Frage im Expertenforum Medikamente in der Schwangerschaft an Dr. med. Wolfgang Paulus:

Fluoxetin

Dr. med. Wolfgang Paulus

Dr. med. Wolfgang Paulus
Facharzt und Leiter der Beratungsstelle für Reproduktionstoxikologie an der Universitätsfrauenklinik Ulm

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Frage: Fluoxetin

Nadja2707

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Hallo, ich habe bis zum Zeitpunkt meiner Ss über 10 Jahre Fluoxetin 40mg genommen wegen Depressionen und Zwangsstörungen. Ich habe auch mal eine Therapie gemacht, in der sich der Schwerpunkt nur verlagert hat. Jedenfalls war ich gut eingestellt und mir ging es auch super, ich hatte soweit nichts. Um meinem Baby nicht zu schaden habe ich es ausschleichen lassen im Dezember, ich bin durch eine Icsi schwanger geworden. Nun habe ich die letzten Monate gemerkt das meine Depressionen sowie die Zwangsstörungen immer schlimmer geworden sind und ich es jedoch so lange rausgezögert habe bis ich nicht mehr konnte und am Mittwoch beim Arzt war. Dazu muss ich sagen meine Ss ist furchtbar, mir geht es auch körperlich nicht gut, was das ganze sicher noch schlimmer gemacht hat, genauso wie das BV in das ich geschickt worden bin. Der Arzt hat mir 10mg Citalopram verschrieben, konnte keine Fragen stellen, war wie eine Abfertigung innerhalb von 5 Min. Das war auch nicht mein Arzt, dieser hat mir erst einen Termin im August gegeben... Ein paar Stunden nach der Einnahme merke ich schon starke Nebenwirkungen die einem Drogentripp glichen und bis zum nächsten morgen anhielten, auch mein Baby hat sich anders im Bauch verhalten als sonst. Daraufhin habe ich beschlossen diese nicht weiter zu nehmen und seit gestern auf 10mg Fluoxetin gewechselt, davon habe ich keinerlei Nebenwirkungen und mein Baby verhält sich normal. Ist das tatsächlich besser und kann ich es bedenkenlos nehmen? Werden die 10mg überhaupt eine Wirkung bei mir zeigen nachdem ich 10 Jahre 40mg genommen habe? Kann ich diese weiter nehmen auch beim stillen? Wie viele Nebenwirkungen merkt mein Baby? Der Plan ist bis zu 20mg zu erhöhen und erst nach dem abstillen dann wieder zu steigern, dies würde ich aber im August mit meiner richtigen Ärztin noch besprechen. Vielen Dank für Ihre Antworten! Liebe Grüße


Dr. Wolfgang Paulus

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In einer Kohortenstudie eines Beratungszentrums zeigte sich nach Exposition mit Fluoxetin unter 101 Neugeborenen kein Anstieg der Fehlbildungsrate (Chambers et al 1996). In einer weiteren Kohortenstudie ergab sich bei 98 Schwangeren ebenfalls kein Zusammenhang zwischen der Anwendung von Fluoxetin im I.Trimenon und angeborenen Anomalien (Pastuszak et al 1993). In einer Sammlung von 67 Neugeborenen nach intrauteriner Exposition mit Fluoxetin fanden sich vier unterschiedliche Anomalien (McElhatton et al 1996). Eine Häufung von Fehlbildungen ließ sich weder bei 37 Schwangerschaften erkennen, die während klinischer Studien eingetreten waren, noch bei 658 Schwangerschaften, die nach Exposition im I.Trimenon prospektiv verfolgt werden konnten (Goldstein & Marvel, 1993; Goldstein et al., 1997a). Unter 109 Schwangerschaften mit Fluoxetin-Medikation im I.Trimenon fanden sich lediglich 2 Fehlbildungen (Rosa 1995). Bis Dezember 2004 dokumentierte das Swedish Medical Birth Registry 6.555 Kinder nach intrauteriner Exposition mit SSRI in der Frühschwangerschaft. Die kumulierte Fehlbildungsrate lag bei 4,1%, was dem erwarteten Hintergrundrisiko entspricht. Dabei wurde kein typisches Fehlbildungsmuster beobachtet. In diesem Kollektiv sind 926 Kinder nach mütterlicher Medikation mit Fluoxetin enthalten. Die Fehlbildungsrate gab mit 3,9% keinen Anlass zur Beunruhigung (Kallen & Otterblad Olausson 2007). Allerdings traten in einem Kollektiv von 73 im letzten Trimenon exponierten Kindern vermehrt Frühgeburten und Anpassungsstörungen auf (Chambers et al 1996). Die Frühgeburtlichkeit mag jedoch auch mit anderen Faktoren wie z. B. der psychischen Verfassung der Patientinnen zusammenhängen (Goldstein et al 1997b). Mehrere Fälle von Zittrigkeit und Erregbarkeit von Neugeborenen nach Anwendung von Fluoxetin in der Spätschwangerschaft wurden gemeldet (Goldstein 1995). Entzugssymptome fielen auch bei einem Frühgeborenen auf (McElhatton et al 1996). Wachstum, neurologische Entwicklung und Verhalten von 55 intrauterin im I.Trimenon exponierten Kindern unterschieden sich im Alter von 16 bis 33 Monaten nicht von einem Kontrollkollektiv (Nulman & Koren 1996; Loebstein & Koren 1997; Nulman et al 1997). In einer prospektiv kontrollierten Studie aus unserem Netzwerk ENTIS (European Network of Teratology Information Services) wird in einem Kollektiv von 314 Schwangerschaften unter Medikation mit Fluoxetin eine leicht erhöhte Rate für Herzfehler diskutiert (Diav-Citrin et al 2008). Grundsätzlich wäre eine Fortsetzung der Medikation mit Fluoxetin in moderater Dosis (z. B. 20 mg) vertretbar. Da Sie sich bereits im letzten Trimenon befinden, ist die sensible Phase der Organdifferenzierung längst abgeschlossen. Wir raten von einem kurzfristigen Absetzen einer langjährigen Therapie in der Frühschwangerschaft ab, weil sich dadurch die mütterlichen Beschwerden erfahrungsgemäß in der Schwangerschaft oft erheblich verschlechtern. Fluoxetin geht in geringen Mengen in die Muttermilch über (Isenberg 1990; Burch & Wells 1992; Lester et al 1993; Taddio et al 1996). Neben zahlreichen unauffälligen Verläufen liegen zwei Fallberichte über Komplikationen unter Fluoxetin in der Stillzeit vor: Bei einem exponierten Säugling wurde eine Kolik beobachtet (Lester et al 1993), in einem anderen Fall wird von Übererregbarkeit in den ersten beiden Wochen nach Beginn der Therapie im Alter von 3 Monaten berichtet (Isenberg 1990). Die Fluoxetin-Aufnahme durch den Säugling wird auf 15 bis 20 ug/kg/d geschätzt (Burch & Wells 1992). In einer anderen Untersuchung wurde eine Gesamtaufnahme von Fluoxetin und seinen aktiven Metaboliten von ca. 40 µg/kg/d ermittelt (Taddio et al 1996). Unter 11 Säuglingen, deren Mütter Fluoxetin einnahmen, traten keine Störungen auf. Bei 4 Mutter-Kind-Paaren wurden in der Muttermilch Fluoxetin-Spiegel zwischen 39 und 177 ng/ml gemessen. Verhaltenstests zeigten keine Auffälligkeiten in der kindlichen Entwicklung bei mütterlicher Therapie mit Fluoxetin in der Stillzeit. Der Säugling nimmt zwischen 3,3% (Duffull et al 1996) und 10% (Taddio et al 1996) der mütterlichen Dosis auf. Noch geringer ist der Übergang der verwandten Wirkstoffe Sertralin und Paroxetin in die Muttermilch.


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