Frage im Expertenforum Medikamente in der Schwangerschaft an Dr. med. Wolfgang Paulus:

Allergietabletten

Dr. med. Wolfgang Paulus

Dr. med. Wolfgang Paulus
Facharzt und Leiter der Beratungsstelle für Reproduktionstoxikologie an der Universitätsfrauenklinik Ulm

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Frage: Allergietabletten

Mitglied inaktiv

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Ist es möglich diese oder andere Allergietabletten während der Schwangerschaft einzunehmen oder raten Sie davon ab? Gibt es alternative Möglichkeiten (hömopathische?) gegen Allergien, die nicht gefährlich fürs Kind sind? Wenn ich die Tabletten vollkommend weglasse, und mir geht es dadurch nicht gut - wirkt sich das dann auch auf Kind aus? Vielen Dank


Dr. Wolfgang Paulus

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Bei allergischen Beschwerden der Atemwege sollten bevorzugt inhalative Präparate eingesetzt werden, da diese das Ungeborene über die Blutbahn kaum erreichen. Dazu zählt vor allem das bewährte Antiallergikum Cromoglicinsäure. Aber auch Glukokortikoide wie Budesonid (z. B. Pulmicort Topinasal) oder Mometason (z. B. Nasonex) sind bei Heuschnupfen in der Schwangerschaft geeignet. Bei Levecetirizin (Xusal) handelt es sich um die linksdrehende Form des schon länger bekannten Antihistaminikums Cetirizin. Eine Publikation berichtet von 39 Neugeborenen ohne Auffälligkeiten nach Exposition mit Cetirizin in der Schwangerschaft (Einarson 1997). Wir überblicken selbst 150 Schwangerschaftsausgänge nach Exposition mit Cetirizin (n=144) bzw. Levocetirizin (n=6) im ersten Trimenon: 9 x Schwangerschaftsabbruch (darunter 1 x Trisomie 18) 18 x Spontanabort 116 x unauffälliges Neugeborenes 7 x Fehlbildung (1 x Fußanomalie, 1 x Aortenstenose, 1 x Herzfehler, 1 x Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalte, 1 x Hautanhängsel Ohren bds., 1 x Leistenbruch) Ein einheitliches Fehlbildungsmuster lässt sich aus den Angaben nicht ableiten, so dass ein ursächlicher Zusammenhang mit der Medikation unwahrscheinlich ist. Die Anwendung von Cetirizin, Levocetirizin oder auch Loratadin erscheint nach dem ersten Schwangerschaftsdrittel akzeptabel. Unter den Antihistaminika finden sich keine nachweislich fruchtschädigenden Substanzen. Allerdings liegen bei vielen neueren Präparaten lediglich größere Erfahrungen aus Tierversuchen vor. Nach langjähriger Anwendung ergaben sich keine Anhaltspunkte für eine Fruchtschädigung bei Chlorphenamin (bei vielen Erkältungspräparaten in Kombination, z. B. Grippostad®) , Chlorphenoxamin (z. B. Systral®), Clemastin (Tavegil®), Dexchlorpheniramin (z. B. Polaronil®), Dimetinden (z. B. Fenistil®), Diphenhydramin (z. B. Benadryl®), Hydroxyzin (z. B. Atarax®) und Pheniramin (z. B. Avil®). Da die älteren Wirkstoffe häufig sedierende Effekte besitzen ist bei Langzeitbehandlung bis zur Geburt auf Schlaffheit und Entzugssymptome (Diarrhoe, Zittrigkeit) zu achten. Für das neuere Antihistaminikum Terfenadin (z. B. Teldane®), das kaum sedierende Eigenschaften besitzt, liegen inzwischen auch über 1.000 dokumentierte Expositionen in der Frühgravidität ohne auffällige Häufung von Anomalien vor. Entsprechendes ist für den neuerdings statt Terfenadin im Handel befindlichen Metaboliten Fexofenadin anzunehmen. Das bekannte Antiemetikum Meclozin, das häufig bei Schwangerschaftserbrechen eingesetzt wird, ist auch als Antihistaminikum wirksam. Das Collaborative Perinatal Project stellte bei 1.014 Schwangeren nach Anwendung von Meclozin im ersten Schwangerschaftsdrittel keine Häufung angeborener Anomalien fest (Heinonen et al 1977). In einer anderen Studie mit 613 Schwangeren wurde nach Medikation mit Meclozin im ersten Schwangerschaftsdrittel ebenfalls keine Zunahme von Fehlbildungen beschrieben (Milkovich & van den Berg 1976). Bei drei Fall-Kontroll-Studien über insgesamt ca. 1.300 Kinder mit angeborenen Störungen war Meclozin nicht überdurchschnittlich häufig vertreten (Mellin 1964; Nelson & Forfar 1971; Greenberg et al 1977).


Mitglied inaktiv

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... für ihre sehr ausführliche Antwort. Liebe Grüße Annika


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