JH1710
Sehr geehrter Herr Karle, ich habe eine Frage bezüglich möglicher Infektionen wegen einer 3 Monate abgelaufenen Mayonnaise, die dauerhaft im Kühlschrank gelagert war. Ich bin in der SSW 36 und wir waren gestern bei Freunden zu Besuch. Diese hatten in einer Heisluftfriteuse Pommes zubereitet, diese dann in eine große Schüssel gegeben und auf der rechten Tellerhälfte ein wenig Ketchup und Majo hinzugefügt. Da ich sehr genau darauf achte nichts falsches zu mir zu nehmen, habe ich natürlich trotzdem auf die industriell hergestellte Majo verzichtet und mir zwei mal Pommes aus der linken Tellerhälfte genommen. Da aber die anderen Anwesenden mit ihren Gabeln überall rumgestochert haben, könnten ja theoretisch Listerien oder Salmonellen über deren Gabeln mit meinen Pommes in Berührung gekommen sein? Ich weiss, dies klingt sehr weit hergeholt, aber wäre eine Infektion auch so möglich? Dass die Majo abgelaufen war wusste natürlich niemand und ist nur im Nachhinein aufgefallen, sonst hätte ich natürlich meine Pommes auch nicht aus dem gleichen Teller gegessen. Nun mache ich mir aber trotzdem Sorgen. Es handelt sich hierbei um die Majo von Hellmanns, die allen Anwesenden auch noch geschmeckt hat und die auch noch nicht anders gerochen oder ausgesehen hat. Stimmt dies, dass in industriell hergestellten Mayos keine rohen Eier verwendet werden ? Somit können Listerien auch im Kühlschrank nicht entstehen? Salmonellen wären ja für mein Ungeborenes nicht gefährlich, Listerien hingegen ja schon. Was empfehlen Sie mir? Sollte ich mich testen lassen? Was mögliche Symptome betrifft, Übelkeit habe ich bereits die ganze Schwangerschaft, hier habe ich keine Veränderung, wahrgenommen. Sonstige andere grippeähnliche Symptome oder Durchfall habe ich nicht. Ich danke Ihnen schon im Voraus für Ihre Antwort. Mit freundlichen Grüßen Deine Schwangerschaftswoche: 36
Guten Tag, für so eine konstruierte Alltagssituation kann ich keine Risikobewertung abgeben. Theoretisch iost alles immer möglich. rein praktisch nicht. Welche Zutaten in den jeweiligen Lebensmitteln drin ist, entnehmen Sie bitte den Hinweisen auf dem Produkt. Bzgl. Listerien kann ich Ihnen folgende Info geben. Listeria monocytogenes befindet sich im Boden und im Wasser. Gemüse kann durch die Erde oder durch Jauche verunreinigt werden, die als Düngemittel verwendet wird. Tiere können das Bakterium in sich tragen, ohne krank zu werden und deshalb können das Fleisch und Molkereiprodukte verunreinigt sein. Das Bakterium hat man in vielen rohen Produkten, wie zum Beispiel ungekochtem Fleisch und Gemüse, wie auch in Lebensmitteln, die nach der Zubereitung verunreinigt wurden, wie z.B. Käse und ausgekühlten Fleischstücken, gefunden. Listerien werden durch Pasteurisieren und durch Erhitzen abgetötet. Deshalb sollte z.B. Fleisch auch genügend erhitzt werden Auch wenn die Herstellung und Zubereitung von Lebensmitteln einwandfrei ist, ist eine nachträgliche Verunreinigung möglich. Die Kontamination der Käse mit Listerien kann entweder über Rohmilch oder während der Käseherstellung von kontaminierten Geräten ausgehen. Durch Pasteurisieren der Milch können die Listerien abgetötet werden. Listerien reichern sich besonders in der Rinde von Weichkäsen (z. B. Romadur, Limburger) und Schimmelkäse (Blau- und Weißschimmelkäse) an. Dabei ist ausschließlich die Rinde betroffen, da Listerien ein alkalisches Milieu benötigen, das hier während der Reifung entsteht. Durch laufende Kontrollen der produzierten Käse und verbesserter Hygienemaßnahmen konnte in der Bundesrepublik das Auftreten von Listerien in Käse verringert werden." (Deutsche Gesellschaft für Ernährung). Rohmilchkäse ist höchstens auf 40 Grad erhitzt (beim herkömmlichen Käse werden durch das starke Erhitzten (Pasteurisieren) der Milch etwa 99 % der natürlichen Bakterien abgetötet), dadurch bleiben im Rohmilchkäse die Keime erhalten, wodurch er ein vollmundigeres Aroma bekommt. Dadurch können eventuell in der Milch vorhandene Keime in den Käse gelangen. Nach veterinärmedizinischer Begutachtung ist der Verzehr eines lang gereiften, harten Rohmilchkäses nach dem Typ Edamer oder Emmentaler wesentlich weniger bedenklich, als der eines frischen Rohmilchkäses, der aus dem Quark direkt gewonnen wird. Frische Weichkäse können eher gesundheitsgefährdende Keime enthalten als Hartkäse, die monatelang lagern. Schwangere haben gegenüber der Normalbevölkerung ein zwölffach höheres Risiko, eine richtige Infektion und nicht nur eine Besiedelung mit Listerien durchzumachen. Allerdings verläuft die Infektion in den meisten Fällen nicht dramatisch. Sie äußert sich in mäßigem Fieber, geringem Schüttelfrost, Abgeschlagenheit und Kopfschmerzen; also mit den Symptomen eines grippalen Infektes beziehungsweise einer Harnwegsinfektion. Charakteristische Hinweise auf eine Listeriose fehlen, eine Abgrenzung zur Grippe beziehungsweise anderen Infektionen ist nicht gegeben, so dass eine gezielte Suche nach den Bakterien in der Regel unterbleibt. Während der oft nur kurzen fiebrigen Krankheitsperiode der Mutter können die Listerien – im Gegensatz zu den allermeisten anderen Bakterien – die Plazentaschranke passieren und in den Foetus eindringen. Kurzfristig entwickelt sich eine lokale Infektion der Plazenta (Plazentitis). Da das unreife Kind im Mutterleib noch keine adäquaten Abwehrmechanismen hat, ist es stark gefährdet. Je nach Alter der Schwangerschaft kommt es zur Fehlgeburt oder zu mehr oder weniger starken Infekten verschiedener Organe des Kindes . Wie häufig ist jedoch eine Listeriose? Die konnatale Listeriose (Infektion unter der Geburt) wird etwa nur 30- bis 40-mal pro Jahr registriert Das Robert-Koch-Institut (RKI) gibt für diese Infektion für das Jahr 2005 etwa eine Inzidenz von 5 pro 100.000 an. Laut des statistischen Jahrbuchs des Robert-Koch-Instituts 2010 kamen bundesweit 22 konnatale (um den Zeitpunkt der Geburt herum) Infektionen zur Meldung. Etwa 85% der Erkrankten sind nicht schwangere Personen. Janakiraman V. spricht von etwa 12 pro 100.000 schwangerschaftsassoziierten Fällen. "Im Zeitraum 2004–2011 wurden 188 Fälle einer schwangerschaftsassoziierten Listeriose gemeldet (die Listeriose ist meldepflichtig, Anmerkung V.B.). Dieses entspricht ca.6 % der übermittelten Listeriose-Erkrankungen in Deutschland." (Preußel, K., Werber, D., Stark, K.). Kann Listeriose verhindert werden? Die generellen Hygienerichtlinien empfehlen für die Verhinderung von Listeriosen die gleichen Maßnahmen wie zur Vorbeugung anderer durch verunreinigte Lebensmittel verursachter Erkrankungen (z.B. Salmonellen). Generelle Empfehlungen: • Kochen Sie rohes Essen von Tieren, wie Rind, Schwein und Geflügel immer ganz durch • Waschen Sie rohes Gemüse gründlich bevor Sie es essen • Halten Sie bei der Zubereitung rohes Fleisch strikt fern von Gemüse und von gekochtem Essen und essfertigen Lebensmitteln • Vermeiden Sie rohe (unpasteurisierte) Milch oder Nahrungsmittel, die aus roher (unpasteurisierter) Milch hergestellt wurden • Waschen Sie sich die Hände, Geschirr und Geräte, die mit rohen Lebensmitteln in Berührung gekommen sind. Bei Verdacht oder der Diagnose eine Listeriose kann mit einer antibiotischen Behandlung Schaden abgewendet werden. Es sollte aber immer der behandelnde Arzt entscheiden, ob er in einem solchen Fall wirklich die Abklärung einer Listerioseinfektion für geboten hält. Das The American College of Obstetricians and Gynecologists spricht sich im Fall des vermeintlichen Kontaktes zu Listerien (das bedeutet, das verzehrte Lebensmittel war erwiesenermaßen mit Listerien infiziert gewesen) zu folgendem Vorgehen aus: Keine Symptome: keine Maßnahmen Patient ist symptomatisch und hat kein Fieber: zuwarten, beobachten. Blutkulturen können in Erwägung gezogen werden. Patient ist symptomatisch (grippeähnliche Symptome, wie Muskelschmerzen, Beschwerden im Bauch oder Rücken, Übelkeit, Erbrechen oder Durchfall) und hat Fieber: Diagnostik mit Blutkulturen und Antibiotikatherapie Es wird also nur bei begründbarem klinischen Verdacht auf eine Listerieninfektion bei der Schwangeren eine Diagnostik veranlasst werden. Dieses ist in aller Regel dann nicht der Fall, wenn die Schwangere versehentlich rohes Fleisch, Rohmilchkäse oder ähnliches verzehrt hat. Sinnlos und überholt ist ein Antikörpernachweis, da es sehr viele falsch negative (Antikörper werden erst spät, bei Immunsuppression gar nicht gebildet) und auch falsch positive Ergebnisse gibt (Kreuzreaktivität mit vielen anderen Bakterien durch Antigengemeinschaft). Ich sehe hier zumindest keinen begründeten Verdacht zur Durchführung einer Diagnostik. Alles gute wünscht Ihnen. Dr. Christian Karle
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