
Ein Baby in den Armen zu halten - das ist dein sehnlichster Wunsch seit langer Zeit und du kennst alle Gefühlslagen der Kinderwunschzeit ganz genau? Dann ist es vielleicht Zeit für dich, über einen neuen Weg nachzudenken.
Als Psychologin und BKID-zertifizierte Beraterin des Beratungsnetzwerk Kinderwunsch Deutschland habe ich mich darauf spezialisiert, Familien mit unerfülltem Kinderwunsch zu begleiten. In meiner Arbeit erlebe ich immer wieder, wie unterschiedlich Paare mit der Entscheidung für eine Eizellspende umgehen und welche Fragen und Unsicherheiten sie beschäftigen. In diesem Artikel möchte ich die wichtigsten Aspekte aufgreifen und euch praxisnahe Tipps aus meiner Beratungstätigkeit mit auf den Weg geben.
Eizellspende - ein sensibles Thema und in Deutschland derzeit noch nicht erlaubt
Die Eizellspende ist in der Regel ein Plan B und bietet kinderlosen Paaren eine Option, doch noch ein Kind zu bekommen. Während sich die Samenspende schon seit vielen Jahren etabliert hat, bleibt die Eizellspende ein sensibleres Thema, das gesellschaftlich und politisch nach wie vor kontrovers diskutiert wird.
In Deutschland ist sie nach dem Embryonenschutzgesetz (ESchG) verboten, weshalb sich viele Paare mit Kinderwunsch für eine Behandlung im Ausland entscheiden. Doch wie ist die rechtliche Lage genau? Welche emotionalen Herausforderungen bringt diese Entscheidung mit sich? Und warum ist es so wichtig, das Kind über seine Entstehung aufzuklären?
1. Rechtliche Situation der Eizellspende
Die Eizellspende ist in Deutschland und der Schweiz momentan nicht erlaubt, während sie in Österreich und anderen Ländern wie Spanien, Dänemark, Finnland, Griechenland oder Tschechien unter bestimmten Voraussetzungen legal ist. In Deutschland ist zwar die Samenspende erlaubt, doch das Embryonenschutzgesetz (ESchG) verbietet die Verwendung fremder Eizellen. Das bedeutet, dass Ärztinnen und Ärzte in Deutschland keine Eizellen von Dritten für die künstliche Befruchtung einsetzen dürfen.
Für Paare, die sich dennoch für eine Eizellspende entscheiden, bleibt daher nur der Weg ins Ausland. Es ist wichtig zu wissen, dass die Inanspruchnahme einer Eizellspende im Ausland für die Empfängerinnen in Deutschland rechtlich unbedenklich ist. Werdende Mütter erhalten in Deutschland die gleiche medizinische Versorgung wie jede andere Schwangere.

2. Die emotionale Seite der Eizellspende
In meiner Praxis erlebe ich häufig große Unsicherheiten und Ängste bei Betroffenen, die sich mit der besonderen Form der Familiengründung auseinandersetzen. Daher würde ich jedem Paar empfehlen, sich vorab von einer psychosozialen Fachkraft beraten zu lassen. In einem geschützten Rahmen können Sorgen und Unsicherheiten offen ausgesprochen und wichtige Fragen gemeinsam geklärt werden.
Die Entscheidung, mit gespendeten Zellen eine Familie zu gründen, ist ein längerer Prozess und erfordert eine schrittweise Auseinandersetzung. Sie sollte erst nach reiflicher Überlegung und der Verarbeitung des unerfüllten Kinderwunsches mit eigenen Genen getroffen werden.
Anders als bei einer Adoption kann der Zeitpunkt der Schwangerschaft selbst beeinflusst werden, was viele Paare sehr schätzen. Außerdem kann die Mutter ihr Kind durch epigenetische Einflüsse während der Schwangerschaft prägen. Für viele Frauen ist es auch Herzenswunsch, die Schwangerschaft, Geburt und das Stillen selbst erleben zu können.
Viele Fragen und Unsicherheiten
Gleichzeitig bringt dieser Weg viele Fragen und Unsicherheiten mit sich:
- Anonyme Spende oder offene Spende?
- Was sagen wir unserem Kind? Und wann und wie?
- Wie gehen wir mit dem Thema in unserem sozialen Umfeld um?
- Wie gehe ich damit um, wenn andere merken, dass unser Kind gar nicht von mir stammt?
- Was, wenn das Kind später sagt: „Du hast mir nichts zu sagen, du bist nicht meine echte Mama“?
Wichtig zu wissen: Studien zeigen, dass die Bindung zu einem Kind nicht über die Gene entsteht. Für das Wohl des Kindes ist eine stabile, liebevolle und verlässliche Eltern-Kind-Beziehung das A und O. Kinder aus Familien mit Eizell- oder Samenspende entwickeln sich familiendynamisch und entwicklungspsychologisch genauso gesund, wie andere, solange sie in einem unterstützenden und emotional stabilen Umfeld aufwachsen. Viele Mütter, die sich bewusst auf diesen Weg einlassen, berichten mir später, dass die anfänglichen Sorgen und Bedenken im Laufe der Zeit keine Rolle mehr spielen.
3. Offene Eizellspende versus anonyme Eizellspende
Unterschied zwischen offener und anonymer Spende:
- Offene Spende: Diese Form der Spende ermöglicht es dem Kind, später mehr über seine genetische Herkunft zu erfahren und eventuell Kontakt zur Spenderin aufzunehmen. Die Identität der Spenderin ist bekannt oder kann zu einem bestimmten Zeitpunkt vom Kind eingesehen werden. In nordischen Ländern wie Dänemark oder Finnland ist beispielsweise die offene Spende weit verbreitet.
- Anonyme Spende: Bei einer anonymen Spende bleibt die Identität der Spenderin unbekannt. Das Kind hat später keine Möglichkeit, Informationen über seine genetische Herkunft zu erhalten.

Was es für das Kind bedeutet und wann man darüber sprechen sollte
Die Wahl zwischen einer anonymen und einer offenen Spende ist eine sehr persönliche Entscheidung und kann sich auf die spätere Identitätsfindung des Kindes auswirken. Welche Form der Spende zu den eigenen Werten und Vorstellungen passt, sollte vorab gut überlegt werden. Eine nicht-anonyme Spende bietet dem Kind grundsätzlich die Möglichkeit, selbst zu entscheiden, ob es mehr über seine genetische Herkunft erfahren möchte oder nicht. Darüber hinaus trägt eine offene Kommunikation in der Familie in der Regel dazu bei, das Vertrauen untereinander zu stärken und die Bindung zwischen Eltern und Kind zu vertiefen.
Ein weiterer zentraler Aspekt bei der Entscheidung für eine Eizellspende ist, ob offen mit dem Kind kommuniziert wird oder die Art der Entstehung geheim gehalten wird. In Deutschland besteht keine gesetzliche Verpflichtung eine Eizellspende offenzulegen. Dennoch entscheiden sich immer mehr Paare, von Beginn an mit dem Kind und dem nahen Umfeld über die besondere Form der Zeugung zu sprechen. Studien und zahlreiche Erfahrungsberichte zeigen, dass eine offene Kommunikation zu mehr Klarheit führt und das Vertrauen innerhalb der Familie stärkt.
Um herauszufinden, was für die eigene Familie und das Kind stimmig ist, kann es hilfreich sein, sich folgende Frage zu stellen „Wie hätte ich mir als Kind gewünscht, dass mit dieser Situation umgegangen wird?“ Ein Perspektivenwechsel eröffnet einen einfühlsamen Blick darauf, was nicht nur für einen selbst, sondern vor allem für das langfristige Wohl des Kindes am besten ist.
4. Psychosoziale Beratung: ein wichtiger Schritt
Bevor ihr euch für eine Eizellspende entscheidet, ist es sinnvoll, eine psychosoziale Beratung in Anspruch zu nehmen. Ziel ist es, euch auf eurem individuellen Weg zum Wunschkind zu begleiten und zu bestärken, selbstbewusst hinter der Entscheidung zu stehen. Weitere Informationen zu meiner Beratung findet ihr unter: www.kinderwunschcoaching.eu.
Mögliche Gesprächsinhalte könnten sein:
- Unsicherheiten, Sorgen und Ängste hinsichtlich der Annahme des Kindes
- Wahl zwischen anonymer und nicht-anonymer Spende
- Umgang mit Familie und Freunden: wen geht das etwas an?
- Bedeutung der genetischen Herkunft für das Kind
- Aufklärung des Kindes – Wann und wie? (Buchtipp: „Von Wunschkindern und Glücksboten“) .
- Praktische Schritte von der Behandlung bis hin zu einem möglichen Kennenlernen der Spenderin
Fazit
- Für das Familienleben sind vor allem emotionale Aspekte wie Fürsorge, Sicherheit und eine enge Bindung von Bedeutung.
- Das Wissen über die eigene Herkunft kann für Kinder eine wichtige Rolle spielen. Eine nicht-anonyme Spende eröffnet dem Kind die Möglichkeit, später Kontakt zur genetischen Spenderin oder dem Spender aufzunehmen.
- Eine offene Kommunikation innerhalb der Familie und im sozialen Umfeld kann den Umgang mit der Thematik erleichtern und das familiäre Zusammengehörigkeitsgefühl stärken.
- Psychosoziale Beratung vor der Behandlung ist empfehlenswert, um Fragen und mögliche Unsicherheiten frühzeitig zu klären. Viele Kliniken setzen eine solche Beratung mittlerweile voraus.
Hast du noch Fragen?
Ich wollte dich mit diesem Text gut informieren und aufklären. Ist mir das gelungen? Vielleicht sind bei dir noch einige Fragen offen geblieben oder neue Fragen aufgeploppt: Bitte besuch mich gern im Expertenforum auf Rund ums Baby "Aufklärung zu Samenspende und Eizellspende" und stell mir deine Fragen. Ich werde sie dir zeitnah und kompetent beantworten.
- Buch zur Aufklärung von Kindern, die mit Hilfe von Eizellspende, Samenspende oder Doppelspende entstanden sind: „Von Wunschkindern und Glücksboten“
- Der Kompaktratgeber „Samenspende, Eizellspende & Co. – Mit Familie und Freunden sprechen“, den ich gemeinsam mit Dr. Petra Thorn geschrieben habe, bietet wertvolle Impulse und Hilfestellungen, wie man das Thema im persönlichen Umfeld ansprechen kann.