Frage im Expertenforum Recht an Nicola Bader:

Minusstunden trotz Krankheit

Nicola Bader

 Nicola Bader
Rechtsanwältin, Fachanwältin für Familienrecht

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Frage: Minusstunden trotz Krankheit

LilaLaune123

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Hallo Frau Bader, der Arbeitgeber meines Mannes hat für die nächsten 5 Wochen den Abbau von Überstunden bzw. den Aufbau von Minusstunden angeordnet, da aktuell wenig Arbeit anfällt. Nun sollen alle Arbeitnehmer eine neue Betriebsvereinbarung unterschreiben, die die Geschäftsführer (ohne Einbeziehung des Betriebsrates) selbst verfasst haben. Laut dieser neuen Vereinbarung werden auch im Krankheitsfall Minusstunden geschrieben. Dies soll verhindern, dass sich Arbeitnehmer nun absichtlich wegen Kleinigkeiten krank schreiben lassen. Allerdings soll die Regelung in jedem Fall gelten - also z. B. Auch wenn ein Arbeitnehmer völlig unverschuldet arbeitsunfähig wird (z. B. Herzinfarkt oder im Straßenverkehr angefahren wird). Einige Arbeitnehmer (auch mein Mann) haben die Betriebsvereinbarung daher nicht unterschrieben, da ihnen das Risiko zu groß ist, bei einem Unfall oder ähnlichem nicht mehr abgesicherte zu sein. Nun ist unsere Frage: Darf der AG überhaupt auf diese Weise eine Betriebsvereinbarung erlassen? Und wenn ja, gilt diese auch für Arbeitnehmer, die nicht unterschrieben haben?


cube

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Wenn ein AN krank ist und eine AU einreicht, darf der AG doch diese nicht einfach ignorieren und das als Minus-Std rechnen. Oder sogar verlangen, dass man statt AU gefälligst Minusstunden in Kauf nimmt. Und schon mal gar nicht darf der AG pauschal unterstellen, dass eine AU gar nicht Rechtens wäre und sich deswegen sowas aus den Fingern saugen. Das geht garantiert nicht und ich würde mich mal sehr schnell an den Betriebsrat wenden.


Port

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Meine Meinung: Sittenwidrig und gegen gesetzliche Vorschriften. Ob Frau Bader antwortet, weiß ich nicht, denn das ist Arbeitsrecht und hat mit Familienrecht nichts zu tun. Irgendeiner der Kollegen wird ja wohl in der Gewerkschaft sein und kann da nachfragen. Oder aber die Rechtsschutzversicherung bemühen und kurzes Gespräch mit einem Anwalt führen.


KielSprotte

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Kommt drauf an: wenn es keine festgelegten AZ gibt, sondern immer wieder neu geplant wird, wird die LFZG i.d.R. nach den Planzeiten abgerechnet. Also können sowohl Minus- als auch Mehrstunden auflaufen.


cube

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Bleibt aber dennoch das unrechtmäßige Vorgehen bzgl. Krankheitsfällen. Der AG darf einfach nicht verlangen, dass bei Krankheit statt Krankentage Minusstunden aufgebaut werden - und schon mal gar nicht, in dem er jeden MA unter der Generalverdacht stellt, gar nicht wirklich krank zu sein. Der AG kann höchstens verlangen, dass ab dem 1. Krankheitstag eine AU vorzulegen ist. Was idR schon ausreicht, um "Blaumacher" davon abzuhalten mal Mo oder Fr sich "nicht so gut zu fühlen".


KielSprotte

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DAS habe ich ja nicht behauptet! Ich habe nur gesagt, dass es möglich sein kann -wenn es üblich ist- bei schwankenden Einsatzzeiten auch ins Minus zu gehen. Beispiel: Statt Mo-Fr je 8 Std. = 40 Std., Mo + Di 7,0 Std., Mi 9,0 Std. und Do + Fr 8,5 Std. sind auch 40 Std. nur anders verteilt und am Mo oder Di würden im Krankheitsfall dann auch nur 7 statt 8 Std. gutgeschrieben bzw. bezahlt.


LilaLaune123

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Danke schon mal für eure Antworten. Ja, es gibt feste Arbeitszeiten im Betrieb für alle Mitarbeiter. Jeweils 8 Stunden von Mo - Fr. Eine Bescheinigung vom Arzt muss ohnehin schon ab dem 1. Arbeitstag abgegeben werden. Der Betriebsrat hat ein Gespräch mit der Geschäftsleitung gesucht, allerdings hieß es hier, dass das Ganze rechtlich korrekt wäre. Es gäbe hierzu bereits entsprechende Urteile und der Betriebsrat hätte kein entsprechendes Mitspracherecht. Schließlich unterschreiben die Mitarbeiter ja selbst - wobei die meisten das natürlich aufgrund der eher schlechten Auftragslage im Betrieb machen. Die meisten haben Familien und sind auf den Lohn angewiesen. Da unterschreiben viele (wenn auch ungern) im Büro des Chefs solche Vereinbarungen, um nicht bei einem möglichen Stellenabbau zuerst gehen zu müssen.


cube

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Bei festen Arbeitszeiten und AU ab dem 1. Tag hieße das ja, der AG verlangt, dass trotz AU Minusstunden statt Kranktage angerechnet werden dürfen? Wenn ich das so richtig verstehe - also ein "ich komme heute wegen Kopfschmerzen nicht" ohne ein Attest eh gar nicht geht - kann ich mir nicht vorstellen, dass dies Rechtens ist. Mal abgesehen davon, dass der AG seine Ma´s damit unter Druck setzt, trotz Krankheit zur Arbeit zu erscheinen. Ich bin sehr gespannt, was Frau Bader dazu sagt. Allerdings vermute ich leider gar nichts - da dies Arbeitsrecht und nicht Familienrecht ist. Ich würde sowas auf keinen Fall unterschreiben und mich über eine hoffentlich vorhandene Rechtsschutzversicherung mal unverbindlich bei einem Anwalt erkundigen, ob das so wirklich zulässig ist. Oder du wendest dich mal an die Gewerbeaufsicht und fragst dort nach.


cube

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"Über die Zahlung im Krankheitsfall heißt es im § 3 „Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall“: Krankheit und Feiertage müssen nicht als Minusstunden nachgearbeitet werden Krankheit und Feiertage müssen nicht als Minusstunden nachgearbeitet werden Wird ein Arbeitnehmer durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung verhindert, ohne daß ihn ein Verschulden trifft, so hat er Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall durch den Arbeitgeber für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit bis zur Dauer von sechs Wochen. Lassen Sie sich also nicht verunsichern, falls eine Krankheit oder ein Feiertag mal als Minusstunde verbucht wurden. Dies ist arbeitsrechtlich keinesfalls erlaubt!" (Arbeitsrecht.de) Ist doch also eindeutig gesetzlich geregelt, dass dies nicht Rechtens ist.


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