Frage im Expertenforum Medikamente in der Schwangerschaft an Dr. med. Wolfgang Paulus:

Nachtrag Berodual N in der SS

Dr. med. Wolfgang Paulus

Dr. med. Wolfgang Paulus
Facharzt und Leiter der Beratungsstelle für Reproduktionstoxikologie an der Universitätsfrauenklinik Ulm

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Frage: Nachtrag Berodual N in der SS

MandyB.84

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Sehr geehrter Dr.med. Paulus, hier noch mal der Name des Austauschpräparates von Viani forte: Rolenium - Wirkstoffe Salmeterol und Fluticasonpropionat. Hier habe ich heute leider auch im Internet gelesen, dass es durch die Platzenta zum Baby gelangt und Schaden kann. Mache mir wirklich große Sorgen. Warum bekomm ich denn dann so etwas verordnet in der Schwangerschaft? Habe Berodual und auch dieses Mittel auch in den ersten 3 Monaten nehmen müssen. Und nun les ich das. Bin natürlich fix und fertig. Noch einmal liebe Grüße MandyB.


Dr. Wolfgang Paulus

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Es ist wenig hilfreich, sich über die Feiertage mit schwer einzuordnenden Informationen aus dem Internet verrückt zu machen. Natürlich raten die meisten Hersteller von der Anwendung ihrer Medikamente in der Schwangerschaft ab, um möglichen Regressansprüchen vorzubeugen. Sie können natürlich alle Präparate nach Eintritt der Schwangerschaft absetzen und damit sich und das Ungeborene durch die Grunderkrankung gefährden. Wirkstoffe, die speziell die ß2-Rezeptoren stimulieren, führen zu einer Erweiterung der Bronchien, aber auch zu einer Erschlaffung der Gebärmuttermuskulatur (Tokolyse). Am besten verträglich sind Substanzen mit einer nur geringen Restwirkung auf die ß1-Rezeptoren, die sich in einer Steigerung der Herzaktivität manifestiert. Aus der Klasse der Betasympathomimetika haben sich in der Schwangerschaft die Substanzen Fenoterol, Salbutamol, Reproterol und Terbutalin bewährt. Während ihre Wirkung auf 4 bis 6 Stunden begrenzt ist, zeichnen sich die neueren Vertreter Formoterol und Salmeterol durch eine deutlich längere Wirkdauer (über 12 Stunden) aus. Zur inhalativen Glukokortikoidtherapie bei Asthma bronchiale werden vor allem Beclometason, Budesonid, Flunisolid, Fluticason, Mometason und Triamcinolon eingesetzt. Eine insuffiziente Behandlung von chronischem Asthma bronchiale in der Schwangerschaft kann gesundheitliche Schäden für Mutter und Kind (z. B. Hypoxie, niedriges Geburtsgewicht) mit sich bringen (Witlin 1997; Dombrowski 1997; Jana et al 1995). Epidemiologische Studien zur inhalativen Glukokortikoidtherapie in der Schwangerschaft zeigten keine Zunahme angeborener Anomalien. Eine retrospektive Studie zur Medikation mit Triamcinolon, Beclometason bzw. Theophyllin bei Asthma in der Schwangerschaft ergab für keinen Wirkstoff einen Zusammenhang mit Fehlbildungen (Blais et al 1998). Die multizentrische, prospektive Doppelblindstudie START (Inhaled Steroid Treatment As Regular Therapy) bestätigte, dass die Inhalation von 400 µg Budesonid in der Schwangerschaft sicher ist (Silverman et al 2002). Das Swedish Medical Birth Registry konnte keinen Anstieg der Inzidenz angeborener Anomalien unter ca. 3000 Kindern feststellen, deren Mütter in der Frühschwangerschaft Budesonid (inhalativ) angewandt hatten (Norjavaara & De Verdier 2003, Kallen et al 1999). Inhalative Kortikoide werden daher bei mäßigem bis schwerem Asthma bronchiale als Standardtherapie in der Schwangerschaft empfohlen (Oren et al 2004). Sie könnten die Anwendung der inhalativen Präparate auch in der Schwangerschaft in den allgemein empfohlenen Dosen fortsetzen.


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