Marienkäfer777
Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Radke, unser Sohn (1Jahr und 10 Monate) hat bereits seit Monaten immer mal wieder nach Kuhmilchaufnahme Durchfall (nicht häufiger als auch normalen Stuhlgang -> max. 1-2x tgl., breiig). Er wird nachts noch gestillt und isst tagsüber am Tisch mit. Ca. 2 Wochen lang habe ich Pre-Milch gegeben, auf welche er mit Urtikaria und wässrigem Durchfall reagiert hat. Hier war ich mir einer allergischen Reaktion sicher. Seitdem völlige Karenz Pre-Milch. Bei der Kuhmilch wundert mich, dass der Durchfall nach dem Verzehr meist erst Stunden später oder am nächsten Morgen auftritt. Zudem keine Urtikaria. Bei Karenz jedoch kaum noch Durchfall. Wäre eine allergische Reaktion nicht akut nach Aufnahme der Milch oder kann es sich hierbei um eine verzögerte Reaktion handeln? Eine Lactoseintoleranz in diesem Alter ist meines Wissens nach äußerst selten oder würden Sie eine Intoleranz ebenfalls in Betracht ziehen? Ich bin selbst Ärztin eines anderen Fachgebiets und war mit der Thematik bereits beim Kinderarzt vorstellig, jedoch war dieser sich sehr unsicher. Auffällig ist zudem das Hautbild unseres Sohnes. Er hat follikulär gebundene, keratotische Knötchen an Streckseiten von Armen, Beinen und Wangen. Wangen gelegentlich auch gerötet. KEINE Urtikaria, KEINE trockene/juckende Haut wie bei einer klassischen Neurodermitis. Bisher bin ich von einer Keratosis Pilaris ausgegangen (ist auch die Verdachtsdiagnose eines Dermatologen). Sehen Sie einen Zusammenhang zu einer möglichen Milcheiweißallergie? Da es ja einige Monate gedauert hat bis ich auf die Verdachtsdiagnose Milcheiweißallergie kam, frage ich mich, ob das längerfristige Zuführen des möglichen Allergens Milcheiweiß zu einer Keratosis Pilaris führen kann? Seit 2 Wochen völlige Karenz Kuhmilcheiweiß: fast nur noch fester Stuhlgang, Haut unverändert. Bei einmaliger Provokation (Kuhmilchgabe): Durchfall am nächsten Tag morgens. Würde es lange Zeit dauern bis sich das Hautbild verändert, falls Sie da einen Zusammenhang sehen? Ich beschäftige mich viel damit und suche nach Hilfe. Ich würde mich sehr über Ihre Fachmeinung freuen und danke Ihnen vorab für Ihre Zeit.
Ein komplexes Problem. Der Reihe nach: - eine Stuhlfrequenz von 1 bis 2 x täglich ist im med. Sinne kein Durchfall, es handelt sich um konsistenzgeminderte Stühle - kein echt großes Problem, bei sonst gesundem Kind. - Pre Milch: Dies klingt nach einer Kuhmilchproteinallergie. Hier gibt es zwei klinisch zu trennende Verlaufsform: eine anaphylaktische vom Typ 1 nach Gell und Coombs (trifft hier nicht zu) eine eine verzögerte vom Typ IV (könnte hier zutreffen) - Laktoseintoleranz: Es gibt keine laktosereichere Milch als Muttermilch. Die Laktose der Muttermilch ist chemisch mit der der Kuhmilch identisch - spielt hier also offensichtlich keine Rolle (gestillte Kinder haben aufgrund des hohen Gehalts an Laktose und sog. Milcholigosacchariden in der Muttermilch häufig dünnere Stühle, ggf. auch in hoher Frequenz - kein pathol. Zustand!) - Hautbefund: Ich habe meine Frau (Kinderdermatologin) konsultiert: Danach ist von einer genet. determinierten Verhornungsstörung auszugehen, die gehäuft als Minimalvariante einer atopischen Dermatitis auftritt. Mit einer Kuhmilchallergie hat das wenig bis gar nichts zu tun. - Kuhmilchkarenz/-provokation: Ihre Beschreibung paßt zu einer Kuhmilchallergie, die Minimalvariante der Neurodermitis steht damit aber wohl nicht m Zusammenhang stehen. Sie müßten also weiter Kuhmilch-frei ernähren. Das Stillen ist im Alter Ihres Kindes ernährungsphysiologisch nicht mehr so wertvoll.