Moonmoth
Guten tag Frau Windisch, ich hoffe Sie sind hier die richtige Ansprechpartnerin. Mein Sohn wird im November 5 Jahre alt. Anfang des Jahres hatten wir plötzlich massive Probleme, weil er nicht mehr in den Kindergarten wollte. Bis heute wissen wir nicht so richtig warum. Es hat lange gedauert, bis er wieder ohne Weinen hingegangen ist. Etwa zeitgleich fing es an, dass er Probleme entwickelte, die mit Entscheidungen zusammenhängen. Diese hat er immer noch und mittlerweile macht uns das im Alltag sehr zu schaffen. Sobald er eine Entscheidung treffen soll fängt er an zu weinen, teilweise so stark, dass er kaum mehr ansprechbar für Lösungsvorschläge ist. Auch wenn wir als Eltern ihm die Entscheidung versuchen abzunehmen, bringt ihn das zum Weinen, weil wir quasi nicht die für ihn richtige treffen. Können Sie mir Tipps geben, wie wir damit umgehen sollen? Wie wir ihn unterstützen können, dass er lernt Entscheidungen zu treffen? Und wie wir ihm vielleicht auch begreiflich machen können, dass es auch kein Weltuntergang ist, wenn man eine "falsche" Entscheidung trifft? Zu Verdeutlichung des Problems hier mal drei Beispiele, wie sie hier tagtäglich vorkommen. 1. Mittagessen: Sein Teller ist leer gegessen. Ich frage: "Möchtest du noch eine Portion?" Er antwortet: Weiß ich nicht. Ich frage "Bist du denn satt?" Er antwortet: Weiß ich nicht. (Ich weiß das ja auch nicht.) Wenn ich also dann zb sage: Ok, dann kannst du jetzt gern aufstehen und spielen gehen. Sagt er: Aber ich weiß nicht ob ich noch was essen will. Wenn ich es andersrum mache und sage: Ok, ich geben dir noch ein paar Nudeln, ja? Dann kommt: Aber ich weiß nicht ob ich noch Hunger habe. Dabei wird grundsätzlich dann geweint. 2. Abendessen: Ich sage: Ich schmiere dir jetzt dein Brot. Möchtest du Käse, Wurst oder Frischkäse drauf haben. Antwort: Weiß ich nicht. Ich frage: Soll ich das entscheiden. Er antwortet: Ja. Dann sage ich zb.: Ok, dann mach ich Käse drauf, wie bei mir. Er fängt an zu weinen. Ich frage was los ist. Er antwortet: Aber ich will lieber Wurst. Dann sage ich, ok, dann mach ich Wurst drauf. Dann fängt er wieder an zu weinen: Ich weiß nich ob ich Wurst will. 3. Schlafenszeit. Da ich weiß, dass Entscheidungen offensichtlich zu Überforderung führen, suche ich vorab einen Schlafanzug für ihn raus. Nach dem Waschen, fange ich an ihm die Schlafhose anzuziehen. Er fängt an zu weinen. Ich frage dann was los ist. "ich will nicht diesen Schlafanzug." Ich sage dann: Ist ja kein Problem, dann holen wir einen anderen. Da er nur 3 Schlafanzüge besitzt, liegen also noch zwei im Schrank. Er sagt: "Mama, ich weiß nicht welchen ich nehmen soll. Entscheide du." Dann sage ich zb: "Ok, dann nehmen wir den mit den coolen Dinos drauf. Dann ziehen wir den Schlafanzug an. 5 Minuten später fängt er an zu weinen. Ich frage was los ist. Er sagt dann: "Ich habe grad nochmal nachgedacht und ich würde doch lieber den Schlafanzug mit den Baggern anziehen." Seine Erzieherin berichtet auch von Problemen, die sie Entscheidungsfindung angehen. Er steht beispielsweise manchmal Minutenlang vor dem Regal mit den Puzzlen. Wenn dann eine Erzieherin frag was er macht, sagt er, er könne sich für kein Puzzle entscheiden. Auch hier wurde versucht, ihm die Entscheidung dann abzunehmen und gesagt: Dann mach doch heute mal das tolle Feuerwehrpuzzle. Er hat nicht widersprochen und es dann gemacht, mir aber dann zuhause erzählt, er hätte im Kindergarten das blöde Feuerwehrpuzzle machen müssen. Entschuldigen Sie den langen Text, ich hoffe das Problem wird deutlich. Haben Sie Anregungen für uns? So kann es doch nicht weitergehen. beste Grüße
Hallo, eine interessante Situation, da in diesem Alter das Autonomiestreben, also die Selbstbestimmung ja Hoch im Kurs steht und Kinder da gern Sachen selbst bestimmen, sprich sich auch selbst entscheiden, was angezogen oder gegessen wird, etc. Im Alltag sicherlich sehr anstrengend mit der Entscheidungsüberforderung. Zum einen würde ich empfehlen, den Text kopiert nochmal bei Frau Henkes/psychische Entwicklung in der Kindheit hier im Expertenforum reinzustellen, sie kann da fachlichen Rat geben. Zum anderen muss man sicherlich auch aufpassen, dass das gezeigte Verhalten ihres Kindes nicht zu viel Aufmerksamkeit bekommt, um dieses nicht zu steigern. Sprich, in den beschriebenen Situationen klar und stets gleich zu reagieren und dann nicht zu viel darauf einzugehen. Hat er z.B. den einen Schlafanzug mit ja abgenickt, beginnt aber 5 min.später zu weinen und will nun doch lieber den anderen Schlafanzug haben, dann reicht ein verständnisvolles "ok. Den kannst du dann morgen anziehen, jetzt hast du schon einen an" und dann eher ablenkend aus der Situation wieder rausgehen, z.B.mit "jetzt erzähle ich noch eine Geschichte" oder "jetzt machen wir es deinem Kuscheltier gemütlich und decken es zu" o.ä. Es ist prima, dass Sie gleich mehrere Situationen zur Veranschaulichung beschrieben haben. Beim Brotbelag: mal ausprobieren, wenn ihr Kind das Brot von Beginn an selbst schmiert, ob dann auch die Entscheidungsfindung problematisch wird, da dann nicht von außen die Frage kommt, sondern er sich selbst darauf einstellen kann. Essen: nach gut gegessener Portion nicht nachfragen, sondern Essen beenden und z.B.spielen lassen. Falls vom Kind von selber der Satz kommt "ich weiß noch nicht, ob ich satt bin", könnte man folgendes ausprobieren: eine kleine Portion auf den Teller geben und mit Zeitvorgabe dort stehen lassen, mit dem Hinweis "das lasse ich noch 5 min.stehen, falls du doch noch weiteressen möchtest. Unterstützt von einer Sanduhr zur Veranschaulichung der Zeit, da ein Kind in diesem Alter noch nicht einschätzen kann, was 5 min.sind. Wenn er dann in der Zeit ohne weiteres nachfragen nicht mehr zum Essen geht, nach Ablauf der Zeit alles wegräumen und dann auch weggeräumt lassen. Falls sich nach Ablauf der Zeit beschwert wird, reicht der Hinweis, dass es dann z.B.beim Vesper wieder etwas zu essen gibt. Sollten Sie aber merken, dass dies eher mehr Druck bei ihrem Kind erzeugt (z.B.starrt die ganze Zeit auf die Sanduhr und wird unruhiger), dann lassen Sie die Sanduhr weg. Spielerisch die Entscheidungsfindung unterstützen, z.B.beim Memory o.ä.: selbst entscheiden, welche Teile man umdreht ohne dies groß zu thematisieren. Spielfiguren selber aussuchen, etc. Falls sich da auch nicht entschieden werden kann, vielleicht mit geschlossenen Augen auf eine per Zufall drauftippen und bei der dann auch bleiben. Aber eine fachliche Meinung bekommen Sie bestimmt bei Frau Henkes, alles Gute, Kristin Windisch
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