Snief
Hallo Herr Dr. Bluni, bei mir (27) wurde nach 2 Fehlgebrten eine MTHFR-Mutation C677T homocygot festgestellt. Mein Homocysteinspiegel war jedoch bei der ersten und bisher einzigen Messung im September 2010 normal. Wir versuchen nun wieder schwanger zu werden, ich nehme seit 3 Monaten 5 mg Folsäure sowie ein Vitamin B Präparat (Medyn) ein. Nun heisst es, ich soll ab einem positiven Test ASS 100 einnehmen. Aber wenn der Test positiv ausfällt, hat die Einnistung doch schon stattgefunden?!? Muss nicht vor der Einnistung eine gute Durchblutung der Gebärmutter sichergestellt werden? Warum gibt man ASS 100 bei einer bekannten Gerinnungsstörung und erst ab dem positiven Test und nicht schon in der 2. Zyklushälfte bzw. ab dem Eisprung? Heparin soll ich nur spritzen,wenn in der Schwangerschaft der Homocysteinspiegel steigen sollte. Wie sehen Sie das? Was empfehlen Sie Ihren Patientinnen mit einer MTHFR-Mutation C677T homocygot und zwei Fehlgeburten in der Vergangenheit? Danke.
Hallo, 1.eine Mutation im MTHFR - Gen ( Methylentetrahydrofolat-Reduktase ) kommt in homozygoter Form bei rund 11 % der Bevölkerung vor und führt in der Regel zu einer Homocysteinämie (erhöhter Spiegel an Homocystein), die als Risikofaktor für venöse Thrombosen, Schlaganfälle und koronare Herzerkrankungen und gehäufte Fehlgeburten angesehen wird. Dieses muss bei der heterozygoten Form nicht der Fall sein; hier ist das Thrombose/Fehlgeburtsrisiko dann erhöht, wenn der Homocysteinspiegel erhöht ist. Im Zusammenhang mit einem erhöhten Homocysteinspiegel wird eine größere Wahrscheinlichkeit für das Auftreten eines Neuralrohrdefektes genannt. Frauen, die ein erhöhtes Risiko für ein Kind mit einem Neuralrohrdefekt tragen, sollten bereits präkonzeptionell (vor Eintreten der Schwangerschaft ) bis zum Ende des I. Trimenons Folsäure in einer Dosierung von 5 mg pro Tag erhalten. Es wäre dann auch vor Ort zu besprechen, ob man diese Störung, die individuell eben unterschiedlich ausgeprägt sein kann, so einschätzt, dass man in einer Schwangerschaft auch Maßnahmen zur Verdünnung des Blutes ergreift. Hier ist es dann sehr ratsam entweder über den Frauenarzt /Frauenärztin mit einem Speziallaboratorium, das sich in der Diagnostik der Thrombophilien gut auskennt, oder über eine entsprechend erfahrene, klinische Einrichtung abzuklären, ob eine solche Schwangere schon von Beginn der Schwangerschaft an neben Kompressionsstrümpfen auch ein Mittel zur Blutverdünnung benötigt. Die prophylaktische Verabreichung niedermolekulare Heparine in der Schwangerschaft kann schon als recht sicher bezeichnet werden. Mögliche Nebenwirkungen unter einer solchen Therapie treten selten auf, sollten aber bedacht werden: es kann zum Abfall der Blutplättchen kommen oder Blutungen hinter dem Mutterkuchen, beim Kind sind keine negativen Folgen zu erwarten. 2.Niedermolekulare Heparine kommen zum Einsatz, wenn bestimmte Konstellationen von Gerinnungsstörungen und/oder eine Vorgeschichte mit einem thromboembolischen Ereignis vorliegen. Dazu gibt es konkrete Risikokonstellationen und sich daraus ableitende Empfehlungen. 3. Wann ist eine Heparingabe indiziert? Sofern bei einer Frau „nur“ eine homozygote MTHFR-Mutation vorliegt, aber keine zusätzlichen Risikofaktoren, wie Adipositas, Präeklampsie, Infektion, Trauma oder Bettlägerigkeit hinzukommt, hat sie nach den aktuellen S3-Leitlinien ein niedriges Risiko und es würde keine Blutverdünnung mit Heparin indiziert sein. Gibt es dazu eine Vorgeschichte mit wiederholten Fehlgeburten, läge ein mittleres Risiko vor. Im Fall eines mittleren Risikos wird nach Leitlinien sofort bei nachgewiesener Schwangerschaft und mindestens bis 6 Wochen nach der Geburt eine Heparinisierung empfohlen. 4. eine Empfehlung zur parallelen oder alleinigen ASS-Therapie gibt es nicht. Nur bei zusätzlichen arteriellen Risikofaktoren wie erhöhtem Lp(a), Hyperlipidämie, arteriellem Hypertonus, Diabetes, etc. kann dieses gelegentlich empfohlen werden. Hierzu ist dann sinnvollerweise immer eine Abstimmung mit einer Gerinnungsambulanz anzuraten. Quellen: Geisen U, Abou-Mandour N, Schambeck Ch, Zilly M, Keller F. Pilotstudie und EthiG-Studie zur Thromboseprophylaxe in der Schwangerschaft. Vascular care 2001; 1: 12–9. Hirsh, Jack, Bates, Shannon M., Greer, Ian A., Pabinger, Ingrid, Sofaer, Shoshanna, Venous Thromboembolism, Thrombophilia, Antithrombotic Therapy, and Pregnancy, American College of Chest Physicians, Evidence-Based Clinical Practice Guidelines, (8th Edition), Chest 2008;133;844S-886S Frauenarzt, 51 (2010) Nr 6, „Thromboembolieprophylaxe in Schwangerschaft und Wochenbett“, A.G. Puhl, K. Heidner, C. Skala, H. Schinzel, S. 570-583 http://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/003-001_S3_AWMF-Leitlinie_Prophylaxe_der_venoesen_Thromboembolie__VTE__Kurz_04-2009_12-2013.pdf (AWMF-S3-Leitlinie „Prophylaxe der venösen Thromboembolie (VTE)“, Version vom 18. März 2009 mit eingearbeitetem Addendum vom 08. Mai 2010, letzter Abruf:21.12.2010)