Frage im Expertenforum Stillberatung an Biggi Welter:

Stillen unter Einnahme von Lamotrigin (Anti-Epileptikum)

Biggi Welter

 Biggi Welter
Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

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Frage: Stillen unter Einnahme von Lamotrigin (Anti-Epileptikum)

MissKita

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Liebes Expertenteam! Vor fast vier Jahren hatte ich an einem Tag 3 epileptische Anfälle und nehme seitdem täglich morgens und abends je 100mg Lamotrigin (Anti-Epileptikum) ein. Es wurde nie eine Ursache gefunden und weitere EEGs und Untersuchungen waren ohne Befund. Nun bin ich in der 34. Woche schwanger und würde eigentlich sehr gerne mein Kind stillen. Leider gehen die Meinungen dazu stark auseinander. Während mein Neurologe sagt "aus fachmedizinischer Sicht wäre es nicht zu empfehlen", sagt meine Frauenärztin, dass ich es auf jeden Fall versuchen sollte, weil Muttermilch nur Vorteile hat und "was denn passieren sollte?" Ähm ja, Sie sind die Ärztin. Wie soll ich das beurteilen??? Im Internet hab ich so richtig viel auch nicht gefunden. Wenige Berichte in Foren, teilweise von Frauen mit höheren Dosen, bei denen es problemlos geklappt hat. Die Seite embrytox habe ich schon besucht. Dort heißt es: ----- Pharmakokinetik: HWZ: 24-35 h; Proteinbindung: 55%; molare Masse: 256; relative Dosis: 10 bis max. 20%; M/P-Quotient: 0,6; orale Bioverfügbarkeit: 100%. Im Plasma einiger Kinder konnten therapeutische Konzentrationen nachgewiesen werden. Klinik: Bei insgesamt mehreren Dutzend ausgewerteten Mutter-Kind-Paaren waren fast alle Kinder unauffällig, bei einigen wurden leichte Unruhe und gastrointestinale Symptome beobachtet, vereinzelt auch Transaminasenerhöhungen. Kürzlich wurde auch über Atemstörungen bei einem 16 Tage alten voll gestillten Kind berichtet, das Serumspiegel im oberen therapeutischen Bereich aufwies. Zur Frage der Langzeitentwicklung gibt es keine Untersuchungen. Empfehlung: Stillen unter Monotherapie erscheint akzeptabel. Ggf. kann nach etwa 2-3 Wochen, vor allem aber bei anders nicht zu erklärender Symptomatik, die Arzneikonzentration beim Kind bestimmt werden.----- Ich bin sehr verunsichert und fast schon geneigt den Stillgedanken aufzugeben, wobei ich das wirklich gerne stillen möchte. Nur soll mein Kind natürlich nicht drunter leiden. Ich weiß auch nicht, ob es etwas nützen würde, wenn die Dosis nach der Schwangerschaft reduziert würde. Momentan wird alle sechs Wochen der Medikamentenspiegel in meinem Blut gemessen. Dieser sinkt immer weiter ab. Es waren mal 3,5 (ca.) und bei der letzen Untersuchung nur noch 0,8. Da es aber keine Auffälligkeiten gibt, sieht mein Neurologe von einer Anpassung der Dosis ab. Können Sie mir etwas dazu raten?


Biggi Welter

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Liebe MissKita, ich kann und darf keine medizinischen Ratschläge erteilen, ich bin kein Arzt. Ich würde mir unbedingt eine zweite Arztmeinung einholen, denn es GIBT stillverträgliche Mittel. Sie müssen ganz sicher NICHT auf das Stillen verzichten. Bei Fragen zur Vereinbarkeit von Medikamenten und Stillzeit (und natürlich auch Schwangerschaft) kann und sollte sich dein Arzt jederzeit an das Berliner Pharmakovigilanz und Beratungszentrum für Embryonaltoxikologie ("Embryotox") wenden, das unter der Telefonnr. 030 450-525700 erreichbar ist, per mail unter mail@embryotox.de, oder online unter www.embryotox.de bzw. http://www.bbges.de/content/index024a.html. Sehr viele Menschen, die an Epilepsie leiden, können durch Medikamente ein anfallsfreies Leben führen, leider nicht alle. Durch die Hormonveränderungen der Schwangerschaft kann (nicht muss) es zudem zu Veränderungen auch im Krankheitsbild der Epilepsie kommen. Daher sollte eine Epileptikerin einige Vorbereitungen treffen, die Sicherheit des Babys für den Fall, dass die Mutter einen Anfall erleidet, gewährleisten. Diese Sicherheitsmaßnahmen gelten nicht nur für stillende Frauen, sondern auch für nicht stillende Mütter: • Die Mutter sollte, wenn vorhanden, in einem großen, weichen Sessel stillen. Sollte es zu einem plötzlichen Anfall kommen, trägt die Polsterung dazu bei, die Mutter in dem Sessel zu halten und das Baby zu schützen. • Stillt die Mutter in einem Schaukelstuhl oder einem anderen Stuhl, dessen Armlehnen nicht gepolstert sind, sollte sie die Lehnen polstern lassen. Eine Möglichkeit wäre, zwei dick gefaltete Handtücher um jede Armlehne zu wickeln und sie anzuheften, damit sie an Ort und Stelle bleiben. Dadurch entsteht ein Kissen für den Kopf des Babys und eine Polsterung für den Fall eines Anfalls. Zusätzliche Kissen können dabei helfen, Prellungen bei der Mutter zu vermeiden. • Stillt die Mutter in aufrecht sitzender Haltung, sollte sie ihre Füße durch einen kleinen Schemel höher stellen. Bei erhöht stehenden Beinen würde das Baby bei einem Anfall in ihren Schoß rollen. • Möchte die Mutter mit ihrem Baby zusammen schlafen, kann sie Bettgitter und Kissen zum Polstern benutzen. Auf einer Decke auf dem Boden zu liegen bietet ebenfalls Sicherheit für Mutter und Baby. • In jedem Stockwerk des Hauses sollte ein Laufstall oder ein (Reise)Bett aufgestellt werden. Spürt die Mutter, dass es zu einem Anfall kommt, kann sie ihr Baby an einem sicheren Platz ablegen. • Sobald das Baby krabbelt oder ins Kleinkindalter kommt, sollten an Treppen und Eingängen Gitter angebracht werden, so dass das Kind bei einem Anfall in einer sicheren Umgebung bleibt. • Wenn die Mutter mit dem Baby ausgeht, sollte sie einen Aufkleber oder einen Anhänger am Kinderwagen oder Buggy anbringen, mit einer Erklärung, dass sie unter Epilepsie leidet, und den Namen des Babys und einer Verwandten oder Freundin nennen, die erreichbar sind, um bei der Versorgung des Babys zu helfen. In Bezug auf die notwendigen Medikamente, sollten Sie mit Ihrer behandelnden Ärztin/arzt sprechen, da es durchaus stillverträgliche Möglichkeiten gibt. Damit sich Ihre Ärztin/Arzt über die neuesten Erfahrungen und Studien informieren kann, sollte sie sich an die Beratungsstelle für Vergiftungserscheinungen und Embryonaltoxikologie in Berlin Tel.: 030 306 867 11 wenden. Das Team um Dr. Schaefer verfügt immer über die neuesten Informationen zu Medikamentenfragen in Schwangerschaft und Stillzeit. Ihnen selbst möchte ich ans Herz legen, sich baldmöglichst gut über das Stillen und die grundlegenden Dinge wie korrektes Anlegen und Ansaugen, das Prinzip von Angebot und Nachfrage, Stillen nach Bedarf usw. informieren. Hierzu bietet sich neben dem Lesen der entsprechenden Literatur (z.B. "Stillen gesund und richtig" von Denise Both und Gabi Eugster, "Das Handbuch für die stillende Mutter" von der La Leche Liga, "Stillen einfach nur stillen" von Gwen Gotsch) der Besuch einer Stillgruppe an. In einer Stillgruppe treffen Sie nicht nur andere stillende Mütter, sondern Sie lernen auch gleich eine kompetente Ansprechpartnerin kennen, für den Fall, dass es nach der Geburt zu Stillproblemen kommen sollte. In jedem Fall würde Ihnen raten, noch während der Schwangerschaft eine Stillgruppe zu besuchen und sich dort informieren und beraten zu lassen. Dort lernen Sie auch gleich eine kompetente Ansprechpartnerin kennen, falls es nach der Geburt zu Problemen kommen sollte. Ich wünsche Ihnen eine schöne restliche Schwangerschaft und eine gute Geburt. LLLiebe Grüße Biggi Welter


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