Frage im Expertenforum Entwicklung von Babys und Kindern besser verstehen an Ingrid Henkes:

Geräuschempfindlichkeit und allgemeine Ängstlichkeit mit 15 Monaten

Ingrid Henkes

 Ingrid Henkes
Analytische Kinder- und Jugendlichen­psycho­therapeutin

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Frage: Geräuschempfindlichkeit und allgemeine Ängstlichkeit mit 15 Monaten

Lankojärvi

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Guten Tag Frau Henkes, unser Sohn ist 15 Monate alt und seit Geburt sehr geräuschempfindlich, auch hat er früh begonnen zu fremdeln (mit vier Monaten). Er ist temperamentvoll und hatte immer wieder mehrwöchige Phasen, in denen er sehr sensibel und ängstlich war. Auf laute Geräusche reagiert er durchgehend regelrecht panisch. So erschrickt er meist sehr, wenn jemand niest, hustet oder schneuzt und brüllt dann aus Leibeskräften. So heftig wie in den vergangenen Wochen war es aber noch nie. Kürzlich lief ein bellender Hund an uns vorbei und der Kleine brüllte vor Schreck nicht wie sonst, sondern war völlig erstarrt und nahm mich erst einmal gar nicht wahr. Zurzeit hat er zusätzlich vor so vielem Angst, was er vorher lustig oder interessant gefunden hatte, z.B. ausgeschaltete Elektrogeräte oder Tiere in Bilderbüchern. Er sucht die Objekte, die ihm Angst machen, regelrecht auf, deutet darauf und beginnt zu schreien oder schüttelt heftig den Kopf, ein typisches Anzeichen von Stress bei ihm. Mein Mann und ich versuchen natürlich umgehend, ihn zu beruhigen, wenn er solche Angst hat. Nun wüssten wir aber gerne, welche Entwicklungsphase unser Sohn gerade durchmacht, die ihn so ängstlich sein lässt. Kognitiv passiert derzeit offensichtlich einiges bei ihm; seit ein paar Wochen erkennt er sich im Spiegel und deutet auf sich, wenn man fragt: „Wo ist S.“? Er geht seit etwa sechs Wochen sicher und spielt mit großer Freude Verstecken und bekocht und füttert gerne seine Stofftiere und uns. Gehen diese Entwicklungen öfter mit starker Angst einher? Was können wir noch tun, um unserem Sohn Sicherheit zu geben? Er mag es oftmals nicht zu kuscheln, wenn dies von uns ausgeht (dies war schon immer so), aber er sucht während des Tages von sich aus immer wieder Körperkontakt durch kurze Berührungen, dies zurzeit mehr als zuvor. Und noch eine abschließende Frage: Kommt es häufiger vor, dass Kinder so heftig auf Geräusche wie etwa Niesen reagieren? Diese Empfindlichkeit zieht sich seit Geburt durch und ist kein neues Phänomen der letzten Wochen. Ich habe hier schon einmal andere Eltern hier im Forum gefragt, aber niemand schilderte ähnliche Erfahrungen. Schon einmal vielen Dank für Ihre Antwort!


Ingrid Henkes

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Guten Tag, es ist gar nicht so selten, dass Kleinkinder Angst vor lauten Geräuschen haben. Die Wahrnehmungsorgane können auf Reize noch sehr sensibel reagieren. Zudem überraschen Geräusche wie Niesen oder Hundegebell Kinder oft unvorhersehbar. Das kann einen Schreck auslösen. Außerdem können sie sich Geräuschen nicht selbständig entziehen. Beim Hören kann man nicht wie beim Sehen einfach die Augen schließen. Man muss sich entfernen. Diese Möglichkeit lernt Ihr Sohn gerade erst zu nutzen. Mit dem Laufen eignet Ihr Sohn sich eine neue Wahrnehmung seiner Umgebung an. Er sieht alles aus einer neuen Perspektive. Er kann nun zu den erschreckenden Elektrogeräten laufen, sie erkennen und sich auch wieder entfernen. Unterstützen Sie ihn dabei, sich an Geräusche zunehmend zu gewöhnen. Da darf z.B. der Staubsauger auch ruhig mal schlafen und ganz leise sein. Trösten und beruhigen Sie Ihren Sohn, wenn er wegen der Geräusche weint. Bestätigen Sie ihm, dass das Geräusch wirklich sehr laut war, dass also seine Wahrnehmung stimmt. Zunehmend kann dazukommen, dass das Geräusch laut aber harmlos ist. Sie sollten auch versuchen, ihm laute Geräusche wie z.B. das Staubsaugen zunächst noch zu ersparen. Neue Phasen gehen in der Kinderentwicklung häufig mit neuen Ängsten einher, die das Kind zu bewältigen lernen muss. Mit der Unterstützung der Eltern gelingt dies Kindern. Ihr Sohn fühlt sich bei Ihnen sicher, weil Sie ihn durch die Angst begleiten. Er erfährt dabei auch, dass Sie vor all diesen Wahrnehmungen keine Angst haben. Lassen Sie Ihrem Sohn Zeit, sich an ihm bedrohlich erscheinende Außenreize mehr zu gewöhnen. Das wird ihm mit fortschreitender Entwicklung gelingen. Ich wünsche ihnen alles Gute. Ingrid Henkes


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