Wenn Babys flirten...

Baby lächelt verschmitzt

© Adobe Stock, Oksana Kuzmina

... dann ist das mit das Niedlichste, was man zu sehen bekommen kann. 

Mit dem Sprechen ist es zwar noch nicht so weit her, die Bewegungen lassen noch an Eleganz zu wünschen übrig und der Gang ist noch recht wackelig - aber mit dem Flirten klappt es schon.

Bis zu einem Alter von etwa einem Jahr gibt es für Babys an sozialem Miteinander eigentlich nur die enge Bindung zu den Eltern - darüber hinaus vielleicht noch zu dem einen oder anderen vertrauten Menschen aus ihrer engen Umgebung. Mehr noch nicht. Doch dieser Kontakt reicht ihnen völlig aus, gibt ihnen Geborgenheit und das Wissen, dass sich jemand um sie kümmert - ein Vertrauen, das für sie in diesem Lebensabschnitt die wichtigste Erfahrung ist.

Ab dem vierten, fünften Monat kann es aber auch hier und da schon zur interessierten Kontaktaufnahme mit fremden Babys kommen. Während die Kleinen in diesem Alter gegenüber unbekannten Erwachsenen meist noch mit Angst oder Weinen reagieren, haben sie mit gleichaltrigen Zeitgenossen weniger Probleme. Bringt man zwei Babys ab dem fünften Monat zusammen, werden sie sich in vielen Fällen schon gegenseitig anlächeln. Ab dem sechsten, siebten Monat ist mit den ersten freundlichen Annäherungsversuchen zu rechnen - einem Blick in die Augen, einem Ausstrecken der Hände, einem erstes Betasten.

Etwa mit einem Jahr kennen Babys ihre Eltern zur Genüge und richten ihr Interesse gezielt auf die weitere Umgebung. Dabei reagieren sie auf fremde Erwachsene allerdings noch immer nicht mit vorbehaltloser Sympathie, zeigen bei ihrem Anblick nun häufig eine kurze Zeit lang ein ratloses Gesicht, bevor sie zu weinen anfangen. Dieser - in der verlängerten Reaktionszeit erkennbaren "Denkprozess" mit dem Ergebnis "Dir trau ich nicht!" - fehlt aber in den meisten Fällen beim Anblick von Gleichaltrigen. Ganz im Gegenteil lächeln sie sich oft spontan an, beobachten sich, streicheln und "begreifen" sich.

Ab etwa eineinhalb Jahren kann man die ersten, freundlich auf andere Kinder gerichtete "Aktionen" als erweiterte, "prosoziale" Form der Kontaktaufnahme beobachten: das Verhalten oder Stimme eines anderen Kindes wird nachgeahmt, die Kinder bringen sich sogar gegenseitig Laute bei. Nase, Mund und Haare werden erkundet oder Spielsachen werden spontan geschenkt. Obwohl ihr Mitteilungsdrang zwischen dem ersten und zweiten Jahr stark ansteigt, bleibt der "Redeschwall" für ihren Spielkameraden doch ein Buch mit sieben Siegeln. Also wird zum besseren Verständnis die Körpersprache eingesetzt, z.B. Aktionen wie die oben genannten, die soviel ausdrücken sollen wie "den Keks teile ich mit Dir" oder "den Ball gibst Du mir jetzt wieder her!" oder "bleib noch, mit Dir spielt es sich super".

Die Bescheidenheit der Mittel birgt allerdings auch die Gefahr des allzu leichten Missverständnisses in sich, so dass aus einem herzlichen Flirt sehr schnell ein handfester "Krach", z. B. um Spielzeug, werden kann, in dessen Verlauf es zu Kleiderzerren, Haare ziehen, Hauen, Puffen, Knuffen, Kneifen, Beißen und hemmungslosen Wutausbrüchen kommen kann. Fast alle Mütter von Eineinhalbjährigen haben diese Erfahrung in ihrer Krabbelgruppe schon gemacht und ihr "aggressives" Kind betroffen von einem oder mehreren anderen getrennt.

Unterstützt wird dieses Temperament durch den allgemeinen Kräfteüberschuss (z.B. Durchstöbern und Erkunden von allem Erreichbaren), den Kinder in diesem Alter zeigen und die Entwicklung des ersten, eigenen Wollens, das in den Zeitraum zwischen dem ersten und zweiten Lebensjahr fällt. Mit diesem Wollen, aus dem um den zweiten Geburtstag herum ein zielgerichteter Wille wird, kommt die erste bewusste Erfahrung, dass man nicht alles bekommen kann, was man will. Hinzu kommt, dass ein "Nein!" unter Kindern wesentlich direkter und unmissverständlicher kommuniziert wird, als unter Erwachsenen. Entsprechend direkter und verblüffender ist die neue Erfahrung. Logischerweise haben die Kleinen nun aber noch kein "Handlungsrepertoire", aus dem sie eine für diesen Moment geeignete Reaktion wählen können und reagieren mit mehr oder weniger lautstarker Enttäuschung. Je nach Stärke des Wollens und der Tiefe der Enttäuschung.

Für die Kinder selbst sind solche "Zusammenstöße" weniger dramatisch als für die Eltern. Ihre manchmal recht heftigen Streitereien beruhen nicht auf Antisympathie untereinander. Die Empfindungen, die sie dabei haben sind zwar intensiv, aber weniger nachhaltig, so dass schon die nächste Ablenkung alle Enttäuschung und Wut in helle Freude umschlagen lassen kann und man sich schon nach kurzer Zeit wieder "Küsschen gibt".

Besonders, wenn sich Konflikte mit anderen Kindern einer Gruppe häufen, nehmen viele Eltern an, dass ihr Kind noch keine Spielgefährten braucht. Dies ist aber nicht der Fall. Kinder brauchen Kinder, selbst wenn es zwischen ihnen immer wieder zu Auseinandersetzungen kommt. Auch "aggressive" Charaktere sollte man nicht ausschließen, sondern unter Zureden entsprechend langsam und mittels kürzerer Kontakte z. B. an eine Krabbelgruppe heranführen. Aggressivität entsteht nicht selten aus Unsicherheit. Unsicherheit und Angst beruhen aber darauf, dass sich das Kind noch nicht zurechtfindet in seiner Umgebung und vielleicht etwas mehr Zeit und Unterstützung als andere braucht. Moralpredigten oder Schimpfen werden in diesem Alter noch kaum verstanden und eine gänzliche Kontaktvermeidung mit anderen wäre falsch.

Zum zweiten Geburtstag hin nimmt das Interesse an Spielzeug nämlich ab und das Interesse an Gleichaltrigen wächst. Jetzt sollte das Kind auch die Möglichkeit bekommen, seine ersten sozialen Erfahrungen zu sammeln. Dass die meisten Kleinen das durchaus wollen, zeigt sich z. B. darin, dass sie ihr Spielzeug nun immer häufiger benutzen, um eine Beziehung herzustellen. Ab dem zweiten Geburtstag beschäftigen sie sich schon immer öfter länger mit anderen als mit sich selbst, bevorzugte Spielkameraden werden in der Gruppe wieder erkannt und zum Spielen aufgefordert.

Wichtig zu wissen ist, dass diese Lieblingsspielgefährten in der Regel nun einen recht großen Einfluss auf das Kind und sein Verhalten haben können. Denn Kinder übernehmen sehr gern sowohl positive als auch negative Verhaltensmuster ihrer "Auserwählten", werfen z. B. mit Gegenständen wenn der andere es tut oder spielen friedlich, wenn der andere es vormacht. In dieser Phase kann es durchaus Sinn machen, wenn Eltern ein Auge auf die Wahl des Lieblingsspielgefährten legen, ohne sich aber gleich in jeden, harmlosen Flirt einmischen zu müssen.

Zuletzt überarbeitet: April 2019

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