus sitzt und dich freuen kannst, dass das alles vorbei ist.  Viel Kraft für die kommende Zeit!  Leonie und Xenia


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