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Kinderkuren ( Kinderverschickung ) in den 70er Jahren

Kinderkuren ( Kinderverschickung ) in den 70er Jahren

harmony35

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Habe erst heute eure Beiträge gesehen. Versuche gerade mit einem Psychotherapeuten diese Zeit der Kindererholung aufzuarbeiten. Ich wurde im Winter 1961 mit 5 Jahren alleine in einen Zug gesetzt. Eine Betreuerin sammelte an vielen Bahnhöfen viele Kinder ein. Es war eine mir völlig fremde Person. Ich war dann 6 Wochen in einem Kindererholungsheim in Donaueschingen. Wie es heißt weiß ich nicht mehr, aber es scheint es heute nicht mehr zu geben. Bin jedenfalls im Internet nicht fündig geworden. Es war ein großer alter Komplex aus Backsteinhäusern unverputzt. Große Schlafsäle, großer Essraum, fast kein Spielzeug. Von zuhause durften wir nur Kleidung und Waschzeug mitnehmen. Ich dachte dort ich komme nie wieder nach Hause, 6 Wochen waren mir kein Begriff in diesem Alter. Es waren hauptsächlich Nonnen zur Betreuung da, ein männlicher Heimleiter, manche Betreuerinnen waren keine Nonnen. Sie waren alle sehr streng, es durfte nicht geredet werden, es durfte nichts gefragt werden, es musste immer aufgegessen werden. Mein Kinderarzt zuhause hatte die Verschickung meinen Eltern vorgeschlagen, noch vor der Schule, weil ich Untergewicht hatte. Das Essen im Heim war oft verdorben, sodass ich oft erbrochen habe und dann den ganzen Tag auf der Krankenstation meistens alleine liegen musste. Ich habe den Geruch von dieser Küche noch heute in der Nase. Es gab eine Betreuerin, Nichtnonne, die etwas netter war und mir auch mal vorgelesen hat. Das war Schwester Hildegard. Wir mussten alle weiblichen Personen Schwestern nennen, den Heimleiter Herr Direktor. Diese Hildegard hat jedoch einmal in der Woche eine Postkarte für mich geschrieben und meinen Eltern geschickt, worin sie immer schrieb, wie gut es mir geht, wie wohl ich mich fühle und dass ich meine Eltern gar nicht vermissen würde. Eine Karte habe ich gefunden im Nachlass meiner Eltern. Es war alles glatt gelogen, ich habe sie immer gebeten, sie solle schreiben, mir geht es hier schlecht, sie sollen mich schnell abholen. Da sie nicht kamen, dachte ich, das meine Eltern mich nicht mehr haben wollen. Das begleitet mein ganzes Leben. Ich fasse nicht schnell Vertrauen, bin eher still und schüchtern und sehr auf Sicherheit bedacht. Als dann sowas wie Trennung vom Ehemann nach 37 Jahren Ehe auf mich zukam, konnte ich damit gar nicht umgehen. Verlassen, alleine gelassen, auf mich alleine gestellt, keiner hilft mir , ich bin der Situation ausgeliefert usw. Ich hatte meine schulischen Probleme, oder die am Arbeitsplatz, oder dass ich es schwer finde Freunde zu finden nie damit in Zusammenhang gebracht. Heute denke ich, dass das mein Leben fatal bestimmt hat. Ich konnte mit meinen Eltern im Erwachsenenalter darüber reden. Aber sie sagten, sie haben sich auf die lieb geschriebenen Postkarten verlassen und auf den Rat des Kinderarztes und wollten mir was Gutes tun. Nach der Rückkehr hatte ich 3 Kilo abgenommen, viele Schläge von den älteren Kindern dort erhalten und meinen Eltern nie mehr etwas was mich bewegt hat anvertraut. Gezeichnet fürs ganze Leben, auch ohne sexuellen Mißbrauch. Ich kann thm gut verstehen, dass er sich dadurch auch missbraucht fühlt.


omagina

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Antwort auf Beitrag von harmony35

moin...ich wurde im alter von 8 jahren ebenfalls so verschickt..1957.....da ich auch untergewichtig war und unbedingt zunehmen sollte...ich landete auf norderney....dort war es zwar auch streng...aber ansonsten fand ich es überhaupt nicht schlimm...wir sind jeden tag zum strand gegangen...oder haben einen spaziergang über die insel gemacht...in dieser zeit ist die liebe zur nordsee entstanden...mit 12 meinte unser hausarzt ich müsste nochmal weg...und landete wieder auf norderney...zugenommen hab ich in beiden verschickungen übeigends nix....obwohl wir wirklich gut gefüttert wurden....die nordsee blieb immer mein urlaubsziel...und meinen traum..einmal an der nordsee zu wohnen hab ich mir vor fünf jahren erfüllt....ich habe keinerlei schlechte errinnerungen an beide verschickungen...es kommt also schon auf den einzelfall an wie es jemand in errinnerung hat..glg regina


Mitglied inaktiv

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Antwort auf Beitrag von harmony35

immer noch nicht therapeutisch aufgearbeitet?


liebesblind

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Antwort auf Beitrag von harmony35

BITTE gehe in Therapie. Schwester Hildegards gab es sicher einige und deine Zeitangaben solltest du einfach nochmal quer lesen.


harmony35

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Antwort auf Beitrag von liebesblind

Ja ich weiß, dass ich in den 60er Jahren zur "Erholung" war, aber es gab dieses Thema bereits mit der Überschrift in den 70er Jahren, deshalb habe ich das aufgenommen.


liebesblind

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Antwort auf Beitrag von harmony35

BITTE gehe in Therapie. Schwester Hildegards gab es sicher einige und deine Zeitangaben solltest du einfach nochmal quer lesen.


shinead

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Antwort auf Beitrag von harmony35

Irgendwann ist man selbst für sein Glück verantwortlich. Wenn Du mit 60 immer noch an der Kur von vor 55 Jahren arbeitest, dann hast Du schon in den letzten 30 Jahren versäumt eine Therapie zu starten. Dafür kann weder Schwester Hildegard, der Herr Direktor noch irgendjemand anderes was. Das lag in Deiner Verantwortung. Ein Forum kann Dir dabei nicht helfen. Begib' Dich in Behandlung.


Ellert

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Antwort auf Beitrag von shinead

Wie können Eltern Kinder so lange wegschicken ohne zu wissen wie das da zugeht ? Ich erinnere mich noch dass ich um die 1969 mal 2 Wochen alleine im Krankenhaus lag und meine Mutter auch nur an bestimmten Tagen mich besuchen durfte emfinde ich heute noch als Horror und meine Mutter fand das auch ganz schlimm dagmar


Pamo

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Antwort auf Beitrag von Ellert

Man vertraute darauf, dass die Ärzte wissen was gut ist für das Kind.


Eisfee

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Antwort auf Beitrag von Pamo

Das war gar nicht so selten in den 70ern. Habe als Kind öfter von anderen gehört, die auf irgendeine Art Kur geschickt wurden. Allerdings habe ich nie irgendwen so gruselige Dinge berichten hören wie das, was die AP erlebt hat. Kann man gut nachvollziehen, daß einem so etwas so lange nachhängt!


Mitglied inaktiv

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Antwort auf Beitrag von Pamo

Ja... Ellert, es war in einigen Kurkliniken üblich, teilweise noch ein paar krassere "Storys", die ich aber ganz sicher nicht hier weiter aufbereiten werde. Bei Interesse kannst Du mir eine PN schicken. Dieses Thema hier erscheint alle paar Monate mit einen anderen Nicknamen. Ich weiß auch nicht, was das soll, ich entwickele die Theorie, das es eine Art Aufgeilen am Trauma wirklich Betroffener ist. Von daher nur per PN (und auch nur die, ich "kenne" )


Mitglied inaktiv

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Antwort auf Beitrag von Ellert

Natürlich gibt es sowas, muss noch nicht einmal eine Kur sein, 3 Wochen Nordseeinsel vom DRK, Fußballverein, Ferienprogramm etc. für Kinder ab 6 kann auch zum Albtraum werden


Morla72

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Antwort auf Beitrag von Ellert

Auch sowas schickes wie "Babyhotels". Da wurde der Säugling für einen oder zwei Tage bis Wochen bei einer wildfremden Frau abgegeben, wenn die Eltern in Urlaub fahren wollten/ein krankes größeres Kind zu Hause hatten/sonstige Anlässe. Heute auch nicht vorstellbar.


Mitglied inaktiv

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Antwort auf Beitrag von Morla72

mir erzählte mal eine Krankenschwester in einem großen Kinderkrankenhaus, dass Silvester oder schon einen Tag vorher ganz viele Kinder und sogar Babys mit akuten Erkrankungen ins Krankenhaus abgeschoben werden, weil die Eltern Silvester feiern gehen, ich konnte das kaum fassen, aber es war kein 1. April und sie wirkte nicht, als wollte sie scherzen. Also wäre ein Babyhotel auch heute noch vorstellbar für manche Eltern, aber da es sowas nicht mehr gibt, suchen sie sich andere Möglichkeiten


DK-Ursel

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Antwort auf Beitrag von Ellert

Ich war auch 2x zur Kinderkur. Meine Mutter mußte selber dringend zur Erholung - wohin dann mit uns? Anfangs hatten wir furchtbar Heimweh, nachher aber war es auch schön. Einmal Bayern, einmal Schwarzwald. Traumatisiert bin ich nicht, obwohl ich mich erinnere, auch eine Zeitlang den ganzen Tag auf dem Koffer gesessen und gebetet zu haben : "Lieber Gott, laß meine Mutter im Lotto gewinnen, damit wir nach Hause können." (Weil die anderen mir erzählt hatten, wenn ich wegliefe, müsse meine Mutter die kur selbst bezahlen ...d as konnten wir natürlich nicht, wie ich auch wußte. Also m,ußte die lösung, ein Lottogewinn, her... ) Hinterher hatten wir uns mit anderen angefreundet udn ertrugen das, was wir schlimm fanden (z.B. Solbäder) stoisch. Ein Trauma habe ich davon sicher nicht. Gruß Ursel, DK


muffelzahn

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Antwort auf Beitrag von harmony35

Hallo, Ich war zwischen meinem 6 und 14. Lebensjahr 5x zur kinderkur, also erstmalig so ca. 1968. An die 1. Kur hab ich noch negative blasse Erinnerungen, hab auch versucht das Kurheim (war irgendwo bei Leipzig) im Internet zu finden. Ich weiß heute noch wie dass Haus aussah. Die anderen Kuren waren OK.


muffelzahn

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Antwort auf Beitrag von muffelzahn

Von Montag bis Freitag wurden die schon die kleinsten dort abgegeben. War für mich unvorstellbar.