Wie wirkt sich eine Hirnblutung Grad 3+ und Hydrocephalus auf die Entwicklung au

PD Dr. med. Axel Hübler Frage an PD Dr. med. Axel Hübler Kinderarzt und Neonatologe

Frage: Wie wirkt sich eine Hirnblutung Grad 3+ und Hydrocephalus auf die Entwicklung au

Hallo, meine Zwillinge sind leider in der 23+4 SSW geboren. Ich hatte eine Spontan Geburt, die nicht mehr aufzuhalten war. Dadurch hat unser Erstgeborene eine Hirnblutung Grad 3+ mit Parenchymbeteiligung links und eine Hirnblutung Grad 2 rechts erlitten. Nach 3 Wochen hat sich jetzt ein Hydrocephalus gebildet. Ein Arzt und eine Schwester rieten uns auf die palliative Schiene zugehen. Wir mussten uns quasi entscheiden ob unser Sohn leben oder sterben soll. Unser Sohn hatte nach 7 Tagen eine Bauch OP die er ohne Probleme wegsteckte. Er hatte schon von allein geatmet. Für uns hieß das, unser Sohn kämpft und will leben. Nun haben wir uns für eine EVD entschieden. Und wieder hat unser Sohn diese OP problemlos weggesteckt. Uns wurde gesagt, dass wir hier wahrscheinlich mit zwei schwerstbehinderten Kindern nach Hause gehen. Meine Frage ist, woher will man das wissen? Inwieweit müssen wir mit Behinderungen rechnen? Wir wollen das unsere Söhne ein weitestgehendes glückliches und eigenständiges Leben führen können. Kann man irgendwelche Prognosen stellen? Wir sind jetzt natürlich ziemlich unsicher und teilweise auch hoffnungslos, weil wir das Gefühl haben, dass die Klinik unseren Sohn schon aufgegeben hat. Unser Zweitgeborener hat beidseitig Hirnblutung Grad 2. Er macht sich soweit aber ganz gut. Wir haben einfach Angst ohne unsere Söhne nach Hause gehen zu müssen.

von Angie 269 am 01.10.2020, 14:57



Antwort auf: Wie wirkt sich eine Hirnblutung Grad 3+ und Hydrocephalus auf die Entwicklung au

Guten Abend, mit dem schicksalhaften, sehr zeitigen Ende Ihrer Schwangerschaft sind Ihre beiden Söhne nun als extrem unreife Frühgeborene zur Welt gekommen. Die Hirnblutung bei Ihrem erstgeborenen Kind betrifft entsprechend Ihrer Beschreibung sowohl die inneren Hirnwasserräume (die sogenannten Seitenventrikel) und auf der linken Seite auch das Hirngewebe. Ihr zweitgeborener Sohn erlitt beidseits eine zweitgradige Hirnblutung. Das Risiko, das mit einer Hirnblutung Probleme der künftigen geistigen und körperlichen Entwicklung verbunden sein können, ist bei Ihrem Erstgeborenen statistisch gesehen als insgesamt hoch bis sehr hoch, bei Ihrem Zweitgeborenen als gering bis mittelgradig anzusehen. Ihrem Schreiben entnehme ich, dass sich verständlicherweise Ihre Sorgen vor allem auf die Perspektive Ihres erstgeborenen Sohnes beziehen. Das Behandlungsteam hat nun das Gespräch mit Ihnen gesucht und Ihnen über verschiedene Behandlungswege berichtet. Sie berichteten darüber, dass Ihr erstgeborener Sohn bereits nach der ersten Lebenswoche selbst geatmet hat, und ich nehme an, dass er dabei eine nicht-invasive Atmungsunterstützung mit einer kleinen Maske über die Nase erhalten haben könnte. Als zusätzliches Problem hat sich bereits sehr früh eine schwere Komplikation im Magen-Darm-Kanal ergeben, möglicherweise eine Darmperforation oder eine Darmentzündung (eine sogenannte nekrotisierende Enterokolitis), welche rasch eine Operation erforderte. Daneben weist jedoch der Umstand, dass Ihr Kind bereits nach einer Woche allein atmen konnte, darauf hin, dass er trotz der schwierigen Gesamtbedingungen und der Unreife bereits anteilig selbst grundsätzliche Lebensleistungen übernehmen konnte. Nun sind Ihre beiden Kinder drei Wochen alt, befinden sich damit in der laufenden 27. Schwangerschaftswoche, und die Ärzte haben Ihnen die möglichen Chancen und Begrenzungen in Bezug auf die weitere Entwicklung dargestellt, soweit dies nach der insgesamt kurzen Zeit möglich ist. Häufig ist in dieser Lebensphase die Situation bei extrem kleinen Frühgeborenen weiterhin kritisch und das Überleben leider noch nicht immer gesichert. Dennoch haben Sie richtig entschieden, bei Ihrem Erstgeborenen die Hirnwasserableitung mittels einer extraventrikulären Drainage durch eine Operation zu ermöglichen. Unabhängig von den weiteren Problemen Ihres Sohnes würde der steigende Hirndruck das Gewebe zusätzlich schädigen, könnte auch Schmerzen und eine weitere Verschlechterung des Allgemeinbefindens begünstigen. Ich möchte Sie sehr ermutigen, gemeinsam mit dem Vati engmaschig das Gespräch mit dem Behandlungsteam zu suchen. Den weiteren Verlauf geben Ihre Kinder vor, und die Ärzte und Schwestern werden dies durch den Einsatz moderner neonatologischer Intensivtechniken begleiten. Manche Fragen, die Sie jetzt verständlicherweise sehr stark beschäftigen, lassen sich möglicherweise erst in den nächsten Tagen oder Wochen klarer beantworten. Entscheidungen über Art und Umfang der weiteren Therapie für Ihre Söhne können Sie im weiteren Verlauf nur gemeinsam mit den Behandlern treffen. An erster Stelle stehen dabei immer das Befinden Ihrer Kinder und Ihre Vorstellungen und Hoffnungen als Eltern. Alles Gute!

von PD Dr. med. Axel Hübler am 01.10.2020



Antwort auf: Wie wirkt sich eine Hirnblutung Grad 3+ und Hydrocephalus auf die Entwicklung au

Vielen Dank für Ihre Rückmeldung

von Angie 269 am 01.10.2020, 22:13



Antwort auf: Wie wirkt sich eine Hirnblutung Grad 3+ und Hydrocephalus auf die Entwicklung au

Hallo Angie, unser Sohn hatte ebenfalls schwere Hirnblutungen (rechts 3+ / links 2). Auch bei ihm entwickelte sich ein Hydrocephalus, weshalb er einen VP-Shunt bekommen hat. Eine EVD haben wir auch schon hinter uns aufgrund einer Shuntinfektion. Keiner der Ärzte, die ihn behandelt haben, hat sich gewagt eine Prognose zu stellen. Die Aussage war „es kann alles oder nichts bedeuten“. Im Laufe unserer Zeit auf der Neo kamen dann Sätze wie „man weiß ja nicht ob er mal laufen kann, sprechen kann, ...“. Für mich war diese Ungewissheit das Schlimmste. Weshalb ich das schreibe... ich möchte Mut machen! Unser Sohn (korrigiert 15 Monate) krabbelt, zieht sich überall hoch und liebt es zu stehen, sagt Mama, Papa und lautiert sehr vielfältig. Er macht gerne Gestiken und Geräusche nach und scheint (aktuell) kognitiv nicht beeinträchtigt zu sein. Ich habe mich viel belesen und kann laienhaft sagen: das unreife Gehirn eines Frühgeborenen KANN viel kompensieren und neue Verbindungen knüpfen. Ich wünsche Euch alles Gute und viel Kraft!

von Dani2019 am 27.11.2020, 23:15



Antwort auf: Wie wirkt sich eine Hirnblutung Grad 3+ und Hydrocephalus auf die Entwicklung au

Liebe Angie kann ich dich privat kontaktieren?

von Daina89 am 25.01.2023, 09:54



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