gerbil002
Hallo, unsere Tochter wird demnächst 7 Jahre alt und leidet zunehmend an einem Händewaschzwang. Seit sie letztes Jahr eingeschult wurde, nimmt es an Intensität zu. Die Hände sehen bereits sehr geschädigt aus und müssen von uns nachts dick eingecremt und verbunden werden. Sie sagt, dass ihr Kopf und ihre Beine ihr vorgeben, zum Waschbecken zu gehen um sich die Hände mit Seife zu waschen und dass sie Angst hat krank zu werden. Es ist sogar jetzt soweit, dass sie mich draußen nicht mehr an die Hand nimmt obwohl wir beide mit dem Bus unterwegs waren. Kann man ihr das wieder abtrainieren und wenn ja wie stellen wir das an oder muss da ein Facharzt ran? Danke vorab für ihre Rückmeldung.
Liebe gerbil002, ich kann mich der Antwort meiner Vorrednerin nur anschließen. Bitte vereinbaren Sie einen Termin bei einem Kinderpsychologen. Viele Grüße Sylvia
cube
Ich würde einen Kinderpsychologen zu raten ziehen. Sie beschreibt ja selbst schon recht eindeutig die Zwanghaftigkeit ihres Verhaltens. Die Tatsache, das ihre Hände bereits geschädigt sind spricht auch dafür, daß dies keine dumme Angewohnheit mehr ist, die man mit ein bisschen Bemühen abtrainieren/abstellen könnte. Ein Psychologe wird auch daran arbeiten, den Grund für das Verhalten herauszufinden, um gezielt an dem Problem arbeiten zu können. Einfach "abtrainieren" würde nichts am Grundproblem ändern.
Dezemberbaby2012
Liebe Gerbi, noch eine wichtige Anmerkung von mir, da ich nicht weiss, wie sehr du dich bereits mit den betreffenden „Fachleuten“ auskennst, daher etwas Hilfe im „Dschungel“. Es gibt grundsätzlich Psychiater und Psychotherapeuten. Psychiater verschreiben im wesentlichen Medikamente (was manchmal auch wichtig und richtig ist). Psychotherapeuten sind die Ansprechpartner für Psychotherapien. Aber Achtung, es gibt verschiedene Arten von psychologischen Berufen, auch „Psychotherapie“ ist kein geschützter Begriff. Ein Waschzwang ist ein sehr ernsthaftes Problem, das einen sehr gut ausgebildeten Fachmenschen erfordert. Viele Heilpraktiker bilden sich in Wochenendkursen psychologisch fort und dürfen sich dann „Heilpraktiker für Psychotherapie“ nennen. Nicht empfehlenswert für einen Waschzwang. Daneben gibt es noch sogenannte „Psychologische Berater“, die ebenfalls nicht zu empfehlen sind. „Psychologen“ haben zwar ein Psychologiestudium absolviert, sind aber nicht dazu ausgebildet, psychische Krankheiten zu heilen. Auch keinesfalls empfehlenswert. Auch Ärzte/Psychiater, die sich psychologisch fortgebildet haben, sind unterschiedlich ausgebildet und nicht unbedingt erste Wahl. Der eigentliche Psychotherapeut nennt sich „Psychologischer Psychotherapeut“, hat ein Psychologiestudium absolviert und eine anschliessende mindestens dreijährige Fach-Ausbildung zum Psychotherapeuten absolviert. Speziell für Kinder gibt es noch den „Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten“, der ebenfalls eine fundierte Ausbildung ähnlich wie der Psychologische Psychotherapeut hat und für dein Kind sicher erste Wahl wäre. Innerhalb der Psychotherapie gibt es dann noch verschiedene Fachrichtungen, z.B. Systemische Therapie, Psychoanalyse, tiefenpsychologisch fundierte Therapie und Verhaltenstherapie. Für Zwänge ist die Verhaltenstherapie als am Wirksamsten anerkannt. Auf etwas anderes würde ich mich nicht einlassen. Gesucht wird also ein Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut, der Verhaltenstherapie anbietet und sich (ganz wichtig!) mit Zwängen auskennt. Das ist leider noch nicht überall der Fall. Und dann muss natürlich noch die Chemie zwischen ihm und deinem Kind stimmen. Bitte such dir so schnell wie möglich einen solchen Psychotherapeuten, die Wartezeiten sind lang (teilweise 6-12 Monate). Im Zweifelsfall würde ich aber eher auf einen guten Therapeuten warten, als zu einem schlechten mit freien Terminen zu gehen. Eine erste Hilfe bieten sicher auch Psychiater an, dort ist schneller ein Termin zu bekommen (parallel machen). In großen Städten gibt es häufig an den Unis psychologische „Institutsambulanzen“, das wäre auch noch ein Ansprechpartner für Hilfe. Notfalls kann ein Psychiater auch in eine Fachklinik einweisen. Zwänge müssen dringend behandelt werden, gehen selten von alleine wieder weg, sondern werden unbehandelt eher stärker, sind aber heutzutage sehr gut behandelbar, insbesondere wenn man früh therapiert. Die Therapie wird eine Konfrontationstherapie beinhalten sowie eventuell Entspannungs/-Achtsamkeitsübungen. Es gibt übrigens auch die „Deutsche Gesellschaft für Zwangserkrankungen“ mit entsprechendem Forum im Internet unter „www.zwaenge.de“ (mit ae!). Vielleicht magst du da mal herumstöbern. Im Notfall: Gute Kliniken für Zwänge sind Bad Bramstedt und die Schön-Klinik am Chiemsee. Ich weiss aber nicht, inwiefern dort auch Kinder aufgenommen werden. Nicht jedes Wald- und Wiesen-Krankenhaus ist für Zwänge geeignet, das braucht Spezialisten. Bitte achte auf Anzeichen von Depressionen/Selbstmordgedanken bei deiner Tochter, dies ist manchmal eine Begleiterscheinung von Zwängen. Und gib deiner Tochter ganz viel Liebe!! Sie braucht es gerade jetzt so sehr! Fühl dich gedrückt, Dezemberbaby
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