Frage im Expertenforum Medikamente in der Schwangerschaft an Dr. med. Wolfgang Paulus:

ESBL als Erreger einer Harnwegsinfektion

Dr. med. Wolfgang Paulus

Dr. med. Wolfgang Paulus
Facharzt und Leiter der Beratungsstelle für Reproduktionstoxikologie an der Universitätsfrauenklinik Ulm

zur Vita

Frage: ESBL als Erreger einer Harnwegsinfektion

Mitglied inaktiv

Beitrag melden

Sehr geehrter Herr Dr. Paulus, zunächst möchte ich Ihnen und diesem Forum ein besonderes Lob aussprechen, in dieser Art einzigartig im deutschen Netz. Nun zu meinem Problem. Ich bin ärztliche Kollegin und stehe einem Problem gegenüber, welches andere Kollegen auch nicht lösen können, weil die Erfahrungen nicht vorhanden sind. Seit einem Jahr leide ich rez. unter Harnwegsinfekte, zu Beginn wurde der ESBL E. coli nicht diagnostiziert, so dass ich erst vor einem halben Jahr resistenzgerecht mit Imipenem behandelt wurde. Im Mai diesen Jahres erlitt ich ein Rezidiv und erhielt ebenfalls eine i.v.-Antibiose mit Imipenem. Weil dieser Keim ebenfalls auf Nitrofurantoin sensibel war, erhielt ich eine tägliche Rezidivprophylaxe mit 50 mg Nitrofurantoin. Alle 2 Wochen werden Vaginalabstriche genommen, die mal positiv und dann mal negativ sind, dieser Bereich wird mit Milchsäurezäpfchen behandelt. Vor 3 Wochen erfuhr ich nun von meiner Schwangerschaft und habe zunächst das Nitrofurantoin abgesetzt. Nun hatte ich erneut eine Zystitis und das auch noch im Urlaub. Aus Erfahrung behandelte ich mich selbst mit Meropenem in der oben angegebenen Dosis und habe die Medikation heute beendet. Nun zu meinen Fragen, die deutsche und internationale Literatur widerspricht sich bezüglich der Nitrofurantointherapie in der Schwangerschaft. Über Rezidivprophylaxe bei Schwangeren mit ESBL findet man nichts. Was halten Sie von der Therapie mit Metopenem. Wie würden Sie die vaginale Kolonisation therapieren? Wäre bei Kolonisation eine Sectio indiziert? Haben Sie auch schon Erfahrungen mit ESBL-Patientinnen machen dürfen? Gibt es Ihrerseits eine Therapieoptimierung? Vielen Dank im Voraus, März2011 P.S. Sensibel ist der E.coli auf Nitrofurantoin, Carbapeneme, Gentamycin. Fosfomycin hat nicht gewirkt trotz letztmalig getesteter Sensibilität


Dr. Wolfgang Paulus

Dr. Wolfgang Paulus

Beitrag melden

ESBL bedeutet Extended Spectrum Beta-Lactamasen und ist ein Phänomen der Multiresistenz gramnegativer Bakterien, das am häufigsten bei Escherichia coli und Klebsiella-Stämmen auftritt. Dabei werden von den Bakterien Enzyme gebildet, welche fast alle Beta-Laktam-Antibiotika zerstören. Eine Vielzahl von Berichten über die Anwendung von Nitrofurantoin in der Schwangerschaft ergibt keinen Anhalt für eine Fruchtschädigung (Heinonen et al 1977; Hailey et al 1983; Lenke et al 1983). Bei Glucose-6-phosphatdehydrogenase-Mangel kann Hämolyse eintreten (Powell et al 1963). Daher wird von einer Anwendung in den letzten Tagen vor Geburt abgeraten (Berkowitz et al 1986; Philpot et al 1995). Gegen eine Medikation mit Nitrofurantoin bestehen in der Schwangerschaft prinzipiell keine schwerwiegenden Bedenken. Bei ESBL-Keimen bietet sich in erster Linie die Gabe von Fosfomycin an. Resistenzen treten wohl nur bei weniger als 0,5% der Infizierten auf. Dieses Antibiotikum gilt auch bei Harnwegsinfekten in der Schwangerschaft als erste Wahl. Fosfomycin ist von der Struktur her ein Epoxidantibiotikum und kann daher weder durch herkömmliche Beta-Laktamasen noch durch solche mit erweitertem Spektrum angegriffen werden. Die Substanz dringt hervorragend in alle Gewebe vor, sodass die Medikamentenspiegel in allen Körperregionen über den MHK-Werten der wichtigsten Erreger liegen. In der Vergangenheit hat sich Fosfomycin bei der Therapie von Problemkeimen als sinnvoller Kombinationspartner erwiesen. Auch bei ESBL setzt man heute Fosfomycin mit Erfolg ein; bei kritisch kranken Patienten in Kombination mit einem Penem, bei Harnwegsinfekten oder ESBL-Urosepsis als Monotherapie. Die Erfahrungen mit Carbapenemen in der Schwangerschaft sind zwar noch begrenzt, es gibt jedoch keine Hinweise auf ein fruchtschädigendes Potential. Grundsätzlich wäre eine Sanierung vor Geburt sinnvoll; dann ist auch keine Kaiserschnittentbindung zu erwägen. Leider liegen zu diesem speziellen Thema keine geburtshilflichen Leitlinien vor. Für Rückfragen dürfen Sie mich gerne über unser Institut kontaktieren, da sich Ihre spezielle Situation über das Internetportal nicht ausreichend beleuchten lässt. Gerne kann ich Ihnen auch interessante Originalpublikationen zu ESBL-Keimen per E-Mail zukommen lassen (z. B. eine Übersichtsarbeit von Garau et al 2008). Unser Anfrageformular können Sie von unserer Website (http://www.reprotox.de) herunterladen und uns übermitteln. Für entsprechende Beratungen stehen wir werktags zwischen 8 und 18 Uhr gebührenfrei zur Verfügung: Institut für Reproduktionstoxikologie KH St. Elisabeth (Akademisches Lehrkrankenhaus der Universität Ulm) Elisabethenstraße 17 88212 Ravensburg Tel.: +49 751 87 2799 Fax: +49 751 87 2798 E-Mail: paulus@reprotox.de Internet: http://www.reprotox.de


Bei individuellen Markenempfehlungen von Expert:Innen handelt es sich nicht um finanzierte Werbung, sondern ausschließlich um die jeweilige Empfehlung des Experten/der Expertin. Selbstverständlich stehen weitere Marken anderer Hersteller zur Auswahl.

Ähnliche Fragen

Hallo Herr Dr. Paulus, ich habe nun schon das 2x in meiner Schwangerschft eine Harnwegsinfektion. Es sind immer Leukos und Blut im Urin. Das erste mal habe ich Amoxicillin bekommen, nun habe ich ein Rezept mit Cotrim frote bekommen. In dem Beipackzettel wird darauf hingewisen das es evtl. zu Fehlbilungen kommen kann. Was soll ich machen...??? Wie ...

Leide seit Anfang der Schwangerschaft unter der schweren Harnwegsinfektion (Serogruppe D nach Lancefield) habe jetzt schon 3 mal Antibotikum bekommen und seit dem 2.2.11 bin ich jetzt bei der 4. Packung. Habe Angst das die Einnahme mein Baby schädigt. Kann mein Ungeborenes irgendwelche Schäden davon tragen? Gibt es eine Möglichkeit die Harnwegsi ...

Bei mir wurde anfang der Woche eine leichte Blasenentzündung festgestellt, (geringe anzahl von Bakterien im Urin). Schadet dieses Medikament meinen Baby? Und soll ich lieber 5 Tage das Medikament nehmen um sicher zu sein das die Bakterien weg sind? Oder schon nach 3 Tagen aufhören?

Sehr geehrte Dr. Paulus, nachdem ich gelesen habe, daß man Produkte mit Salicylsäure in der SSW nicht verwenden darf,habe ich mir jetzt die Bübchen Soft Creme( Ingredients: Aqua, Helianthus Annuus Seed Oil, Glyceryl Stearate Citrate, Butylene Glycol, Propylene Glycol Dicaprylate/Dicaprate, Glycerin, Isopropyl Palmitate, Octyldodecanol, Cetearyl ...

Hallo Herr Dr. Paulus, bei mir wurde am Dienstag (14.05.) von meinem Frauenarzt eine Harnwegsinfektion festgestellt. Daraufhin habe ich eine 1xDosis Monuril verordnet bekommen und auch vorschriftsmäßig eingenommen. Gestern (16.05.) war ich zur Kontrolle, der Urin war schon wieder ziemlich in Ordnung, die Beschwerden (häufiges und schmerz ...

Hallo Dr. Paulus, ich habe seit einiger zeit schon Probleme mit meiner Blase. Ich habe immer sehr schnell eine Blasenentzündung bekommen. Ich bin Jetzt in der 13. Woche Schwanger und habe mehr Probleme mit der Blase denn je. Ich habe seit der Schwangerschaft mehrere male eine Blasenentzündung und letzte woche habe ich Monuril 3000 verschrieben ...

Hallo Herr Dr. Paulus, ich habe seit 7 Tagen Anzeichen einer (vermuteten) Blasen-/Harnwegsentzündung: Brennende Schmerzen beim Urinieren; erschwertes, unvollständiges und sehr häufiges Urinieren; zunehmend Schmerzen in der Blasengegend auch Ich habe zunächst versucht, die Verdachtsinfektion mit sehr viel Trinken und strenger Hygiene zu bekämpf ...