Steffi2805
Sehr geehrte Frau Henkes, ich habe einen 26 Monate alten Sohn und eine 5 Wochen alte Tochter. Mein Sohn befindet sich mitten in der nachgeburtlichen Geschwisterkrise. Das äußert sich in extrem aufmüpfigen Verhalten (genau das machen, was nicht erlaubt ist; Sachen kaputt machen etc.) teilweise aggresivem Verhalten vorallem gegen mich als Mama, extremer Mamabezug (will nichts mehr mit Papa machen, fragt sofort nach Mama, sobald ich aus seinem Sichtfeld verschwinde). Vor der Geburt war er ein sehr kooperatives Kind - eher ruhig und zurückhaltend. Wir haben vor der Geburt viel über das Baby gesprochen (er ist sprachlich und kognitiv schon sehr weit für sein Alter) und, dass es viel weinen wird und nur an Mamas Brust trinken kann. Auch Bücher dazu haben ihn sehr interessiert. Wir als Eltern haben uns auch versucht bestmöglich vorzubereiten (Geschwisterbücher aus der artgerecht- und Wunschkind-Reihe). Anhand dieser Tipps haben wir auch versucht die Zeit nach der Geburt zu gestalten. Für unseren „Großen“ hat sich in seinen Routinen möglichst wenig verändert. Ich verbringe jede stillfreie Minute mit ihm. Spiele viel aktiv mit ihm. Versuche ihn immer miteinzubinden bei der Versorgung der Kleinen oder parallel mit ihm zu singen/vorlesen etc. Meist möchte er toben, also setze ich mich zum Stillen auf die große Couch, halte das Baby auf der sicheren Seite und tobe und spiele zur anderen Seite gewandt mit ihm. Ich beziehe ihn beim Kochen und Putzen mit ein (das macht er sehr gerne), damit er sich gebraucht fühlt. Das abendliche zu Bett gehen, das auch Papa oft gemacht hat, übernehme nun immer ich, wenn er das fordert (was mittlerweile täglich so ist). Papa wird mittlerweile regelrecht hysterisch abgelehnt. Auch nächtliches Aufwachen übernehme ich komplett, weil er mich einfordert. Ich verbringe somit deutlich mehr Zeit mit ihm alleine, als vor der Geburt, wo vieles auch mit dem Papa ging. Das wäre soweit alles noch ok für uns, aber sein Verhalten wird einfach nicht besser. Jede Stillphase ist für ihn trotzdem ein Drama, jede Minute, in der ich das Baby halte ist für ihn unaushaltbar. Er sucht sich dann gezielt etwas, dass er nicht darf und wiederholt das immer wieder. Manchmal richten sich seine Aggressionen auch gegen das Baby, aber selten. Wir versuchen möglichst nicht zu schimpfen. Zwar sagen wir deutlich, was nicht ok ist, aber es wird nicht geschimpft. Aber er ignoriert das nur und macht immer weiter. Selbst wenn man ihn aus der Situation nimmt und ihm vorschlägt mit ihm etwas anderes zu machen, wird das meist ignoriert und wieder zu dem „Verbotenen“ zurückgekehrt. Mittlerweile habe ich den Kontakt zum Baby, wenn er dabei ist, wirklich auf das Stillen reduziert, da auch die Anwesenheit des Babys in der Trage nur sehr schwer von ihm toleriert wird. Ansonsten widme ich mich im Alltag immer ihm. Wir sorgen auch für viel Exklusivzeit mit Mama, wo das Baby wirklich nicht in der Nähe ist. Aber das „Provozieren“ nimmt kein Ende und auch nahezu alle Alltagssituationen ohne Baby eskalieren nun regelmäßig in Wutausbrüchen, sodass er fast nicht mehr beruhigt werden kann. Ich achte sehr auf liebevolles Begleiten der Wutausbrüche. Aber mittlerweile liegen alle Nerven in der Familie blank und es kommt doch ab und zu auch zu verbalen Ausrastern von uns Eltern, was zu noch mehr Geschrei und Wut meines Sohnes führt. Ich merke, dass er von der Situation „Baby“ überfordert ist und aus dem Grund kommt er auch mit minimalem Alltagsfrust plötzlich überhaupt nicht mehr klar. Sobald etwas minimal nicht nach seinen Vorstellungen läuft flippt er total aus und ist überfordert und von seinen Gefühlen überwältigt. Wenn das Baby mal weint, eskaliert er auch komplett und schreit „nicht weinen!!“ und läuft herum und kreischt selbst wie verrückt. Wir haben nun mit ihm beschlossen, dass es ihm hilft die Ohren zuzuhalten und Mama dann versucht das Baby schnell zu trösten, damit es wieder leise ist und ich wieder mit ihm spielen kann. Seitdem ist es etwas besser. Aber wir sind einfach völlig ratlos, wie wir ihm und uns die Situation erleichtern können. Gefühlt wird es jeden Tag schlimmer, was natürlich auch daran liegt, dass der Geduldsfaden bei allen immer schneller reißt. Am schlimmsten ist es zuhause. Draußen und bei anderen (z.B. Oma) ist er erwas gemäßigter in seinen Ausbrüchen. Unser Alltag ist nur noch angespannt und anstrengend für alle. Von den Tagen, an denen Papa in der Arbeit ist und mal keine Oma Zeit hat mit dem Baby zu helfen, möchte ich erst gar nicht sprechen. Da lebe ich in ständiger Anspannung, dass er sich selbst, mich oder das Baby verletzen könnte durch sein Toben oder die Einrichtung und seine Spielsachen komplett zerstört. Wir haben wirklich versucht alle Expertentipps aus Büchern, Blogs und Foren umzusetzen. Nichts scheint ihm zu helfen mit der Situation klarzukommen. Gibt es irgendeinen Rat, den Sie uns geben könnten, um es für alle erträglicher zu machen? Entschuldigen Sie die lange Ausführung, ich wusste nicht, wie ich unsere Situation realitätsnah kürzer hätte schildern können. Freundliche Grüße Stefanie
Guten Tag, für einen Zweijährigen sind fünf Wochen eine kurze Zeit, um die Entthronung durch ein Geschwister zu verkraften und die Rivalität zum neuen Familienmitglied zu bewältigen. Für Ihren Sohn ist die Schwester ein Eindringling, der ihn unbewusst massiv gefährdet. Er muss fürchten, durch die Geburt der Schwester Ihre Liebe zu verlieren. Das ist für einen Zweijährigen eine unerträgliche Bedrohung. Er versucht also mit allen Mitteln, sich Ihre Aufmerksamkeit zu erhalten. Er hat bereits gelernt, dass negative Aufmerksamkeit oft besonders wirksam ist. Daher übertritt er Ihre Gebote. Mit zwei Jahren ist Ihr Sohn nun vermutlich in der sogenannten Trotzphase. Er lernt seinen Willen kennen und will ihn durchsetzen. Das macht die aktuelle Phase besonders schwierig. Für die psychische Entwicklung ist es wichtig, dass Kinder ihren Willen erproben lernen. Zugleich müssen sie jedoch auch lernen, Grenzen zu akzeptieren und die damit verbundenen Frustrationen zunehmend besser ertragen zu lernen. Die Entwicklung von Frustrationstoleranz ist ein Prozess, der Zeit benötigt. Für Ihren Sohn ist es also wichtig, dass Sie seine Wutanfälle ertragen und ihm hindurch helfen, wie Sie es bereits machen. Er muss aber auch lernen, dass Sie ihn deutlich begrenzen. Es ist nicht notwendig, dass Sie ihm mehr Aufmerksamkeit widmen als vor der Geburt der Schwester. Diese braucht Sie ja auch. Ihr Sohn muss sich sicher werden, dass Sie ihm so viel Aufmerksamkeit schenken wie der Schwester. Er kann auch lernen, dass Sie während des Stillens nicht mit ihm toben können. Dann ist vielleicht Vorlesen möglich. Sie müssen es zudem aktuell nicht Ihrem Sohn überlassen, ob er etwas mit seinem Vater machen möchte. Dieser ist eine der beiden wichtigsten Bezugspersonen in seinem Leben. Er ist bei ihm bestens aufgehoben. Ihr Sohn muss also nicht unbedingt an dieser Stelle seinen Willen durchsetzen. Trotz aller Rivalität zur Schwester ist es für Ihren Sohn wichtig zu erleben, dass die Schwester einen gleichberechigten Platz in Ihrer Familie hat und genauso geliebt wird wie er. Wenn Kinder den Eindruck haben, den Rivalen tatsächlich vertreiben zu können, gefährdet das ihre eigene Position. Es wäre dann vorstellbar, dass sie ebenfalls vertrieben werden könnten. Sie durchleben gerade eine besonders anstrengende Familienphase. Das wird sich jedoch auch wieder ändern. Sie unternehmen viel, um Ihrem Sohn zu helfen die Entthronung zu bewältigen. Das wird ihm mit der Zeit gelingen. Die Trotzphase wird er mit Ihrer Unterstützung ebenso bewältigen. Sie dürfen zur Zeit mehr an sich denken. Fünf Wochen nach der Geburt benötigen Sie noch Zeit, um sich zu erholen. Vielleicht hilft dieser Gedanke Ihnen, Ihrem Sohn neben aller Aufmerksamkleit auch Grenzen zu setzen. Sollten sie den Eindruck haben, dass sich das Verhalten Ihres Sohnes mit der Zeit nicht beruhigt, können Sie sich an eine Säuglings- und Kleinkindambulanz oder Familienberatungsstelle wenden, um dort Unterstützung zu erhalten. Ich wünsche Ihnen alles Gute. Ingrid Henkes
ZippZappZeppelin
Hey, Wir sind in einer ähnlichen Situation (die Große ist jetzt 2,5 Jahre), aber nicht ganz so arg bzw wir haben andere BaustellenT. rotzdem liegen auch bei mir die Nerven immer wieder blank, ich fahre die Große an und es tut mir dann natürlich total leid, aber ich kann manchmal nicht anders. Wollte dir mitteilen, dass es bei uns tatsächlich so 5-6 Wochen nach der Geburt am schlimmsten war. Jetzt sind 8 Wochen vergangen, sie ist immer noch sehr auf mich fixiert, aber nimmt auch immer besser den Papa an. Eine Zeit lang durfte er sie nicht mal ins Bett bringen und sie hat dann einmal so gezornt, dass sie sich übergeben musste.. Bei uns ist es auch besser geworden, als mein Mann wieder arbeiten ging und wir wieder unseren normalen Alltag hatten, auch wenn sich das irgendwie gemein anhört. Ich versuche auch mittlerweile, nicht jeden Kampf auszufechten und lasse mal Fünfe gerade, das kostet mich sonst einfach zuviel Kraft und Nerven. Es gibt aber auch Tage, da würde ich am liebsten heulen.. Habt ihr es mal versucht, dass er sich in den Stillphasen einigermaßen allein beschäftigt, oder mag er das gar nicht? Tiptoi, stempeln, stickern o.ä.? Wir spielen auch manchmal Spiele, die halt mit einer Hand auf dem Sofa funktionieren. Stundenlanges Vorlesen derselben Bücher war ich irgendwann leid. Ich habe gerade angefangen, "das gewünscheste Wunschkind aller Zeiten treibt mich in den Wahnsinn - das Geschwisterbuch" zu lesen. Eigentlich mag ich Ratgeberliteratur nicht so, aber ich habe uns in einigen Punkten tatsächlich wieder erkannt und das Eine oder Andere schon für uns mitnehmen können.
Katharina90
Hallo Steffi, mehr als ein Jahr nach dir befinden wir uns in einer ähnlichen Situation. Wie ist es bei euch denn weiter verlaufen? Wann wurde es denn besser? Hast du vielleicht Tipps oder heißtes wie immer abwarten und aushalten? Alles Liebe, Katharina
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