Frage im Expertenforum Beziehungsprobleme an Leonie Traub:

Familienbesuch

Leonie Traub

 Leonie Traub
Psychologin

zur Vita

Frage: Familienbesuch

Ayita91

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Sehr geerte Frau Traub gleich vorweg: in meiner Anfrage geht es eigentlich nicht um ein Beziehungsproblem, mein Freund ist ganz hinreißend geduldig und verständnisvoll in Bezug auf all’ meine Putzigkeiten während meiner ersten Schwangerschaft. Aber ich weiß nicht, wohin ich mich sonst wenden soll und da das Thema schon „Zwischenmenschlichkeit im familiären Kontext“ ist und ich Ihre Antworten immer sehr hilfreich und nachvollziehbar finde, dachte ich, ich versuche es mal hier. Ich kenne aus der Familie meines Partners bisher nur seine Mutter, die in der Vergangenheit immer mal wieder die längere Reise in unsere Richtung auf sich genommen hat. Dies soll sich nun vor der Geburt unseres Sohnes aber noch ändern und wir planen demnächst, unsererseits auf Familienbesuch zu gehen. Für mich stellt das ein nicht unerhebliches Problem dar. Ich bin ohnehin schon seit meiner Kindheit ein ziemlich pingeliger Mensch, die besonderen Hygienemaßnahmen, die in der Schwangerschaft in Sachen Lebensmittel hinzukommen, haben mich schon so manches mal an den Rand der Verzweiflung gebracht, weil ich Angst hatte, etwas falsch gemacht zu haben oder mich (bei Einladungen) gezwungen sah, etwas zu essen, was nicht meinen Hygieneanforderungen entsprach. Für mich ist das sehr anstrengend und ich mache das nicht, um jemanden zu ärgern, sondern weil ich das Beste für unser Kind und mich nicht tagelang quälen möchte, bis Herr Dr. Costa hier im Expertenforum im Idealfall gesagt hat, dass in Situation x keine Listeriose- oder Toxoplasmose-Gefahr bestand. In meiner Familie traue ich mich, Essen abzulehnen, die kennt mich ja. Außerhalb fällt es mir aber schwer, ich möchte ja niemanden vor den Kopf stoßen. So versuche ich seit Beginn der Schwangerschaft, Einladungen möglichst zu vermeiden und koche am liebsten selbst. Das wird nun im Rahmen der anstehenden Einladungen / Besuchen nicht möglich sein. Ich habe keine Ahnung, wie sorgfältig oder nicht sorgfältig und hygienisch dort in den Haushalten agiert wird und möchte auch niemandem etwas unterstellen. Meine Angst ist aber, dass ich im Hinblick auf Nahrungsaufnahme in Situationen gerate, in denen ich gezwungen bin, entweder über meinen Schatten zu springen und Dinge zu essen, die ich sonst auf keinen Fall essen würde – und mich anschließend tagelang zu quälen und ja möglicherweise tatsächlich eine Toxoplasmose- oder Listerioseinfektion zu riskieren. Oder Menschen, die dem Mann, den ich liebe, nahestehen und die ich selbst noch nicht kenne, vor den Kopf zu stoßen. Das fühlt sich ganz furchtbar an und am liebsten würde ich diese Reise nicht antreten. Ich weiß, es kann auch alles gut gehen, aber ich wäre so dankbar für einen Rat, wie ich mit der Situation umgehen / mich bestmöglich wappnen könnte. Herzliche Grüße


Leonie Traub

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Hallo Ayita,  vielen Dank, dass du dich an uns wendest. Eine erste Schwangerschaft ist eine neue Situation und kann sehr aufregend und herausfordernd sein. Wir können gut nachvollziehen, dass du dir viele Gedanken machst!  Es ist schön, dass du dich um dein Baby sorgst, alles dafür tust, dass es sicher ist und gerade besonders gut auf dich aufpasst. Eine Schwangerschaft bedeutet viele Umstellungen in Bezug auf Ernährung und Lebensgewohnheiten. Es ist ganz verständlich, dass es auch überwältigend sein kann, die vielen neuen Regeln umzusetzen. Gerade in Situationen, in denen wenig Kontrolle über die Essenssituation besteht.   Du beschreibst, dass du niemand vor den Kopf stoßen willst, weil du gerade besonders vorsichtig bist. Es ist sehr rücksichtsvoll und nett, dass du dir Gedanken um andere Personen machst. Wir denken aber, es ist auch ok, in Zeiten einer Schwangerschaft für andere Personen auch mal Umstände zu machen. Schließlich trägst du gerade ein Baby aus und bist in einer Situation, die mit vielen Anstrengungen verbunden ist. Da kann dein Umfeld auch ein bisschen unterstützen und Rücksicht auf dich nehmen!  Wir sind sicher, dass Personen in deinem Umfeld dich verstehen können, wenn du deine Sorgen teilst. Vielleicht könntest du eine Liste aufstellen, mit Lebensmitteln und Hygienevorschriften, die in Bezug auf eine mögliche Toxoplasmose- oder Listerioseinfektion besonders zu beachten sind und sie mit der Familie deines Freundes teilen. Letztendlich ist diese ja auch überschaubar und in der Regel auch gut umsetzbar. Dann wissen sie Bescheid, was du im Moment brauchst, und können sich auf euren Besuch vorbereiten. Bestimmt wollen sie, dass es dir und eurem gemeinsamen Baby gut geht.  Du hast beschrieben, dass dein Partner sehr verständnisvoll ist und du Unterstützung von ihm bekommst. Es könnte eine Möglichkeit sein, dass er die Kommunikation mit seiner Familie zu deinen Vorstellungen übernimmt. Schließlich kennt er seine Familie am besten und ist es ja auch sein Baby, dass du austrägst. Ihr seid ein Team und er ist mitverantwortlich für euch!  Du beschreibst in deinem Beitrag, dass dich das Thema auch manchmal an den Rand der Verzweiflung bringt und du dich tagelang mit Gedanken dazu quälst. Du hast auch geschildert, dass du aus diesem Grund auch Verabredungen oder Einladungen absagst und sogar den Besuch bei den Eltern deines Freundes lieber vermeiden würdest. Wenn du bemerkst, dass deine Ängste einen starken Einfluss auf dein tägliches Leben haben und du deshalb gerade Dinge nicht machen kannst, die dir eigentlich guttun, könntest du auch überlegen, ob du ein paar Stunden Psychotherapie wahrnimmst. Dort könntest du besprechen, wie du mit Situationen, in denen Ängste überwältigend scheinen, umgehen kannst. Es könnte auch ein Raum sein, um zu überlegen, ob es Möglichkeiten gibt, wie du gleichzeitig gut auf dich aufpassen, aber auch mal Einladungen (sofern du das möchtest) bei anderen Personen annehmen kannst.   Gerade steht bei dir an erster Stelle, dass es deinem Baby gut geht. Aber du sollst dabei auch nicht hinten runterfallen. Es ist wichtig, dass du auch weiterhin Sachen machen kannst, die nur für dich sind.   Alles Gute für die nächste Zeit. Du machst das gut!  Xenia und Leonie 


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