Frage im Expertenforum Medikamente in der Schwangerschaft an Dr. med. Wolfgang Paulus:

Escitalopram / Quetiapin

Dr. med. Wolfgang Paulus

Dr. med. Wolfgang Paulus
Facharzt und Leiter der Beratungsstelle für Reproduktionstoxikologie an der Universitätsfrauenklinik Ulm

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Frage: Escitalopram / Quetiapin

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Ich habe einen großen Kinderwunsch, allerdings nehme ich momentan folgende Medikamente ein: 1 Mal täglich 1 Escitalopram Sandoz (20 mg, Wirkstoff: Escitalopram) 1 Mal täglich vor dem zu Bett gehen 1-2 Quetiapin Sandoz (25 mg, Wirkstoff: Quetiapin) Meine Fragen lauten nun: 1) Darf man diese Medikamente auch während der Schwangerschaft bzw. Stillzeit einnehmen? 2) Wenn nein, auf welche Medikamente mit selber Wirkung könnte ich während dieser Zeit bedenkenlos umsteigen? 3) Wie lange vor Eintritt einer Schwangerschaft müsste ich mit den Medikamenten aufhören, um das Kind nicht zu schädigen? Leider kennt sich mein behandelnder Arzt mit Medikamenten in der Schwangerschaft nicht so gut aus, daher vertraue ich lieber Ihnen! Vielen Dank für die Auskunft!!!


Dr. Wolfgang Paulus

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Für eine Risikobewertung dürfen Ihre betreuenden Ärzte gerne unser Institut kontaktieren. Mit Hilfe von EDV-gestützten Datenbanken vermitteln wir schnell und umfassend aktuelle Erkenntnisse über den Einsatz von Medikamenten in Schwangerschaft und Stillzeit. Für entsprechende Beratungen stehen wir werktags zwischen 8 und 18 Uhr gebührenfrei zur Verfügung: Institut für Reproduktionstoxikologie KH St. Elisabeth (Akademisches Lehrkrankenhaus der Universität Ulm) Elisabethenstraße 17 88212 Ravensburg Tel.: +49 751 87 2799 Fax: +49 751 87 2798 E-Mail: paulus@reprotox.de Internet: http://www.reprotox.de Bei Escitalopram (Cipralex) handelt es sich um das linksdrehende Enantiomer von Citalopram. Nach vorgeburtlicher SSRI-Medikation wurden bei Neugeborenen in einigen Fällen vorübergehende Anpassungsstörungen wie Zittrigkeit, Übererregbarkeit und erhöhter Muskeltonus beobachtet. Daher sollte in den ersten Lebenstagen auf entsprechende Symptome geachtet werden. Bei Bedarf wäre die Fortsetzung der Medikation mit Escitalopram in der Schwangerschaft durchaus vertretbar. Bei moderater Tagesdosis (5 – 10 mg) wären auch keine gravierenden Anpassungsstörungen beim Kind nach Geburt zu befürchten. Eine neuere Übersichtsarbeit sieht – wenn überhaupt – allenfalls ein geringes Risiko von weniger als 1% für die Entwicklung einer pulmonalen Hypertonie des Feten bei mütterlicher Therapie mit SSRI in der zweiten Schwangerschaftshälfte. Ein Verzicht auf eine erforderliche Behandlung der Mutter in der Spätschwangerschaft erscheint daher nicht sinnvoll ('t Jong et al 2012). Bei Quetiapin handelt es sich um ein neueres Neuroleptikum aus der Klasse der Dibenzothiazepine. In Tierversuchen mit Ratten und Kaninchen fand sich kein Anstieg der Fehlbildungsrate. In einer prospektiven Followup-Studie zur Anwendung von atypischen Neuroleptika in der Schwangerschaft registrierte man bei 151 exponierten Schwangeren im Vergleich zu einer Kontrollgruppe keine Zunahme von Aborten oder Fehlbildungen. Darunter befanden sich auch 36 Fälle mit einer Quetiapin-Medikation (McKenna et al 2005). Zuvor waren zwei Fälle publiziert worden, in denen Quetiapin während der gesamten Schwangerschaft in Dosen von 150 bis 300 mg/d verabreicht worden war. Die beiden Neugeborenen wiesen keine Anomalien auf (Tényi et al 2002; Taylor et al 2003). In einer Übersichtsarbeit wurden 2006 487 Schwangerschaftsverläufe unter mütterlicher Therapie mit Quetiapin zusammengefasst (Gentile 2006). Darunter traten lediglich acht Fälle von kongenitalen Anomalien auf (1,6%). Im Rahmen einer prospektiven Followup-Studie wurden von unserem Pharmakovigilanz- und Beratungszentrum zwischen 2001 und 2011 108 Schwangerschaftsausgänge nach Medikation mit dem atypischen Neuroleptikum Quetiapin in der Frühschwangerschaft dokumentiert. Ein Zusammenhang mit einem erhöhten Fehlgeburts- oder Fehlbildungsrisiko konnte nicht nachgewiesen werden. Wenn therapeutische Alternativen nicht ausreichend wirken, wäre der Einsatz von Quetiapin in der Schwangerschaft vertretbar, wobei eine möglichst moderate Dosis gewählt werden


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