Frage im Expertenforum Entwicklung von Babys und Kindern besser verstehen an Ingrid Henkes:

Autonomiephase bringt uns an unsere Grenzen

Ingrid Henkes

 Ingrid Henkes
Analytische Kinder- und Jugendlichen­psycho­therapeutin

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Frage: Autonomiephase bringt uns an unsere Grenzen

Tat.jana

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Hallo Frau Henkes, mein Sohn wird Anfang November schon 3 Jahre alt. Er ist schon immer eine starke Persönlichkeit gewesen und wir sind sehr froh, dass er sich selber total gut einschätzen kann, neugierig und wissbegierig ist, kognitive sehr fit.  Seit längerer Zeit befindet er sich schon in seiner Autonomiephase. Seit etwa 3 Monaten sind Emotionen nochmal sehr stark Thema bei uns. Einhergehend mit Grenzen. Wir wissen, dass es entwicklungsbedingung alles in Ordnung ist, wenn er zum Beispiel Wut empfindet, wenn etwas seine Vorstellungen erschüttert.  Was uns an unsere Grenzen bringt sind die täglichen 'Machtspiele' und Konflikte, wenn es um unsere elterlichen Grenzen, sowie alltägliche Abläufe geht.  Zum Beispiel gestaltet sich das Anziehen für die Kita/Bett/Spielplatz immer durch seine Verweigerung. Er rennt weg, schmeißt Dinge durch die Gegend, schreit rum. Und was sehr belastend ist- er wird handgreiflich. Er kneift und schlägt uns teilweise, zieht an den Haaren oder an der Kleidung. Unsere Aufforderung damit aufzuhören werden konsequent ignoriert, wir haben den Eindruck das es eine Art Spiel für ihn ist. Nun gipfelt es darin, dass wir ihn dann schon anschreien, weil wir uns wirklich nicht gehört fühlen und auch den Raum verlassen um unsere Wut nicht an ihm auszulassen. Es fühlt sich an wie ein heftiges Hamsterrad aus dem wir alle nicht rauskommen. Wir respektieren stets jedes 'Halt Stop/Hör auf' von ihm( es sei denn wir müssen wirklich los/Schlafenszeit), um ihm vorzulegen dass auch er über sich und seine Grenzen entscheidet. Wir versuchen Übergänge im Alltag für ihn anzukündigen und so sanft wie möglich zu gestalten, aber es gipfelt immer in einem heftigen Konflikt. Auch im Alltag überschreitet er permanent vorallem meine Grenzen. So ' verbietet ' er mir mich mit meinem Mann zu unterhalten oder vor mich her zu singen und hält mir dann auch seine Hand vor den Mund. Letzte Nacht lag er neben mir und ist ausgerastet, weil ich geatmet habe. Ich bin im 8.Mont schwanger und merke dass mich die Situation sehr belastet, genauso wie meinen Mann und vermutlich auch meinen Sohn. Wir wollen ihn nicht anschreien und vor Wut/Erschöpfung/Handlungsunfähig nicht unfair zu ihm werden und zum Beispiel mit Verboten oder Sanktionen drohen. Ich fühle mich dabei richtig schlecht und habe Angst, dass das unsere Beziehung zu ihm in irgendeiner Form schadet.  Ich habe mal gelesen, dass die Autonomiephase mit Handgreiflichkeiten seinen Höhepunkt erreicht bevor es dann wieder entspannter wird.  Ist das also alles normal was bei meinem Sohn passiert? Wie können wir ihn unterstützen unsere Grenzen zu akzeptieren? Haben sie Ideen wie wir aus diesem Hamsterrad aussteigen können? Ich bedanke mich im voraus bei Ihnen! Viele Grüße   


Ingrid Henkes

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Guten Tag, das Verhalten Ihres Sohnes ist durchaus nicht ungewöhnlich in diesem Alter. Allerdings sind Grenzen etwas, was ein Dreijähriger nicht von sich aus akzeptieren muss. Sie müssen vielmehr von den Eltern durchgesetzt werden. So erkennt ein Kind, dass es starke Eltern hat. Das ist für die psychische Entwicklung sehr bedeutsam, weil Kinder sich durch diese Erfahrung von den Eltern gut beschützt fühlen können. Ein Dreijähriger spürt, dass er noch recht klein und hilflos ist und daher die Eltern mit ihrer Stärke braucht, um sich sicher zu fühlen. Möglicherweise trauen Sie Ihrem Sohn schon zuviel zu. Dreijährige können sich in der Regel noch nicht selbst einschätzen und benötigen dringend die Orientierung an den elterlichen Vorgaben und die Regulierung durch die Eltern. Dreijährige dürfen versuchen, ihre Macht zu erproben. Es muss aber klar werden, wer die Entscheidungen trifft und dass Ihr Sohn sie zunehmend befolgen muss. Dafür müssen Sie sorgen und den Ausstieg aus dem "Hamsterrad" beginnen. Ihr Sohn kann Ihnen dabei nicht helfen. Dafür ist die geistige Entwicklung bei Dreijährigen noch nicht genügend fortgeschritten. Für Ihren Sohn ist es wichtig, dass Sie möglichst ruhig und geduldig bleiben. Er will Sie ja nicht ärgern, sondern ist in einem schwierigen Entwicklungsprozess, der ihn an seine Grenzen bringt. Es ist sinnvoll, dass Sie mit Ihrem Sohn über seine Gefühle sprechen. Wichtig ist dabei, dass Sie den Zusammenhang herstellen zwischen der von Ihnen gesetzten Grenze und seiner Wut. " Ich kann verstehen, dass du wütend bist, weil du xy nicht darfst. Das ist wirklich blöd für dich. Aber es geht nun mal nicht." Trösten Sie Ihren Sohn, damit er sich von Ihnen mit all seinen schwierigen Gefühlen verstanden fühlt. Um sein Verhalten allmählich mehr zu regulieren, können Sie ihm wenige aber eindeutige Grenzen setzen. Sie sollten sich seine Handgreiflichkeiten nicht zumuten, sondern ihn daran hindern Ihnen weh zu tun. Sie müssen sich von ihm auch nichts verbieten oder den Mund zuhalten lassen. Stellen Sie auf kindgemäße Weise klar, "Wir sind die Bestimmer. Kinder können das nicht sein". Sie brauchen nicht zu befürchten, dass die Beziehung zu Ihrem Sohn unter solchen Vorgaben leidet. Sie geben ihm vielmehr Sicherheit und lassen ihn zunehmend Ihre Grenzen akzeptieren. Kinder wollen in der Regel mit ihrem Verhalten das Wohlwollen der Eltern bekommen. Ich wünsche Ihnen alles Gute. Ingrid Henkes


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