Frage im Expertenforum Entwicklung von Babys und Kindern besser verstehen an Ingrid Henkes:

Unterdrückt Gefühle

Ingrid Henkes

 Ingrid Henkes
Analytische Kinder- und Jugendlichen­psycho­therapeutin

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Frage: Unterdrückt Gefühle

Amarena82

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Guten Tag, Mein Sohn, 5 Jahre, ist Bedürfnisorientiert erzogen, er kann sich bei mir öffnen und hat hier einen sicheren Raum. In der Vergangenheit gab es hier keine Probleme. Jetzt ist er in einer neuen Kiga Gruppe, der Vorschulgruppe sozusagen. Hier gibt es sehr strenge Regeln. Z.b. 3 x Trinkpause, gegen Ende darf man nicht mehr zur Toilette, die "Advendfee" bringt momentan täglich nur Kindern etwas ins Haus, die viel mithelfen. Die anderen bekommen nichts. Es gibt hier noch den stillen Stuhl. Da mein Kind sehr lebhaft ist eckt er wohl oft dort an. Er wird sanktioniert und geht bei der Fee bisher leer aus. Er trinkt nun auch schlecht zuhause, was ich auf die Trinkpausen schiebe und verschließt sich fast komplett. Er unterdrückt z.b. auch zuhause Tränen, erzählt fast nichts vom Kiga Alltag, lässt seinen Gefühlen keinen freien Lauf. Mir tut das so leid. Ich würde ihm gern helfen ohne ihn zu stressen. Was kann ich tun damit er sich wieder öffnet? Er sagt er wurde ausgelacht. Die Erzieherin ist sehr uneinsichtig im Gespräch und schiebt alles auf die Kinder. "Ja er muss sich einfügrn". "Er hat da Schwierigkeiten".


Ingrid Henkes

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Guten Tag, ich denke, das sind wirklich sehr seltsame pädagogische Maßnahmen, die Sie da beschreiben. Vermutlich wäre die Adventsfee sehr traurig, wenn sie wüßte, wie im Kiga Ihres Sohn mit dem Geist der Weihnacht umgegangen wird. Vielleicht können Sie sich mit anderen Eltern zusammentun, um diese Art der Pädagogik zu verändern. Andererseits ist es aber auch oft so, dass Kiga-Kinder häufig versuchen, "ihre" Angelegenheiten ohne die Hilfe der Eltern zu klären, bzw. auszuhalten. Deswegen erzählen sie den Eltern Vieles nicht. Oft ist Kindern ein Eingreifen der Eltern auch peinlich. Im Gespräch mit Ihrem Sohn können Sie versuchen herauszufinden, was er von Ihnen erwartet. Da Ihre Beziehung gut ist, wird er wissen, dass Sie ihn unterstützen, wenn er das möchte. Das ist das Entscheidende für ihn. Wenn er denkt, dass er das letzte halbe Jahr bis zur Schule noch erträgt, können Sie ihm das auch lassen. Für die kindliche Entwicklung ist es auch wichtig, unangenehme Situationen aushalten und bewältigen zu lernen. Das muss natürlich je nach Alter dosiert geschehen. Aber Sie haben Ihren Sohn ja gut im Blick und können gegebenenfalls eingreifen. Möglicherweise dürfte es Ihnen irgendwann schwer fallen, sich vor Ihrem Sohn nicht negativ über die Erzieherin zu äußern. Das wird ihm aber nicht helfen. Sie unterstützen ihn am Besten, wenn Sie ihn in seinem Selbstbild stärken und ihm vermitteln, dass er so wie er ist in Ordnung ist. Das schließt ja nicht aus, dass er das "Einfügen" vielleicht auch noch mehr lernen muss. Das sollte aber nicht geschehen, indem man Kinder entwertet oder auslacht. Ich wünsche Ihnen alles Gute. Ingrid Henkes


Curcuma

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Hallo, oh, das tut mir so leid für Euch. Das klingt ja ganz furchtbar, wie da mit den Kindern umgegangen wird! Gerade Belohnungs-/Bestrafungszenarien inkl. stiller Stuhl sind doch mittlerweile zu recht in Verruf geraten und wirken antiquiert. Das geht gegen jede moderne Erkenntnis, wie Kinder aufwachsen sollten. Willst Du nicht überlegen zu wechseln? Ich weiß, Dein Kind ist schon fünf, andererseits wäre es noch ein dreiviertel Jahr, das es aushalten müsste. Ist jetzt etwas dramatisch ausgedrückt, aber es klingt, als ob die Kinder da kaputtgemacht werden. :( Vielleicht gibt es in der Umgebung eine Einrichtung, die empathischer und kindgerechter arbeitet? Wenn das nicht möglich ist: Hast Du schon mit der Leiterin ein Gespräch gesucht oder nur mit der Erzieherin? Frau Henkes Idee, sich mit anderen Eltern zusammenzutun, finde ich klasse. Für solch ein Gespräch könntest Du Dich wappnen mit Erkenntnissen, z. B. hier https://www.elternleben.de/elternwissen/kita-kind/erziehung-und-bildung/time-out-sinnvolle-erziehungsmethode-oder-grausame-strafe/: Auszug: "Der Erziehungsexperte Jesper Juul wendet sich deutlich gegen Time-outs und begründet das folgendermaßen: „Wir dürfen niemals vergessen, dass Kinder nicht unterscheiden können, ob sie bestraft oder ausgeschimpft werden für etwas, was sie getan haben, oder für was sie sind. Sie sind sich dieses Unterschieds nicht bewusst, bevor sie 8-10 Jahre alt sind, und viele Erwachsene, die als Kind gekränkt worden sind, reagieren weiterhin so, als ob alles ihre Schuld wäre. Es nützt auch nichts, dies durch politisch korrekten Sprachgebrauch zu verdecken, sodass man nicht von Strafe, sondern von Konsequenz spricht“. Die große Gefahr beim Time-out ist also, dass das Kind sich als Person abgelehnt fühlt – auch wenn wir noch so sehr versuchen, diese Methode freundlich zu begründen. Das Kind erlebt nicht, dass wir schwierige Situationen gemeinsam mit ihm durchstehen – sondern, dass wir es, wenn es unsere Erwartungen nicht erfüllt, fortschicken." Oder hier auch interessant: https://www.gewuenschtestes-wunschkind.de/2013/06/auszeiten-warum-die-erziehungsmethode.html Ich wünsche Euch alles Gute!


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