Frage: Schadet Fremdbetreuung U3 immer?

Hallo Frau Henkes, Mein Sohn soll mit 2 Jahren, an 2 Tagen in der Woche zu einem Tagesmutter Verein.  (Höchstens 9 Kinder, 2 Tagesmütter und 4,5 Std an zwei Tagen die Woche) Ich habe ihn dort angemeldet weil er privat kaum Kontakte zu gleichaltrigen hat.  Alle, wirklich alle Kleinkinder aus der Krabbelgruppe die wir in seinem 1 Lebensjahr besucht hatten sind inzwischen von Mo bis Fr in einer Krippe. Die meisten meiner Versuche ein Spieldate zu organisieren funktionierten nicht, da die Kinder nach der Krippe zu müde waren. Sobald er irgendwo Kinder sieht ruft er nach ihnen und möchte hin. Er tut mir richtig leid.  Wenn ein Kind mit ihm spielt freut er sich so sehr dass er gar nicht mehr weiß wie er seine Freude noch rauslassen soll. Deshalb dachte ich es wäre eine gute Idee ihn zu einer Tagesmutter zu bringen. Da man dort sein Kind nicht täglich bringen muss. Auch kommt dazu dass ich ein paar Stunden bei meinem Mann im Büro mitarbeiten könnte und endlich wieder etwas eigen verdientes Geld hätte. ( ist kein Muss, wir verhungern nicht, wenn ich das nicht tue) Jetzt wo es bald soweit ist, bin ich mir nicht mehr sicher ob ich das richtig gemacht habe. Ich musste lange Zeit kämpfen schwanger zu werden, bleiben und Mama sein zu dürfen. Ich möchte alles so gut wie nur möglich machen. Mein Sohn und ich haben eine gute Bindung. Ich möchte es nicht riskieren dass diese einen Knacks bekommt.  Bevor ich Mutter wurde, war ich Erzieherin in der Krippe. Seit ich Mutter bin, sehe ich alles anders. Wirklich alles. Ich habe damals viele positive Eingewöhnungen erlebt. Mir sind aber auch ein paar hängen geblieben wo mir das Kind heute noch leid tut. Wo es einfach klappen musste weil die Mama arbeiten musste. Zusätzlich hat mich die Aussage eines befreundeten Psychotherapeuten zutiefst erschüttert. Er meinte, alle die ihre Kinder unter 3 abgeben, könnten für später schon mal einen Platz bei ihm reservieren.  Ist dem so? Wann genau nimmt die Bindung einen Schaden? Ist es der Moment wenn das Kind bleiben muss, nach der Mama weint und die Ärmchen ausstreckt, die Erzieherin im blödesten Falle festhält und die Mutter raus schickt mit den Worten:" Beruhigt sich gleich wieder, gehen Sie." Oder ist es einfach allgemein ungut für unter 3 jährige? Auch wenn die Eingewöhnung sanft und ohne solche Dramen abläuft? Ich würde mein Kind nur da lassen wenn die Eingewöhnung gut und sanft verläuft.  In meiner Ausbildung haben wir nur gelernt dass das Kind erst eine Beziehung zur Erzieherin aufgebaut haben sollte bevor eine Trennung von der Mutter passiert. Wenn ich daran zurück denke wie viele Bindungen ich mit zerstört haben könnte wird mir wirklich schlecht. Ich fürchte wenn das wirklich so ist, kann ich nicht mehr in diesem Beruf arbeiten und mein Kind nicht abgeben.  Aber sagen Sie mir bitte ehrlich wenn dem wirklich so sein sollte.  Liebe Grüße und herzlichen Dank für Ihre Zeit  

von Gänseblümchen_1990 am 22.04.2024, 06:22



Antwort auf: Schadet Fremdbetreuung U3 immer?

Guten Tag, Sie müssen nicht davon ausgehen, dass jede außerfamiliäre Betreuung von Kindern unter drei Jahren schädlich ist. Viele Kinder lassen sich gut auf eine Betreuung ein und leiden keineswegs darunter. Das gilt insbesondere für die Betreuung bei einer Tagesmutter, da dort weniger Kinder in einer Gruppe sind als im Kiga. Sie selbst haben in Ihrem Beruf viele positive Eingewöhnungen erleben können. Auf diese Erfahrung können Sie doch vertrauen. Problematisch kann es werden, wenn ein Kind sich noch nicht gut von der Mutter trennen kann, aber im Kiga bleiben muss, weil die Eltern keine Alternative haben. Das ist bei Ihnen erfreulicherweise anders. Zudem zeigt Ihr Sohn großes Interesse an anderen Kindern. Das wird sich sicherlich günstig auf die Betreuung bei der TM auswirken. Es ist auch nicht schädlich für die Beziehung zur Mutter, wenn ein Kind anfangs gelegentlich weint und bei der Erzieher/in bleiben muss, wenn die Mutter geht. Wenn ein Kind sich dann schnell beruhigt, hat es die Trennung verkraftet und lässt sich auf die Erzieher/in ein. Sie kennen durch Ihre Arbeit das kindliche Verhalten, wenn die Trennung nicht gelingt und es für ein Kind sinnvoller wäre, die Eingewöhnung abzubrechen. Sie haben Ihren Sohn gut im Blick und können auf sein Verhalten reagieren. Das scheinen mir günstige Umstände, um den Versuch der Betreuung bei einer TM zu starten. Sie sollten sich von pauschalen Aussagen aus dem Bekanntenkreis nicht irritieren lassen. Sie kennen Ihren Sohn am besten und können einschätzen, was ihm guttut und gegebenenfalls Ihre Entscheidung auch wieder ändern. Zudem haben Sie angedeutet, dass Ihnen ein Wiedereinstieg in die Berufstätigkeit - neben dem Muttersein - gut tun würde. Kinder profitieren sehr von zufriedenen Müttern. Ich denke auch, dass Sie auf alle Fälle wieder in Ihrem alten Beruf arbeiten können. Ihre Erfahrung als Mutter hat Ihren Blick auf kindliche Bedürfnisse geschärft. Das wird Ihnen bei der Arbeit im Kiga zugute kommen. Ich wünsche Ihnen alles Gute. Ingrid Henkes

von Ingrid Henkes am 23.04.2024



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