Elternforum Rund um die Erziehung

Wir brauchen Hilfe

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isik

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Hallo liebe Eltern, Unsere Familie steckt aktuell in einer Krise. Seit einem guten halben Jahr haben wir immer mehr Probleme mit unseren fast dreijährigen Sohn. Er kann ein fröhlicher, liebervolle Junge sein und er hat extremen Bewegungsdrang. Schon kurz nach seinem ersten Geburtstag fing bei ihm die Autonomiephase an. Doch mit zunehmenden Alter werden seine Wutausbrüche häufiger und schlimmer.  Allgemein müssen wir Eltern uns zugestehen, dass wir eine Zeit lang inkonsequent gewesen sind und um teilweise Wutausbrüche zum umgehen. Mittlerweile beißt und tritt unser Sohn uns, macht Dinge kaputt und wirft sie rum. Wir haben ihn mehrfach versucht zu erklären, dass er unsere Grenzen überschreitet. Und das auf verständnisvolle, bedürfnisorientierte Art. Doch da wir darin keine Wirkung sehen, verfallen wir allmählich in alte Muster wie wir als Kinder erzogen wurden. Beispielsweise aufs Zimmer schicken. Egal was wir machen, wir schaffen es nicht eine ordentliche Verbindung zu unserem Kind aufzubauen. Aktuell haben wir das Gefühl, dass er überhaupt nicht mehr kooperiert. Mein Mann freut sich nicht mehr aufs Wochenende, da es anstrengend und nicht schön ist. Auch die Paarbeziehung leidet immer mehr darunter. Daher wollte ich mit euch in Erfahrungstausch treten . Steckt jemand in der selben Situation?  Mittlerweile sind wir an dem Punkt wo wir über professionelle Hilfe nachdenken. Wohin oder an wen können wir uns wenden? Liebe Grüße


Caot

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Ich denke, dass Ihr unbewusst etwas macht, was eben nicht bedürfnisorientiert ist und euer Kind dagegen rebelliert. Was es genau ist, ist schwierig aus der Ferne zu beurteilen.  Hauen, Beißen, treten ..... das bis zur Erschöpfung aller ist nicht normal. Icr solltet eine Erziehungsberatung in Erwägung ziehen. Google doch mal für eure Stadt/Gemeinde. Die Caritas bietet so etwas an, aber auch Jugendämter können da eine Hilfe sein. Wenn nicht selbst, wissen Sie an wen Du Dich wenden kannst. Bei uns gibt es das Haus der Familie. Auch im Kiga kann man fragen oder den Kinderarzt.


Jenpatoka

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Hallo, ich gebe mal ein paar Denkanstöße und Tipps und ihr schaut, was ihr davon so o.ä umsetzen möchtet. - manchen Kindern hilft es feste Rituale in den Alltag einzubauen, z.B. den Tag mit einem kurzen Vers beginnen, jeden Abend gemeinsam die Kleidung für den nächsten Tag rauslegen usw. - manchen Kindern hilft es den Tages und Wochenablauf durch Bilder zu visualisieren, z.B. anziehen, frühstücken, zähnputzen, in die Kita gehen, nachmittags zum Turnen o.ä., abendessen usw. - wenn ihr das nutzen wollt, könnt ihr ja überlegen, wie weit ihr das für das Kind aufdröseln möchtet. An Tages, an denen keine festen Termine anstehen, kannst du auch das Kind fragen am Morgen was es machen möchte (nur anbieten, wenn du es umsetzen kannst) und dann hängt ihr das Bild für den besagten Tag auf- so lernt es unter anderem auch, was war gestern, was ist morgen dran, wie heißen die Wochentage, sich anhand eines Plans zu orientieren usw. - wenn er Bücher mag, Themen wie Gefühle dadurch besprechen und gemeinsam überlegen, was er machen könnte, wenn die Wut aufsteigt bzw. ihn versuchen erst einmal eine Lösung finden zu lassen. Dazu könnte man auch ein Bild malen lassen, das er sich im Zimmer oder so aufhängt als Erinnerung. - kleine Rollenspiele mit Kuscheltieren, Legofiguren o.ä. machen, in dem du auch mal das Thema Gefühle wie Wut einbauen kannst. - klar und deutlich formulieren "Nein, hör auf. das tut mir weh." wenn er euch wieder haut und dabei seinen Arm festhalten. - lasst euren Sohn viel mithelfen (wenn er möchte), vieles geht schon wie weiches Obst und Gemüse für die Mahlzeiten schneiden, Waschmaschine ein- und ausräumen, seine Kleidung aussuchen (ihr gebt aber noch den groben Rahmen vor z.b. bei Kälte warme Hose und Pulli), Lebensmittel in den Einkaufswagen legen, Tisch nach den Mahlzeiten abwischen - vielleicht wäre ein Papa- Sohn Tag oder zumindest Nachmittag schön. Nur die beiden gehen zum Schwimmen, Fahrrad fahren, werkeln etwas, Waschen das Auto o.ä. - anfangs viel loben, wenn er etwas gut gemacht hat, sich an die Regeln gehalten hat usw. - möglichst nicht schimpfen, wenn die Wut so stark herauskommt, so dass er euch haut. Ggf Hilfe durch Umarmung o.ä. anbieten. - versucht viel Bewegung in den Alltag einzubauen.   Wie meine Vorschreiberin schon erwähnte in (fast) jeder Stadt gibt es Familienberatungsstellen, die rund um das Thema Erziehung beraten können.   Was mir noch einfällt, den Kinderarzt nach Rezept für Ergotherapie fragen. Dort kann die Therapeutin/ der Therapeut in Kleingruppen an der sozialen Interaktion mit anderen Menschen spielerisch arbeiten.   Viele Grüße Jenpatoka


Piccadilly

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Wir hatten ähnliche Probleme. Da wir in der Kita eine Familienberatung haben, habe ich mich dahin gewendet und es war genau die richtige Entscheidung! Es wurde alles gefragt: von der Schwangerschaft bis zur Geburt, unser Familienalltag etc. Und nie hätte ich vermutet, dass WIR das Problem waren. Wir haben zu viele Sachen gemacht, die man im Alltag eben machen musste (wir haben noch ein Pferd also Stall misten, mit dem Hund spazieren gehen, Haushalt etc.). Die Familienberatung hatte mir klar gemacht, dass das keine effektive Spielzeit ist, das sei ein "Mitlaufen". Auch wenn das Kind hilft. Es hat ja quasi keine andere Wahl. Klar habe ich mein Kind auch ins Zimmer geschickt aber das sei laut Familienberatung total kontraproduktiv. Das Kind schreit nach Hilfe, weiß sich nicht anders auszudrücken und man schickt es dann alleine ins Zimmer und macht die Sache schlimmer. Mein Kind hat auch eine Antenne wenn mein Mann und ich uns unterhalten. Ändert sich die Tonart (gestresst, unzufrieden etc.) reagierte mein Kind mit Rumschreien. Ich musste also erstmal unseren Tagesablauf total überdenken. Natürlich gibt es Tage wo wir zum Stall MÜSSEN, anders geht es nicht. Aber ich muss mir auch die Zeit für mein Kind nehmen. Fragen, was es heute gerne spielen möchte: Spielplatz, Garten, Wald.....das Kind darf auch Entscheidungen treffen. Auch wenn wir mit dem Hund rausgehen dann darf er schonmal entscheiden WO wir spazieren gehen (Wald, da wo der Bach ist....). Auch haben mein Mann und ich gelernt ruhiger zu kommunizieren und Probleme dann anzusprechen wenn Kind im Bett ist. Wir arbeiten auch viel mit der Uhr. Wenn ich unbedingt noch was im Haushalt erledigen muss dann hab ich gesagt "bis der große Zeiger auf der 3 steht, dann komme ich zum spielen" und er hat immer geduldig auf die Uhr geschaut und kam dann angerannt wenn es soweit war. Dann muss aber auch alles stehen und liegengelassen werden und dann ist Kind-Zeit. Als seine Uroma im Krankenhaus lag und wir sie besucht hatten gab es irgendwann Drama mit Rumrennen etc. Obwohl er seine Autos dabei hatte wurde ihm irgendwann langweilig. Dann haben wir ihm erklärt, dass man im Krankenhaus ruhig sein muss und dass er es sagen soll, wenn ihm langweilig ist. Als mein Vater dann im Krankenhaus lag hat er nach einer Zeit gesagt "Mama, mir ist langweilig". Kein Drama, er hat es gesagt, reagieren und fertig. Loben! Die Probleme gehen nicht direkt morgen weg aber ich hatte dann ein Vorzeigekind, kaum zu glauben aber wahr! Viel Erfolg!


Caot

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Danke für deinen Beitrag. Endlich mal einer bei dem ich, ob der haarsträubenden Informationen, nicht den Kopf schütteln muss.  Es liegt immer an uns.  Ausnahmen bestätigen natürlich die Regel.  Ich kann verstehen, dass wir das nicht hören wollen. Aber es läuft etwas schief, wenn ein Kind haut oder beißt oder "nicht mehr lieb zu mir ist" (wie im Thread weiter unten). Diese Threads ähneln sich alle sehr.  Ich empfehle allen frischen Eltern sich in den Bibliotheken durch das Angebot an Literatur zu bewegen, um von Anfang an sich das Leben leichter zu machen.


kia-ora

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Habt ihr euch wirklich mit bedürfnisorientierter Erziehung auseinandergesetzt?  Dann wisst ihr sicherlich, dass Kinder ein Bedürfnis nach Grenzen und Halt haben, sprich sie brauchen Eltern, die Regeln vorgeben und nicht kuschen, wenn es schwierig wird. Heutzutage ist letzteres leider groß im Mode.


Bonniebee

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Hallo, bei kleinen Kindern helfen Erklärungen wenig, auch wenn sie gut gemeint sind. Sie können ihr eigenes Verhalten noch nicht reflektieren. Das Problem eures Sohnes ist zudem ja nicht, dass er nicht wüsste, was richtig und falsch ist. Natürlich weiß er in diesem Alter längst, dass es unerwünscht ist, mit Dingen zu werfen. Das Problem liegt also woanders. Dein Sohn ist ein normaler Junge. Aber er wünscht sich von euch auch Halt, Orientierung und Führung. Sein Job als kleines Kind ist es, Grenzen zu überschreiten, und euer Job als Erwachsene ist es, diese Grenzen durchzusetzen, wo sie wichtig sind. So sind alle immer gut beschäftigt, das ist der normale Alltag mit Kleinkind.  Konkret steckt ihr allerdings in einem Teufelskreis. Euer Sohn nervt euch (verständlicherweise), ihr reagiert hilflos und ablehnend, er ist frustriert und erzwingt deshalb noch mehr (negative) Aufmerksamkeit. Das Problem ist, dass beide Seiten kaum Positives vom anderen erleben: Dein Sohn bekommt wenig gutes Feedback, und ihr von ihm ebenfalls. Dieser Kreis wirkt selbstverstärkend. Was sich bei meinen Kindern bewährt hat, waren zwei Dinge. Ich erzähle sie einfach mal. Ich habe keine "Folgen" und "Konsequenzen" mehr verhängt, denn diese sind nach neueren Erkenntnissen auch Strafen. Das Kind erkennt nicht den spitzfindigen Unterschied zwischen "Folge" und Strafe und fühlt sich auch durch "Auszeiten" bestraft. Strafen und Konsequenzen haben auch in Studien ihre Wirkungslosigkeit bewiesen. Sondern was ich gemacht habe: Ich habe mich immer sofort in der jeweiligen Situation durchgesetzt. Das ist am einfachsten. Alles wurde sofort gelöst und dann abgehakt. Wenn dein Sohn mit Dingen wirft, hältst du seinen Arm fest und sagst klar und deutlich: "Nein! Wir werfen nicht mit Sachen!" Dieser knappe Satz reicht, er versteht ihn problemlos. Danach nimmst du ihn aus der Situation heraus. Das geht am besten durch Ablenkung. "Ich werde jetzt staubsagen, willst du auch mitmachen?" "Ich mache jetzt Obstsalat, du bekommst ein kleines Messer und darfst mir beim Schnibbeln helfen, ja?"  Das zweite Wichtige ist positive Aufmerksamkeit, Lob und Bestärkung. Kinder wollen nicht immer nur spielen, sie wollen sich auch wichtig und gebraucht fühlen in der Familie. Sie können beim Einkauf helfen, mitplanen, was gekocht werden soll, Gemüse schnibbeln, beim Putzen mitmachen, beim Wäschefalten, Heimwerken, Gärtnern, können mit zur Autowaschanlage usw. Hinterher lobt man das Kind und sagt, dass man das allein gar nicht geschafft hätte.  Natürlich wird das Ergebnis nicht so perfekt (bitte nicht vor den Augen des Kindes nachbessern!), aber das macht nichts. Dafür hat man ein Kind, das sich gebraucht, groß, kompetent und gesehen fühlt. Ein Kind, das viel positive Aufmerksamkeit für echte Mithilfe (und nicht nur für einen Lego-Turm) bekommt, hat es nicht nötig, Aufmerksamkeit durch unerwünschtes Verhalten zu erzwingen. Wenn du magst, lies dazu mal das wunderbare Buch: "Mein kompetentes Kind" von Jesper Juul.  Manchmal steckt man aber schon zu tief in eingefahrenen Mustern und kommt allein nicht mehr gut raus. Dann ist der richtige Zeitpunkt für zwei, drei Termine bei der Erziehungsberatung. Gerade bei Kindern mit wenig Impulskontrolle sind die Berater sehr erfahren, das ist ja mit das häufigste Anliegen, das Eltern dort haben. Außenstehende haben einfach einen guten Blick und gute Hinweise für die typischen Alltagssituationen. Eine Freundin von mir arbeitet dort und sagt, die Besserung kommt schon inh. der nächsten Monate, was für die Familien eine Riesenentlastung ist. Kostenlose Erziehungsberatung bieten Caritas, Diakonie und Kinderschutzbund an. Einfach mal anrufen. LG