Was tun mit Angst und Trauer nach der 3. erfolglosen ICSI?

Dr. phil. Dipl-Psych. Almut Dorn Frage an Dr. phil. Dipl-Psych. Almut Dorn Psychologische Psychotherapeutin

Frage: Was tun mit Angst und Trauer nach der 3. erfolglosen ICSI?

Sehr geehrte Frau Dorn, wir (sie 39 Jahre, er 47 Jahre) haben mittlerweile die dritte ICSI (wegen OAT III meines Mannes) in diesem Jahr hinter uns, leider erneut ohne positives Ergebnis. Alle Behandlungszyklen laufen immer sehr gut, was die Anzahl der gewonnene Eizellen (1. 9 Eizellen insg., 5 befr., 2. 13 insg. Eizellen, 6 befr., 3. 10 Eizellen insg, 6. befr.) und die Befruchtungsrate angeht. Auch die transferierten Embryonen hatten, soweit mir mitgeteilt wurde, immer eine gute bis sehr gute Qualität und waren zeitgerecht entwickelt. Diagnostisch wurden bei mir bzw. uns alle Untersuchungen (Gebärmutterspiegelung, Eilieterdurchgängigkeitsprüfung, Bauchspiegeung, Genetik/Chromosomenanalyse, Gerinnungsanalyse, Vitamin D, Eisenwerte, Biopsie auf uNK und Plasmazellen, Andrologie etc.) gemacht, und sie waren alle unauffällig bis auf das OAT-Syndrom. Das ist einerseits schön, dass (fast) alles OK ist, andererseits macht es das Ausbleiben einer intakten Schwangerschaft umso schmerz- und rätselhäfter. Zumal mir immer wieder gesagt wird, dass wir "gute Chancen" hätten, was auch immer das heißen mag für Reproduktionsmediziner:innen, ich glaube langsam nicht mehr dran. Bei den ersten beiden Transferen war ich biochemisch schwanger, der dritte Transfer brachte ein negatives Ergebnis. Wie mir mitgeteilt wurde, läuft es aus reproduktionsmedizinischer Sicht besser als erwartet da ich ja zweimal einen positiven Test hatte. Schön, dass sich wenigstens einer freut... Ich weiß ehrlich gesagt nicht, wie ich mit dieser emotional völlig absurden Situation umgehen soll. Es fühlt sich überhaupt nicht nach einem guten Ergebnis an. Im Gegenteil, wir wünschen uns seit über 4 Jahren ein Kind, sind seit 2 Jahren im Kinderwunschzentrum, haben in 15 Monaten 6 Inseminationen und 3 ICSI gemacht, und das Bild, dass für mich entsteht ist, dass es völlig belanglos ist, was wir versuchen, am Ende klappt es nicht. Wir haben noch die Möglichkeit zu einer 4. ICSI und/oder einem Kryotransfer. Ich bin nur mittlerweile ziemlich müde, immer wieder in die Hoffnung zu gehen und dann immer wieder enttäuscht zu werden. Durch meine psychische Vorerkrankung (PTBS) ist es für mich ohnehin schon schwer mein emotionales Gleichgewicht zu erhalten und diese Kinderwunschgeschichte oben drauf macht es wirklich zu einer großen Herausforderung. Die Trauer darüber, dass es nicht geklappt hat, ist das eine, viel unerträglicher sind die hochsteigenden Ängste, dass wir irgendwann zu den Paaren gehören könnten, die trotz aller Bemühungen und „guten Chancen“ auf unerklärliche Weise ohne Nachwuchs nach Hause gehen. Aufgrund meines Alters ist eine längere Auszeit keine Option, wenngleich ich mir manchmal eine längere Pause wünsche. Ich mache regelmäßig Yoga und Meditation, versuche mich auf andere Dinge zu konzentrieren, die wunderbare Vielfalt in meinem Leben zu sehen und auch die Vorteile, ohne Kind zu sein, wahrzunehmen. Gleichwohl spüre ich, dass da etwas in mir langsam "kippt" und nach dieser langen Belastungsphase aus dem Gleichgewicht gerät. --> Was kann ich tun, um mit diesen Ängsten anders/besser/konstruktiver umzugehen? --> Es ist nicht alles düster, so unser KiWu, wie kann ich wieder zur Hoffnung finden und die positiven Botschaften auch wahrnehmen? --> Wie kann ich ein halbwegs ausgewogenens Verhältnis finden zwischen Hoffnung und Zuversicht, aber auch dem Wissen, dass auch diese wieder enttäuscht werden kann? --> Wie kann ich mit dieser emotional für mich so absurden Situation umgehen, dass das KiWu sagt, es läuft gut, aber es sich völlig gegenteilg anfühlt? Ich danke Ihnen im voraus für ihre Zeit und ihren Rat udn verbleibe mit freundlichen Grüßen, Marita80

von Marita80 am 28.11.2022, 10:58



Antwort auf: Was tun mit Angst und Trauer nach der 3. erfolglosen ICSI?

Diese Fragen gemeinsam zu beantworten, kann sehr viele Beratungstermine füllen und lässt sich nicht in wenigen Zeilen schreiben. Es geht ja um sehr zentrale Lebensthemen und die lassen sich eben nicht schnell abarbeiten. Wäre für Sie vorstellbar, sich Begleitung in dieser schwierigen Zeit zu holen? Z.B. bei speziell ausgebildeten Berater:innen zum Thema Kinderwunsch? Hier finden Sie Adressen und weitere Informationen, auch gute Literaturhinweise zu Ihren Themen: https://www.bkid.de/fuer-ratsuchende/beratungsfachkraefte-in-ihrer-naehe/ https://www.bkid.de/

von Dr. Almut Dorn am 28.11.2022



Antwort auf: Was tun mit Angst und Trauer nach der 3. erfolglosen ICSI?

Hallo, du bist bei zwei von drei Transferen schwanger geworden. Das IST ein super Ergebnis! Bei mir hat es sieben gebraucht und ich bin wesentlich jünger als du. Mir ging es nach den stimulierten Icsi richtig schlecht, das hat wohl auch mit dem schwankendem Östrogenspiegel zu tun, wenn ich das richtig in Erinnerung hab. Wir sind dann auf Icsi naturelle umgestiegen, das war viel weniger belastend. Vom BKiD gibts nen Ratgeber zum Kinderwunsch, den fand ich sehr hilfreich. VG

von MamaausP am 28.11.2022, 14:29



Antwort auf: Was tun mit Angst und Trauer nach der 3. erfolglosen ICSI?

Hallo Marita80, ich kann ganz gut nachvollziehen, was in Dir vorgeht. Wir haben auch sehr lange gebraucht, bis wir endlich ein lebendiges Kind begrüßen konnten; ich bin nach mehreren Jahren unerfülltem Kinderwunsch (Ursache konnte zunächst nicht gefunden wurden) einmal "einfach so" schwanger geworden, das endete aber vorzeitig in der 10. Woche, dann haben wir uns in eine andere Kinderwunschpraxis zur weiteren Behandlung begeben, dort wurde uns aufgrund der dort gestellten Diagnose die ICSI empfohlen, der zweite Versuch war zunächst erfolgreich, ich hatte dann aber einen sogenannten "Spätabort" in der 18. Woche, und bei einem folgenden Kryoversuch gab es eine biochemische Schwangerschaft. Mich hat es auch immer gewaltig genervt, dass v.a. mein "normaler" Gynäkologe und die Hebamme, die mich in den beiden "gescheiterten" Schwangerschaften betreute, sich immer in Zweckoptimismus übten und darauf hinwiesen, dass ich doch augenscheinlich schwanger werden könnte und irgendwann schon alles gut würde. Das hilft einem in der Situation einfach nicht. Man will ja ein (hoffentlich gesundes) Kind bekommen, nicht "nur" schwanger werden, und das Unwohlsein wird mit jeder nicht erfolgreichen Schwangerschaft immer größer statt kleiner. Für die Reproduktionsmediziner/Gynäkologen hingegen ist mit einer Schwangerschaft der gewünschte Erfolg ja schon eingetreten. Nach der späten Fehlgeburt konnte ich mich nur schwer darauf einlassen, einen neuen ICSI-Vollversuch zu starten, es bedurfte aller Überredungskünste meines Mannes, bis ich mich einverstanden erklärte. Parallel zu dem neuen Versuch hatte ich mich dann bei einem Heilpraktiker mit Akupunktur behandeln lassen, und ich muss sagen, das tat mir unheimlich gut. Der Heilpraktiker hat nicht nur die Nadeln gesetzt, sondern auch generell nochmal ganz "anders" mit mir über das Thema gesprochen, er hat mir ein "Google-Verbot" während der Behandlung erteilt und mit mir eine Art mentalen Fahrplan für die ganze Kinderwunschbehandlung erstellt, naja, und dann lag ich halt während der Behandlungstermine immer für ca. eine halbe Stunde auf einer Liege in einem gemütlichen halbdunklen Zimmer, es klimperte leise klassische Musik und solange die Nadeln in mir steckten, konnte ich buchstäblich kaum den kleinen Finger bewegen, ohne dass es unangenehm war, also ich war gezwungen, einfach unbeweglich auf dieser Liege zu verharren, das war richtiggehend meditativ. Der Behandlungsversuch war dann übrigens erfolgreich, wir bekamen endlich ein Kind. Ich wäre nicht so vermessen, zu sagen, dass das an der Akupunktur lag, aber die Behandlung bei dem Heilpraktiker hat ganz sicher ihren Teil dazu beigetragen, dass ich den Versuch mental so gut bewältigen konnte. Vielleicht kannst Du Dir auch etwas überlegen, was Dir in der jetzigen Situation einfach gut tun könnte, und mach das dann. Ich bin (abgesehen von der Heilpraktikerbehandlung) beim letzten ICSI-Versuch nach den Untersuchungsterminen in der Kinderwunschpraxis immer, wenn es sich einrichten ließ, in einem netten Café gemütlich und lecker frühstücken gegangen, auch das gefiel mir immer gut. Wie man sich damit anfreunden könnte, einfach kein Kind zu bekommen, kann ich Dir leider auch nicht sagen. Ich habe es, auch mit psychotherapeutischer Hilfe, längere Zeit versucht, die Idee eines kinderlosen Lebens zu akzeptieren, aber nicht geschafft. Das Verrückte ist, ich bin eigentlich gar kein "Kindertyp", Kinder mag ich generell noch nicht mal besonders, aber ich wollte einfach erleben, wie es ist, ein Kind zu bekommen und es großzuziehen, und davon Abstand zu nehmen, nachdem wir so viele Jahre vergeblich versucht hatten, dieses Ziel zu erreichen, ist schwer und mir jedenfalls nicht gelungen und ich weiß von vielen anderen Frauen, denen es ebenso ging/geht. Ich war jedenfalls bei der letzten, erfolgreichen, Schwangerschaft auch schon 39 Jahre alt und wurde kurz vor der Geburt 40, also wenn die biologischen Eckdaten bei Dir stimmen, dann versuche es getrost weiter. Es ist in dem Alter halt auch einfach schwieriger, nicht nur schwanger zu werden, sondern es auch zu bleiben. Vielleicht hilft Dir mein Roman ein bisschen, dass Du zumindest das Gefühl bekommst, dass das, was Du empfindest, normal ist und es jedenfalls nach meinen Erfahrungen nicht das richtige Ziel ist, sich gemeinsam mit der Kinderwunschpraxis darüber freuen zu können, dass es überhaupt zu einer nachweisbaren Schwangerschaft gekommen ist, denn das ist aus Patientensicht einfach zuviel verlangt. Man muss eher für sich klären, ob man weitere Versuche unternimmt, vielleicht auch den Behandler wechselt (haben wir auch gemacht) und was man unternehmen kann, um weitere Versuche mental einigermaßen heil zu überstehen. Alles Gute Dir!

von Mörchen17 am 29.11.2022, 11:14



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