Frage im Expertenforum Erziehung an Dipl.-Soz.päd Sylvia Ubbens:

Die Wutanfälle des Vierjährigen

Dipl.-Soz.päd Sylvia Ubbens

Dipl.-Soz.päd Sylvia Ubbens
Diplom Sozialpädagogin

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Frage: Die Wutanfälle des Vierjährigen

MamaLay

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Schönen guten Tag! Wir haben zwei Söhne, vier Jahre und ein Jahr jung. Uns ist natürlich bewusst, dass die Kinder im Alter unseres älteren Sohns den eigenen Willen erproben etc. Aber es ist mittlerweile kommen wir an unsere Grenze des Verständnisses und der Ausdauer. Ich schildere mal eine alltägliche Situation: Wir haben abends gerade den Sandmann geschaut, der Fernseher wird ausgeschaltet und unser großer Sohn soll ins Bett gehen. Wenn es möglich ist, wechseln mein Mann und ich uns beim ins Bett bringen ab und lesen ihm dann noch eine kleine Geschichte vor. Nun war es so, dass mein Mann und ich einen langen Tag hatten und müde waren, was wir ihm erklärten und daraufhin sagten, er solle heute eine kurze Geschichte aussuchen. Das löste zunächst nur lautstarke Beschwerden aus, die aber mit jeder Erklärung nur noch lauter und wütender wurden. Er hörte sehr schnell nicht mehr zu und wiederholte nur noch aufgeregt und wütend sein Verlangen nach einer ganz langen Geschichte. Kompromisse schlug er schreiend aus. Irgendwann sagte ich, dass er sich beruhigen solle (das funktioniert leider nie) und eine Geschichte auswählen solle oder es gäbe gar keine Geschichte mehr. Das brachte das Fass zum Überlaufen. Er schrie uns an, beschimpfte uns und schlug, trat und biss mich, als ich ihn dann in sein Zimmer trug und ins Bett setzte. Ich blieb da, redete auf ihn ein, bemühte mich, seine Schlag- und Beißversuche abzuwehren. Er schafft es nicht, sich selbst zu beruhigen. Es dauerte wieder sehr lange, bis er ruhig genug war, damit ich wieder mit ihm reden konnte. Ich meinte dann, dass ich seine Traurigkeit über eine kurze Geschichte verstehe und ihn gern tröste. Da meinte er, dass er nicht traurig, sondern böse ist. Das ist nur ein Beispiel unseres Alltags. Wir machen das täglich in allerlei Situationen durch. Am schlimmsten ist es natürlich, wenn er hungrig oder müde ist, aber er benimmt sich auch immer öfter so, wenn nichts davon zutrifft. Mein einziger Trost ist, dass er sich außerhalb der Familie meist nicht so benimmt. Wir geben ihm normalerweise Auszeiten, doch es kostet schon unheimlich viel Zeit und Kraft, ihn dazu bringen, auf dem Teppich im Kinderzimmer zu sitzen und darüber nachzudenken, wofür er eine Auszeit bekam. Alles worüber man dann mit ihm redet, ist aber in kürzester Zeit vergessen. Schon bei der Entschuldigung weiß er nichts mehr. Ich weiß mir keinen Rat mehr. Auszeiten, Ablenkung, Entzug eines Spielzeugs, Schimpfen, Schreien, ruhig Reden, das Zimmer verlassen, ihm Kissen zum Draufhauen geben hilft alles nichts. Theoretisch würde ich, wenn ich so aufgeregt bin, mich zurückziehen, vor mich hinschimpfen und mich dann beruhigen, aber er möchte Publikum für sein Gebrüll. Ich kann ihn nicht im Zimmer zur Beruhigung lassen. Habe sogar schon versucht, ihn fest im Arm zu halten, während er sich so aufregt, damit er runter kommt. Mein Mann kommt da auch nicht besser durch. Jetzt muss er immer Wiedergutmachung leisten, indem er uns eine Arbeit abnimmt (z.B. seine Schmutzwäsche in die Waschmaschine bringen). Doch auch das bringt ihn nicht dazu, anders zu reagieren. Selbst Lob für gute Dinge scheint ihn eher übermütig werden zu lassen. Vielleicht wissen Sie noch einen anderen Ansatz, den wir versuchen können. Vielen Dank Nadine


Sylvia Ubbens

Sylvia Ubbens

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Liebe Nadine, machen Sie es Ihrem Sohn etwas leichter, in dem Sie ihn nicht aus einer Vielzahl von Geschichten aussuchen lassen, sondern schlagen Sie zwei Geschichten vor, von denen er sich eine aussuchen kann. Auch in anderen Situationen sollte er selbst entscheiden können, Sie grenzen aber im Vorfeld die Auswahl ein. Erklärungen hören Kinder in Wutsituationen nicht. Sie müssen also gar nichts erklären. Ein Nein bleibt ein Nein oder die Wahl zwischen der einen oder der anderen Geschichte. Merken Sie, dass Ihr Sohn anfängt wütend zu werden, sagen Sie ihm, dass Sie schon mal in sein Zimmer gehen und die in Frage kommenden Bücher raussuchen. Gehen Sie dann auch los und Ihr Sohn kann entscheiden hinterherzukommen oder nicht. Lassen Sie ihm etwas Zeit, ohne dass Sie oder Ihr Mann auf ihn einreden. Ähnlich können Sie auch in anderen Situationen handeln. Viele Grüße Sylvia


junima2011

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Hallo. Zunächsteinmal möchte ich Dir etwas Mut machen. Es ist eine Entwicklungsphase. Die Kinder in dem alter loten hier und da ihre Grenzen aus. Zu dem Beispiel mit der Geschichte: Das machst du doch richtig, eine kurze Geschichte aussuchen oder gar keine mehr. Die Diskussionen danach braucht ihr nicht mehr führen. Du brauchst ihm auch kein Verständnis entgegenbringen. Er kann sich zwischen 2 kurzen Geschichten entscheiden oder aber keine Geschichte...Ende. Wenn er dann beisst und haut sagst du ihm das er das lassen soll und gehst aus dem Raum raus. Dann bekommt er keine Geschichte. Das ist das was du angekündigt hast. Du musst ihn nicht trösten wenn er aggressiv ist. Lass ihn sich beruhigen und wenn er ruhig ist, dann gehst du noch einmal!! hin und fragst ob es wieder gut ist...sagt er nein, gehst du. Lobe ihn, wenn er das nächste mal ruhiger und ohne beissen ins Bett geht beim Geschichte aussuchen. Wenn er böse war dann brauchst du ihn auch nicht zur nächst besten Gelegenheit loben... Wiegesagt, es ist eine Phase, mit viel Ruhe und Geduld wird das bald vorbei sein... junima


Milchbübchen

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Erwarte nicht, dass er so viel nachvollziehen kann, er ist mit 4 Jahren grad mal in dem Alter, wo er anfängt zu verstehen, dass andere Menschen (z.B. ihr) andere Gedanken und Wünsche haben könnt als er! (Falls du das nachlesen willst, google "Theorie of Mind", heißt auch im Deutschen so). Ihr macht es außerdem nur schlimmer, wenn ihr ihn für seine Wut bestraft oder ihm die Wut auszureden versucht (ihm sagen, er solle sich beruhigen, das schreibst du ja auch, dass das nie funktioniert, kann es auch nicht). Was er braucht, ist von euch z.B. eine Vorgabe, "heute lesen wir die und die Geschichte, oder du darfst auswählen, willst du Geschichte x oder Geschicthe y"). Ganz ruhig und ohne große Erklärung. Wenn er dann wütend werden sollte, lasst ihm die Wut. Auf keinen Fall viel reden und erklären, das Gehirn ist dafür nicht offen, während eines Wutanfalls. Was bei Kindern (und auch bei uns Erwachsenen!) die Wut aber um ein vielfaches verstärkt, ist wenn die geliebte Person uns in unserem Gefühl nicht versteht, uns damit nicht akzeptiert, uns das Gefühl auszureden versucht ("so schlimm ist es doch gar nicht" "reg dich nicht so auf" "beruhig dich mal"). (Noch schlimmer, wenn dann eine Drohung folgt: Wenn du dich nicht beruhigst, dann kriegst du nichts mehr). Also wenn du den Wutausbruch nicht verstärken willst, lass seinen Ärger zu, setz dich neben ihn und zeig ihm dein Verständnis (ich weiß, du hättest es gern anders, das ist jetzt doof für dich, oder was auch immer). Ohne seinem Wunsch (nach einer längeren Geschichte oder was auch immer) nachzugeben. Aber ihn nicht auch noch schlecht machen dafür, dass er seine Gefühle altersangemessen ausdrückt! Und keine räumliche Trennung von dir, das erlebt er als Bestrafung, das wird seine Wut und Verzweiflung verstärken (oder irgendwann zu Resignation führen, was du auch nicht willst, dann kommst du irgendwann nicht mehr an ihn ran). Also eher bei ihm bleiben, seinen Ärger aushalten, vielleicht kommt er dahin, in deinen Armen darüber zu weinen, dann werden Kinder oft ganz schnell wieder ruhig und haben akzeptiert, dass sie nicht kriegen, was sie wollten. Das Weinen bei frust wäre für seine Entwicklung perfekt. Und vertrau der Natur, bei den meisten Kindern lassen die aggressiven Ausbrüche mit 5-7 Jahren (bei manchen etwas später) nach. (Es sei denn, sie wurden immer nur gebremst und bestraft in ihrem Selbstausdruck und/oder die Bindung zu euch Eltern ist gestört). Wie schon anderen gesagt, ich finde Dr. Gordon Neufeld total wertvoll, um Kinder (und ihr Verhalten, das viel öfter sinnvoll ist als wir denken) wirklich zu verstehen. Also den mal googlen, wenn´s euch interessiert. Alles Gute Euch!


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