Frage im Expertenforum Schwangerschaftsberatung an Dr. med. Vincenzo Bluni:

Dauerstress durch Mobbing am Arbeitsplatz

Dr. med. Vincenzo Bluni

Dr. med. Vincenzo Bluni
Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe

zur Vita

Frage: Dauerstress durch Mobbing am Arbeitsplatz

Mitglied inaktiv

Beitrag melden

Hallo, ich bin in der 16 SSW. In meinem Betrieb bin ich ständigen Konflikten mit Kollegen und Vorgesetzten ausgesetzt. Es gibt Tage, an denen ich nachts nicht schlafen kann oder in der Arbeit mit klopfendem Herzen dasitze. Die Arbeitssituation lässt sich leider nicht ändern, das Einschalten des Betriebsrates war erfolglos. Kann dieser Dauerstress dem Kind schaden?


Dr. med. Vincenzo Bluni

Dr. med. Vincenzo Bluni

Beitrag melden

hallo, dieses Situation kann selbstverständlich eine Belastung für Sie darstellen. das Thema Beschäftigungsverbot ist ein immer wieder heiß diskutiertes, nicht nur, weil es in der Fachliteratur und darüber hinaus auch für viele Frauenärzte und Frauenärztinnen zum Teil missverständlich geregelt ist: Eine Schwangere krankschreiben, darf man nur, wenn ein medizinischer Grund vorliegt, sie also entweder krank ist oder infolge der Arbeitsbelastung/Arbeitssituation z.B. vorz. Wehen hat. Wenn von den Arbeitsbedingungen am Arbeitsplatz eine Gefahr für die Mutter oder das Kind ausginge, dann kann ein Beschäftigungsverbot ausgesprochen werden. ("Ergeben sich während einer ohne Beschwerden mit Krankheitswert verlaufenden Schwangerschaft Umstände, die am Arbeitsplatz zu einer Gefahr für Mutter oder Kind führen, besteht Anspruch auf ein ärztliches Zeugnis nach §3 Abs. 1 Mutterschutzgesetz.") Dieses geht auch für einen begrenzten Zeitraum. Hierbei darf aber nach geltender Rechtssprechung zu diesem Zeitpunkt keine Erkrankung seitens der Schwangerschaft vorliegen. Würde dieses aber ungerechtfertigter Weise ausgestellt, könnte der Arbeitgeber das Ganze juristisch anfechten, da ihm hierdurch deutlich höhere Kosten entständen. Wichtig ist noch: Der Arbeitgeber muss die Schwangerschaft nach § 5 Mutterschutzgesetz beim zuständigen Gewerbeaufsichtsamt (GAA) bzw. Amt für Arbeitsschutz (Bezeichnung ist in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich) melden. Und der Arbeitsplatz muss entsprechend der Arbeitsstättenverordnung gestaltet sein. Weitere Informationen erhalten Sie im Mutterschutzgesetz im Netz unter http://bundesrecht.juris.de/bundesrecht/muschg/ sowie in einem interessanten Übersichtsartikel zu dieser Frage aus dem Deutschen Ärzteblatt: Behrmann, Jürgen: Ärztliche Bescheinigungen und Zeugnisse: Arbeitsunfähigkeit und Mutterschutz: Unterschiede Deutsches Ärzteblatt 97, Heft 8 vom 25.02.00, Seite A-466; nachzulesen unter www.aerzteblatt.de und dann im Archiv unter dem Stichwort Beschäftigungsverbot mit den Jahreszahlen eingeben. Ansonsten muss die Frage des weiteren Vorgehens mit dem Frauenarzt oder Frauenärztin erörtert werden. 2.wichtig wäre, dass man hier auch mit den Verantwortlichen - am besten im Beisein einer neutralen Vertrauensperson - das Gespräch sucht und ganz klar auf die Vorgaben des Mutterschutzgesetzes verweist, die einzuhalten sind. Zum Thema Mobbing am Arbeitsplatz im Hinblick auf die Schwangere kann man folgendes anmerken: Nach der aktuellen Rechtssprechung des Bundesarbeitsgerichtes, ist es möglich, für eine Schwangere ein Beschäftigungsverbot auszusprechen, wenn es am Arbeitsplatz mobbing gibt. Ich habe Ihnen dazu den Artikel aus der Ärztezeitung kopiert. Das weitere müsste dann der Frauenarzt oder Frauenärztin vor Ort ggf. in Zusammenarbeit mit einem Juristen klären: "Mobbing: Verbot der Beschäftigung für Schwangere ERFURT (mwo). Immer dann, wenn Ärzte durch die Situation am Arbeitsplatz die Gesundheit einer Schwangeren oder ihres Kindes gefährdet sehen, können sie ein Beschäftigungsverbot nach dem Mutterschutzgesetz aussprechen. Wie gestern das Bundesarbeitsgericht in Erfurt in einem Urteil entschied, gilt dies auch bei einer subjektiven Stressbelastung wegen vermeintlichen Mobbings am Arbeitsplatz. Im konkreten Fall hatten die Ärzte einer Sachbearbeiterin einer Spedition im Rheinland ein unbefristetes Beschäftigungsverbot verhängt, nachdem sie über Mobbing am Arbeitsplatz geklagt hatte. Bildungsurlaub sei ihr ebenso verweigert worden, wie Freizeit für die Vorsorgeuntersuchungen, klagte die Frau. Sie müsse um ihren Job fürchten. Die Ärzte bescheinigten, die Schwangere wirke aufgelöst und gestresst. Der Arbeitgeber hielt dies für vorgespiegelt und verweigerte der Frau das Gehalt. Das Landesarbeitsgericht gab zunächst dem Arbeitgeber Recht. Es gebe keine objektiven Anhaltspunkte für Mobbing. Der Stress habe nach ärztlichem Bekunden keinen Krankheitswert. In oberster Instanz hob nun das Bundesarbeitsgericht dieses Urteil auf und verwies den Streit an die Vorinstanz zurück. Auch bei fehlendem Krankheitswert könne die subjektive Belastung am Arbeitsplatz einen Gefährdungswert für das Kind haben. Es sei daher auch die "subjektive Stresssituation der Klägerin" zu prüfen, wenn diese zu realen Belastungen führe, führten die Richter weiter aus. Voraussetzung für ein Beschäftigungsverbot sei aber auch dann, dass der Stress im Zusammenhang mit der Arbeit stehe. Urteil des Bundesarbeitsgerichts, Aktenzeichen: 5 AZR 352/99 " In dieser Frage wird sicher unsere Rechtsanwältin bei Rund-ums-baby.de, Frau Nicola Bader, weiterhelfen können. Hierzu bitte mal auf den link http://www.rund-ums-baby.de/recht/mebboard.php3?forum=115 klicken. VB


Bei individuellen Markenempfehlungen von Expert:Innen handelt es sich nicht um finanzierte Werbung, sondern ausschließlich um die jeweilige Empfehlung des Experten/der Expertin. Selbstverständlich stehen weitere Marken anderer Hersteller zur Auswahl.

Ähnliche Fragen

Sehr geehrter Herr Dr. Bluni, Ich bin in der 13. SSW und habe folgendes Problem: Mein Arbeitsplatz befindet sich in einem Großraumbüro, das ist eine Fläche mit ca. 200 Arbeitsplätzen. Dort wird zur Zeit Stück für Stück der alte Teppichboden rausgemacht und neuer Teppichboden verklebt. Diese Renovierungsaktion zieht sich über ca 3 Monate unter me ...

Sehr geehrter Dr. Bluni, ich bin momentan in der 7.SSW. Mein Arbeitsplatz im Büro befindet sich in der Nähe eines Laserdruckers, ca. 2m entfernt. Der Drucker wird zwar nicht permanent durchgängig benutzt, dennoch mache ich mir Gedanken, ob der anfallende Tonerstaub eine Gefährdung für das Kind darstellen könnte. Insbesondere, wenn die Tonerkartu ...

Hallo Herr Bluni, Ich muss Sie was fragen. Ich arbeite beim Kieferorthopäden und bin jetzt in der 13ssw. Ich bin momentan nur an der Rezeption. Hinter mir befindet sich das Röntgenzimmer. Es gibt keine Bleiwand dazwischen nur ein Schrank. Es wird jeder halbe Stunde geröntgt. Wir machen nicht nur normale Panorama Aufnahmen sondern auch Dental CT ...

Guten Tag, in unserem kleinen Betrieb wird im Büro geraucht. Seit meiner Schwangerschaft sitze ich zwar mit geschlossener Tür allein im Büro, jedoch wird in allen übrigen Räumen weiterhin geraucht. Das heißt, beim Gang zur Toilette oder bei Nutzung unserer Küche etc. bin ich dem Rauch ausgesetzt. Da ich diese Räume nun weitgehend meide, komme i ...

Hallo ich arbeite in einer Produktion mit Tintenpatronen. In der Produktion ist es sehr staubig ( Staub durch kartons und tonerstaub ) ich bekomme beim Testen der Patronen die Tinte auf die Hände und ich atme sie ein. Dazu kommt dass wir ab und an Plastik schmelzen und ich es auch einatme. Des übrigen habe ich bemerkt dass ich seit ich krankgeschri ...

Guten Tag, Herr Bluni. Mich plagt aktuell eine Frage so sehr, dass sie mich um den Schlaf bringt. Dafür kurz zu den Umständen: Ich bin Krankenschwester in der Anästhesie und arbeite viel in gefäßchirurgischen Röntgensälen im OP. Leider war ich auch in der Frühschwangerschaft (ich wusste noch nichts davon) in solch einem Saal eingesetzt. Ich sta ...

Hallo Herr Bluni, ich habe ein Problem, das mir keine Ruhe lässt. In dem Gebäude, in dem ich arbeite, wird seit ein paar Tagen der Boden eines Restaurants zwei Stockwerke tiefer mit Kunstharz versiegelt. Leider steigen duch die Kaminschächte und das Belüftungssystem Dämpfe oder zumindest sehr unangenehme Gerüche dieses Stoffes in unsere Büroräum ...

Guten Tag, ich bin neu hier und mich beschäftigt die Frage nach der Umsetzung des Rauchverbotes am Arbeitsplatz. Ich bin Angestellte und ausschließlich am PC tätig. Ich bin in der 10. SSW und mein Chef ist starker Kettenraucher (nach seinen Angaben 1 - 2 Stangen täglich). Ich habe ihn zu Beginn der Schwangerschaft darauf angesprochen und er m ...

Hallo Herr Dr. Bluni, ich (28. SSW) habe eine Frage bzgl. Lautstärke und Arbeitsschutz. Ich schneide freiberuflich Filme und habe während der Schwangerschaft oft lange Schichten ohne Kopfhörer mit Laptop auf dem Schoß verbracht. Die Lautstärke betrug lt. App immer so ca. 80-90 db (also wenn im Film gesprochen wird oder Musik läuft etc.). Ist d ...

Guten Tag Herr Dr. Bluni,  ich arbeite in einem Verkaufsbereich mit stetig wechselndem Kundenkontakt. Eine Gefährdungsbeurteilung wurde erstellt unter dem Punkt das ich keine Beratungen – längere Gespräche zurzeit ausführen soll.  Zur Erklärung ich arbeite einem Großhandel mit Schaufläche. Die Arbeitsplätze sind dort verteilt. Diese Gespräche ...