Auf TikTok können Kinder richtige Stars sein - und ihrer Kreativität freien Lauf lassen. So schön, so gut. Aber die Plattform birgt für die Kleinen Gefahren, die ernst zu nehmen sind.
TikTok - kreative Quelle oder eine Gefahr für die Gesundheit von Kindern?
In den unterhaltsamen Miniclips können Kinder cool und witzig sein und sich auf einer weltweiten Bühne mit Filter, Zeitlupe, Zeitraffer, Rückwärtsfunktion, Pulsieren oder Duett-Aufteilung selbst in Szene setzen. So lassen sich Freunde, aber darüber hinaus noch unzählige Zuschauer erreichen, die dann Anerkennung in Form von Likes und positiven Kommentaren hinterlassen. Für Kinder und Jugendliche Balsam für die Seele - aber TikTok kann für die psychische Gesundheit von Kindern auch eine Gefahr darstellen.
"Unsere Kinder wachsen im Zeitalter der sozialen Medien auf - und viele haben das Gefühl, dass sie sich mit den gefilterten Versionen der Realität messen müssen, die sie auf ihren Bildschirmen sehen", erklärt der kalifornische Generalstaatsanwalt Rob Bonta nach einer Untersuchung der Plattform in Bezug auf die Auswirkungen von TikTok. US-amerikanische Abgeordnete und Bundesaufsichtsbehörden kritisieren TikTok für Praktiken und computergesteuerte Werbung für Inhalte, welche die körperliche und geistige Gesundheit von jungen Nutzern gefährden können. Die Videoinhalte könnten Essstörungen und sogar Selbstverletzungen und Selbstmord fördern, so die Politiker.
TikTok-Challenges stacheln den Ehrgeiz und Risikofreude an
Weltweit hat TikTok eine Milliarde Nutzer. Auf der Plattform finden sich neben kreativen und lustigen Clips auch unangemessene und jugendgefährdende Inhalte. So hat jugendschutz.net rechtsextreme und islamistische Inhalte sowie Videos, die Selbstgefährdungen verherrlichen, gefunden.
Dies zeigt sich etwa in den beliebten TikTok-Challenges: In einem Wettbewerb werden die Teenager dazu aufgerufen, Clips zu bestimmten Liedern oder Themen anzufertigen - und in manchen Challenges bringen sich die Kinder dann auf der Jagd nach tollen Videos, Aufmerksamkeit, Lob und Zuspruch auch in Gefahr. Denn der Ehrgeiz wird angestachelt und so wird ein Risiko in Kauf genommen, dass in einigen Fällen lebensgefährlich sein kann. Beispielsweise wird in der Kulikitaka dazu aufgefordert, Kühe zu erschrecken. Wie die Kühe darauf reagieren, wird per Video aufgenommen und hochgeladen.
Falsche Ideale und verzerrte Realität
Es ist erwiesen, dass die Reize, welche soziale Netzwerke und damit auch TikTok bieten, eine neurologische Reaktion im Gehirn auslösen, die süchtig machen kann. Internetsucht bzw. Handysucht sind heutzutage keine Fremdwörter mehr und diese Erkrankungen können natürlich bei Heranwachsenden, die ausgiebig in sozialen Netzwerken aktiv sind, befeuert werden.
Darüber hinaus werden Kinder auf TikTok schnell dazu verleitet, ihren Selbstwert an Äußerlichkeiten festzumachen. Teenager buhlen oft um Beliebtheit, suchen sich vielleicht schnell falsche Vorbilder, vergleichen sich und laufen dann auch mal einer verzerrten Wirklichkeit und unerreichbaren Schönheitsidealen hinterher. Oft ist es kaum erkennbar, wenn Bilder und Videos digital bearbeitet sind. Mit den Medien kann aber eine negative Spirale in Gang gesetzt werden; schlimmstenfalls können ein sinkendes Selbstwertgefühl, Essstörungen oder Anzeichen für Depression die Folge sein.
Negative Kommentare: öffentliches Mobbing kann viel Schaden anrichten
Die Kehrseite zu positivem Feedback ist genauso gravierend. Kinder neigen noch eher als Erwachsene dazu, negativen, womöglich beleidigenden, verletzenden Kommentaren einen Wert beizumessen.
Das Problem ist, dass die Videos auch außerhalb von TikTok verbreitet werden. So findet man unter dem Hashtag #peinlich auf YouTube Zusammenschnitte peinlicher TikTok-Videos und verletzende Kommentare. Für Kinder kann dieses öffentliche Cybermobbing nur sehr schwer auszuhalten sein.
Vorsicht mit offenherzigen, freizügigen Inhalten auf TikTok
Ein weiteres Risiko ist die sinkende Schamschwelle. Aufmerksamkeit zu bekommen, ist das Ziel - dafür filmten sich Kinder auch schon in freizügigen Posen, in knapper Bekleidung und in aufreizenden Aktivitäten. Kommen darauf dann lobende und anzügliche Kommentare, fassen Kinder das schnell als Bestätigung auf. Je mehr Kinder sich aber auf diese Weise zeigen, desto mehr Kinder fühlen sich motiviert, es ihnen gleichzutun.
So werden sexuell motivierte Erwachsene angezogen. Bei einem Account, der nicht auf "privat" gestellt ist, können diese dann über die Chat- und Kommentarfunktion sogar Kontakt mit den Kindern aufnehmen. Hier müssen Eltern ihren Nachwuchs unbedingt sensibilisieren und schützen. Sprich mit deinem Kind, dass nicht alle Beiträge für die Öffentlichkeit gedacht sind. Die Videos können kopiert, gespeichert und weitergeleitet werden. Vor allem am Anfang und bei jungen Kindern sollten Eltern im Blick behalten, was ihr Kind veröffentlicht und auch vorher ihre Zustimmung zu den einzelnen Videos geben bzw. verweigern.
Sicherheit und Datenschutz
Wichtig: Der Account sollte auf Privat gestellt und mit einem sicheren Passwort geschützt werden. Auch wenn ein privater Account natürlich wesentlich weniger Herzen/Likes bekommt als ein öffentlicher Account, sollte man aus Sicherheitsgründen daran festhalten. Dies ist seit zwei Jahren bei allen Konten von Jugendlichen zwischen 13 und 15 Jahren, inzwischen aber auch automatisch so eingestellt. Damit können die Kinder selbst entscheiden, wer ihnen folgen und ihre Videos anschauen bzw. kommentieren kann. Die Kommentarfunktion ist in den Standardeinstellungen deaktiviert und kann maximal für "Freunde" freigeschaltet werden. Die Funktionen "Duett" und "Stitch", die das Weiterverwenden von Videos erlaubt, sind für Kinder zwischen 13 und 15 Jahren auf TikTok deaktiviert.
Kinder gehen mit ihren persönlichen Daten oft unbedarft und nicht so sorgsam um. Da der Datenschutz aber auf der Plattform nicht so hochgehalten wird, kann das riskant sein. Im Profil sollten deshalb keine persönlichen Daten angegeben werden. Bei der Registrierung müssen entweder Telefonnummer bzw. E-Mail-Adresse angegeben oder ein anderer bestehender Account, etwa Facebook oder Instagram verknüpft werden. TikTok liest anschließend automatisch die Kontaktliste bzw. das Telefonbuch aus.
Quellen:
Internet-abc:Kinder und TikTok - viel Spaß, aber auch einige Gefahren
Klicksafe: TikTok sicher nutzen
Krisenchat: Der Reiz an TikTok - warum die App so schnell süchtig macht
ZDF: Tiktok: Wie Eltern ihr Kind schützen können