Frage im Expertenforum Schwangerschaftsberatung an Dr. med. Vincenzo Bluni:

Alter der Mutter als alleiniger Grund für Feindiagnostik?

Dr. med. Vincenzo Bluni

Dr. med. Vincenzo Bluni
Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe

zur Vita

Frage: Alter der Mutter als alleiniger Grund für Feindiagnostik?

Mitglied inaktiv

Beitrag melden

Hallo Dr Bluni, reicht ein mütterliches Alter über 35 Jahren als alleiniger Grund für einen Feinultraschall aus? Oder anders herum gefragt, bekommt man als Mutter über 35 Jahren grundsätzlich eine Überweisung zur Feindiagnostik? Vielen Dank und Gruß sternschnuppe


Dr. med. Vincenzo Bluni

Dr. med. Vincenzo Bluni

Beitrag melden

Hallo, dieses würde für eine Überweisung ausreichen, stellt aber noch lange keine Indikation für eine Überweisung für alle Frauen in diesem Alter dar: Pränataldiagnostik (vorgeburtliche Diagnostik zum Ausschluss oder Risikoeinschätzung genetischer Störungen und Missbildungen) ist sicher immer mehr auch ein sehr sensibles Thema, bei dem die objektive Information und Aufklärung durch Frauenärztin/Frauenarzt im Vordergrund stehen sollte, wenn die schwangere Frau dieses anspricht oder sich aus der Vorgeschichte die Notwendigkeit ergibt, darüber zumindest zu sprechen. Sofern kein besonderes familiäres Risiko für genetische Störungen oder Missbildungen vorliegt, die Frau nicht 35 Jahre oder älter ist und sie auch nicht schon vorweg ein entsprechendes Bedürfnis nach Informationen zur vorgeburtlichen Missbildungsdiagnostik äußert, würde sicher nicht generell zu einer weiterführenden Diagnostik geraten werden. Dem behandelnden Arzt obliegt hier eher die Aufgabe, objektiv zu informieren; weniger, zu einer bestimmten Entscheidung oder einem bestimmten Verfahren zu drängen. Die Besprechung zu diesem Thema kann natürlich auch schon zu jedem Zeitpunkt vor diesem Alter stattfinden. Ist die schwangere Frau 35 Jahre oder älter und/oder gibt es ein familiäres Risiko für genetische Erkrankungen oder Missbildungen, sollte man mit ihr bei Kinderwunsch oder zu Beginn einer Schwangerschaft schon über die damit verbundenen Risiken für Mutter und Kind sprechen und dazu gehört eben auch das Thema Pränataldiagnostik inklusive der Möglichkeit einer unabhängigen genetischen und ggf. psychosozialen Beratung in einer unabhängigen Einrichtung. Bestandteil der Aufklärung/Information von Frauenärztin/Frauenarzt zu diesem Themenkomplex sollte immer auch die individuelle Information über mögliche Konsequenzen, Grenzen der Verfahren und Risiken sein, so dass die Eltern den Sachverhalt gut nachvollziehen können, um ihnen die Möglichkeit zu geben, dann eine eigene Entscheidung für oder gegen eine weiterführende Diagnostik zu treffen. Es steht meines Erachtens also zunächst die ausführliche Information der jeweiligen Methoden im Vordergrund stehend. Die Entscheidung selbst kann und sollte aber nur das betroffene Elternpaar selbst fällen. Über die nicht invasiven Verfahren der Pränataldiagnostik, wie z.B. die Nackentransparenzmessung, das Ersttrimesterscreening, differenzierter Organultraschall/Missbildungsultraschall um die 22. SSW sollte man, sofern gewünscht, ebenso mit der Schwangeren/ dem Paar sprechen, wie auch über die invasiven Verfahren, wie Amniozentese (Fruchtwasserpunktion) oder Chorionzottenbiopsie. Über den Triple-Test muss man zumindest informieren; empfehlen kann man dieses Verfahren kaum mehr. Das Risiko für die Geburt eines Kindes mit einer Trisomie 21 (Down-Syndrom) liegt bei einer 25jährigen (keine familiäres Risiko vorausgesetzt) bei 1: 1352, bei einer 30jährigen bei 1:895,bei einer 32jährigen 1:659, bei einer 36jährigen bei 1:280, bei einer 38jährigen 1: 167 und bei einer 40jährigen bei 1:97. Ebenso steigt bei einer Frau ab dem 35. Lebensjahr das Risiko für schwangerschaftsspezifische Komplikationen, wozu auch Fehlgeburten gehören, an. Das Risiko einer Fehlgeburt infolge einer Fruchtwasserpunktion oder einer Chorionzottenbiopsie liegt in etwa bei 1:100, was dem Risiko einer 40jährigen für die Geburt eines Kindes mit einem Down-Syndrom entspricht. Wenn die Frau/die Eltern sich gegen eine invasive Diagnostik wie der Amniozentese oder Chorionzottenbiopsie zum Ausschluss einer Trisomie oder ähnlicher Chromosomenstörungen entscheiden, weil sie das Risiko z.B. für eine Fehlgeburt nicht eingehen möchten, dann ist der Frau (insbesondere, wenn sie älter ist, als 35 Jahre) in erster Linie die Messung der Nackentransparenz oder das Ersttrimesterscreening zwischen der 11.+14. SSW zu empfehlen. Die Entdeckungsrate für das Down-Syndrom ist abhängig von der Anzahl der einbezogenen Faktoren und von der Sorgfalt, mit der die Untersuchung durchgeführt wird: Für das Alter der Mutter allein 30-50% Alter und o.g. Laborwerte 60% Alter plus Nackentransparenz 80% Alter plus o.g. Laborwerte + Nackentransparenz + Nasenbein 95-97% Bitte nicht vergessen: 1.der sichere Ausschluss von Chromosomenstörungen ist nur durch eine Chorionzottenbiopsie oder Fruchtwasserpunktion möglich. 2. mit der Amniozentese oder der Chorionzottenbiopsie können nicht alle genetischen Störungen, Stoffwechsel-, Muskel- oder Erbkrankheiten erkannt werden. Sofern das genetische Ergebnis der Amniozentese/Chorionzottenbiopsie unauffällig ist, werden damit Erkrankungen und Fehlbildungen des Ungeborenen nicht ausgeschlossen. Dazu können u.a. Herzfehler, Spaltbildungen im Gesicht, Fehlbildungen, wie z.B. Extremitätenfehlbildungen und auch geistige Behinderungen oder Stoffwechselkrankheiten gehören. Denn solche Fehlbildungen und Erkrankungen sind nicht zwangsläufig mit einer erkennbaren Abweichung im Chromosomensatz verbunden. Eine Garantie für ein Kind ohne eine genetische Erkrankung kann keine Methode der Pränataldiagnostik geben. Pränatale Diagnostik wird eben zur Identifizierung diagnostizierbarer Probleme unter klarer Indikation angewendet. 3.Die hohe Zuverlässigkeit der Nackentransparenzmessung oder des Ersttrimesterscreenings hängt sicher ganz wesentlich von der Qualifikation und Erfahrung des Untersuchers, sowie des Ultraschallgerätes ab. Diese Voraussetzungen erfüllen deshalb vor allem Ärzte für Pränataldiagnostik in den dafür spezialisierten Zentren. Dieses setzt deshalb voraus, dass es sich bei dem Untersucher/Untersucherin um einen entsprechend der Vorgaben der Fetal Medicine foundation in London zugelassenen und qualifizierten Arzt handelt. Handelt es sich um eine spezielle Einrichtung für Pränataldiagnostik, ist von einer solchen Qualifikation erfahrungsgemäß auszugehen. Fragen Sie also vorher nach der Qualifikation und der Häufigkeit, mit der dieses Verfahren vom Anbieten denn durchgeführt wird! 4.neben den üblicherweise drei vorgesehenen Ultraschalluntersuchungen in der Schwangerschaft wird bei besonderen Indikationen (Risiko aus der Vorgeschichte oder dem Alter, Auffälligkeiten, Wachstumsretardierung, andere Besonderheiten) ein so genannter differenzierter Organultraschall/Feinultraschall/Missbildungsultraschall zwischen der 19. + 23. SSW von einem Arzt mit entsprechender Qualifikation in der Pränataldiagnostik durchgeführt. Meist in einer Spezialpraxis oder einem Perinatalzentrum. Hierbei schaut der Untersucher/in nach der kindlichen Aktivität, dem Bewegungsmuster, dem Profil des Gesichts der Fruchtwassermenge und der Plazenta. Darüber hinaus wird nach sichtbaren Fehlbildungen im Bereich der Weichteile, Organe, Knochen, des Zentralnervensystems, des Herzens und der Extremitäten geschaut. Gegebenenfalls wird auch die Versorgungslage des Kindes mit Hilfe eines Dopplers ergänzend durchgeführt. Wichtig in dem Zusammenhang ist aber , dass ein Ausschluss von Chromosomenanomalien per Ultraschall als Alternative zu einer invasiven Diagnostik (wie der Fruchtwasserpunktion, Chorionzottenbiopsie oder der Nabelschnurblutentnahme ) nur beschränkt durch den Nachweis von charakteristischen, aber nicht obligatorisch vorhandenen Hinweiszeichen auf Chromosomenanomalien möglich ist. VB


Bei individuellen Markenempfehlungen von Expert:Innen handelt es sich nicht um finanzierte Werbung, sondern ausschließlich um die jeweilige Empfehlung des Experten/der Expertin. Selbstverständlich stehen weitere Marken anderer Hersteller zur Auswahl.

Ähnliche Fragen

Hallo Herr Karle, Ich hatte am Mittwoch Feindiagnostik gehabt wo fast einen Stunde mit dem Ultraschall nach dem Baby geschaut wurde. Nun habe ich wenn ich an meinen Bauch komme als wenn ich Muskel Kater habe ist das normal? Gestern war ich Notfall mäßig bei einer Frauenärztin gewesen diese sagte mit dem Baby ist alles okay da ich gestern minimal ...

aufgrund 8 Fehlgeburten zuletzt mit einem Befund (nk-Toxitätstest= zytotoxische T-Zellen). wurden mir Immunglobuline empfohlen. In der 7. Woche abgesetzt kam es letztes Jahr wieder zur Fehlgeburrt Derzeit bin ich in der 22. Woche Schwanger und nehme nun immer noch Immunglobuline. Die Immunologin hält dies nicht für erforderlich. Mein Kinderwunsc ...

Guten Morgen. Mittlerweile bin ich ja in der 25. SSW. Beim letzten Termin in der 24. SSW ist meinem FA aufgefallen, das er vergessen hat mich zur Feindiagnostik zu schicken. Sicherlich wäre das wichtig gewesen aufgrund meines Alters. So im Nachhinein mache ich mir selber Vorwürfe nicht nochmal danach gefragt zu haben, aber ich dachte mir nichts dab ...

Hallo Herr Dr. Karle, ich war heute bei der Feindiagnostik und alles sieht glücklicherweise gut aus :-) Die Ärztin hat für die Messungen teilweise echt feste mit dem Ultraschallkopf auf den Bauch gedrückt. Das war sehr unangenehm und ich hatte Angst, dass dadurch etwas kaputt geht, da ich eine VWP habe. Kann durch Drücken beim Ultraschall ein S ...

Hallo, das hat jetzt nicht unbedingt was mit Schwangerschaft zu tun, aber ich weiß nicht, welches Forum richtig Istrien Sie als Gyn kennen sich da bestimmt aus. Ich habe jetzt schon öfter von korrigierten Alter bei Babys gelesen. Was ist das? Haben wir auch sowas? Unser Kind sollte erst am 14.5. geboren werden, dann wurde ET auf den 21.5. geände ...

Lieber Dr. Karle, ich habe eine Frage bezüglich des 2. Trimester Screenings. Hier erstmal die Werte vom Doppler: Dopplersonographie: Aterina Umbilicalis: Edf positiv, Ort der Messung: Nabelschnur Pi 1,06 40% Ri 0,65 43% TAmax 16,43 cm/s 2% MD 9,08 cm/s Rechte Uterina Unauffällig. Kein Notching PI 0,9 66% Ri 0,57 91% Linke ute ...

Hallo Herr Dr.med. Christian Karle, wann sollte die Feindiagnostik durchgeführt werden? Diese Feindiagnostik wird nicht bei jedem Frauenarzt durchgeführt oder ? Besten Dank im Voraus. Liebe Grüße Schokii

Hallo Herr dr Karle, Ich hätte eine eher allgemeine Frage. Die Überweisung zur feinDiagnostik um die 22.-24.ssw beim pränataldiagnostiker gab es früher ja häufig nur, wenn es eine entsprechende Indikation dafür gab. nun habe ich gelesen, dass das mittlerweile anders sein soll und jeder Schwangeren (die es denn möchte) eine solche zustünde. Ist ...

Sehr geehrter Herr Dr., Ich hatte vor genau 2 Jahren einen Kaiserschnitt nach 4 Tage erfolglosen Einleitungsversuchen und vorzeitigem Blasensprung. Nun bin ich in der 33.SSW und habe vor allem heute immer wieder Schmerzen im Bereich der Narbe. Es fühlt sich stechend/brennend an und kommt über den Tag immer wieder aus dem nichts egal ob ich g ...

Guten Tag! Ich bin in der 9 SSW, derzeit kann ich überhaupt nichts bei mir behalten, ich muss mich ständig übergeben, auch wenn ich stundenlang nichts gegessen oder getrunken habe. Kurzfristig hilft immer Kaugummi, dann lange nichts- was kann man noch versuchen? Ich bin 41 Jahre alt, ich habe gelesen, dass das Risiko für einen Chromosomensch ...