
Verstopfung, in der Fachsprache als Obstipation bezeichnet, ist ein häufiges Problem bei Babys und Kleinkindern, das sowohl für die Kinder als auch die Eltern belastend sein kann. Doch keine Sorge – in den meisten Fällen ist keine Krankheit die Ursache. Mit dem richtigen Wissen und gezielten Maßnahmen kann dieses Thema effektiv gemeistert werden.
Woran erkennt man Verstopfung?
Eltern sollten folgende Anzeichen beachten:
- Schmerzhafter Stuhlgang: Z.B. harter oder voluminöser Stuhl.
- Bauchschmerzen und Weinen: Kinder zeigen oft Unwohlsein.
- Rückhaltemanöver: Manche Kinder drücken die Ferse in die Afterregion, um den Stuhlgang zu vermeiden.
Kurze Faustregel: Weniger als drei Stuhlgänge pro Woche oder Blutauflagerungen auf hartem oder sehr festem Stuhl sind potenzielle Warnzeichen. Zwischen dreimal am Tag bis dreimal pro Woche eine Stuhlentleerung liegt dagegen alles im normalen Bereich.
Per Definition versteht man unter Verstopfung eine unzureichende Stuhlentleerung in Häufigkeit und/oder Menge mit gleichzeitigem Auftreten von Beschwerden, wie Bauchschmerzen oder auch Schmerzen bei der Stuhlentleerung selbst oder kurz davor (Dyschezie). Hält dies mehr als zwei Monate an, spricht man von einer chronischen Verstopfung
Ursachen von Verstopfung
Die Gründe für Verstopfungen sind vielfältig:
- Funktionelle Störungen: Am häufigsten tritt Verstopfung ohne erkennbare organische Ursache auf.
- Pseudoobstipation bei gestillten Babys: Seltenerer Stuhlgang ohne Beschwerden aufgrund ballaststoffarmer Muttermilch.
- Krankheiten: Z.B. Zöliakie, Morbus Hirschsprung oder andere Darmerkrankungen, die nur einen kleinen Anteil der Fälle ausmachen.
Sonderfall Pseudoobstipation bei gestillten Babys
Machen Sie sich keine Gedanken, wenn Sie Ihr Baby stillen und es selten Stuhlgang hat. Es kommt sehr häufig vor, dass gut gedeihende und besonders schnell an Gewicht zunehmende Babys mehrere Tage bis hin zu zwei oder sogar drei ( ! ) Wochen keinerlei Stuhl absetzen. Solange sich Ihr Baby offensichtlich wohlfühlt und an der Brust trinkt, besteht kein Anlass zur Sorge. Das Phänomen wird Pseudoobstipation des gestillten Säuglings genannt. Ursache dafür ist der geringe Gehalt der Muttermilch an Ballaststoffen. Ändert sich die Ernährung (Flaschenmilch, Beikost) wirkt sich das auf die Stuhlentleerungen aus.
Präventive Maßnahmen
Die beste Behandlung ist Prävention:
- Ballaststoffreiche Ernährung: Vollkornprodukte, Obst (z.B. Äpfel, Birnen) und Gemüse (z.B. Karotten, Brokkoli).
- Ausreichende Trinkmenge: Wasser und ungesüßte Tees sind ideal.
- Bewegung fördern: Toben und Spielen unterstützen die Darmfunktion.
- Kindgerechte Toilettensituation schaffen: Ein Töpfchen oder ein Kinder-WC-Aufsatz mit Hocker für die Füße. Die Füße Ihres Kindes sollten nicht „in der Luft hängen“ während es auf dem WC sitzt, sondern auf einem Hocker, Fußbank etc. aufgesetzt werden können.
Praktische Tipps: Nach dem Frühstück gezielt das WC aufsuchen – so kann der natürliche gastrokolische Reflex genutzt werden. Es entsteht ein „antrainierter Automatismus“ zum Toilettengang, den man langfristig etablieren und so zu einer regelmäßigen (täglichen) Stuhlentleerung kommen kann.
Behandlungsmöglichkeiten einer Verstopfung
Bei bereits bestehenden Verstopfungen gibt es verschiedene Ansätze:
- Macrogol-Präparate: Diese Mittel machen den Stuhl weich und sind gut verträglich. Die Anwendung ist unbedenklich, Nebenwirkungen oder eine Gewöhnung des Darmes sind nicht zu befürchten. Sie können über Monate oder gar Jahre täglich genutzt werden. Meine persönliche Empfehlung: Sobald sich die Eltern mit der Anwendung vertraut gemacht haben, können sie über die Dauer der Anwendung von Macrogol und seine Dosierung selbst entscheiden.
- Kindgerechte Therapien: Bei leichten Fällen helfen oft kleine Änderungen im Alltag, bei schweren ist eine ärztliche Abklärung ratsam.
Kurzer Hinweis: Verstopfung besser "von oben" (also mit Macrogol) behandeln als "von unten". Einläufe und Zäpfchen sind für eine möglichst nur einmalige Akutanwendung geeignet.
Von Laktose (Milchzucker) oder Laktulose sind aus meiner Erfahrung ebenfalls keine langfristigen Behandlungserfolge zu erwarten. Bei Laktulose ist nach einiger Zeit mit einem Wirkungsverlust zu rechnen und Laktose stellt keinen klassichen Ballaststoff dar, der hilfreich wäre bei einer Verstopfung.
Wann sollten Sie mit Ihrem Kind zum Arzt gehen?
Nach einem zielgerichteten ärztlichen Gespräch und einer klinischen Untersuchung kann in den meisten Fällen eine Diagnose gestellt werden und darauf aufbauend kann Ihrem Kind schnell und dauerhaft geholfen werden. Wichtig ist herauszufinden, ob es sich um eine funktionelle Verstopfung (häufig) oder eine Krankheit als Ursache (seltener) handelt.
Eine Zöliakie (Glutenunverträglichkeit) lässt sich durch Blutuntersuchungen ausschließen oder vermuten und führt im letzteren Fall zu weiteren Untersuchungen. Hier muss bei positivem Befund eine professionelle Ernährungsberatung und eine lebenslange, glutenfreie Diät erfolgen. Störungen der Enddarmfunktion bzw. krankhafte Veränderungen im Analbereich lassen sich durch gezielte Untersuchungen feststellen. In seltenen Fällen können operative Eingriffe notwendig sein, z.B. bei Morbus Hirschsprung.
Eine gründliche Abklärung durch den Kinderarzt/Kinderärztin ist also empfehlenswert. Diese/dieser wird gegebenenfalls zum Besuch einer kindergastroenterologischen Spezialambulanz zur definitiven Klärung raten. Eine spezialisierte Ambulanz finden Eltern mit Hilfe des Kinderarztes oder unter www.gpge.de.
Falls Sie Fragen zu Bauchschmerzen, Blähungen, Verstopfung bzw. anderen Verdauungsproblemen ihres Kindes haben sollten, schreiben Sie mir bitte im Expertenforum Kinderernähung und Gastroenterlogie. Ich und meine Kollegen beantworten Ihnen dort kostenlos und kompetent alle Fragen.