Frage im Expertenforum Stillberatung an Biggi Welter:

Stillen und Kinderwunsch

Biggi Welter

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Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

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Frage: Stillen und Kinderwunsch

Jonamami

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Hallo Biggi, Dank deiner tollen Ratschläge stille ich meinen Sohn nun schon 15 Monate und wir sind beide sehr zufrieden damit, auch mein Mann unterstützt mich glücklicherweise dabei. Aktuell stille ich meist nur noch morgens nach dem Aufwachen und abends vor dem Einschlafen, manchmal auch noch nachts einmal, wenn er sich anders nicht beruhigen lässt. Dadurch ist mein Alltag tagsüber nicht eingeschränkt, der Kleine geht vormittags in den Kindergarten und ich arbeite wieder halbtags. Nun machen mir aber Familie, Freunde und Kollegen Druck, ich sollte doch jetzt endlich abstillen, das sei unnormal und würde das Kind in seiner Selbstständigkeit behindern. Außerdem möchten mein Mann und ich gern bald noch ein zweites Kind. Wie siehst du das mit dem Langzeitstillen - ich kann mir nicht vorstellen, dass das nachteilig fürs Kind ist? Und kann ich trotzdem wieder schwanger werden? Meine Periode hatte ich erstmalig wieder, als mein Sohn 14 Monate alt war. Vielen Dank für deine Hilfe, liebe Grüße, Jonamami


Biggi Welter

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Liebe Jonamami, der Einstellung, dass das Langzeitstillen die Loslösung beeinträchtige oder ein Problem in Hinblick auf die Theorie des Übergangsobjektes darstellt, ist keineswegs bewiesen. Dieser Vorstellung liegt eine Hypothese zugrunde, für die es keinen Beweis gibt. Diese Überlegungen beruhen auf Beobachtungen in einer bestimmten Bevölkerungsgruppe die vor langer Zeit gemacht wurden. Dem Stillen oder gar dem längeren Stillen wurde dabei überhaupt keine Aufmerksamkeit entgegengebracht (wohl auch, weil kaum bzw. nicht lange gestillt wurde). Die Praxis zeigt jedenfalls, dass langzeitgestillte Kinder nicht unselbständiger sind als kurz oder gar nicht gestillte Kinder und auch keine vermehrten Probleme mit der Loslösung haben, im Gegenteil: Oft haben sie ein so starkes Vertrauen in sich und die Welt, dass sie recht forsch die Welt entdecken wollen. Außerdem spricht gegen diese Theorie, dass es dann weltweit gesehen sehr viele Kinder Probleme mit der Selbstregulation haben müssten, denn es gibt ja nun mal viele Kulturen, in denen das lange Stillen deutlich über das Babyalter hinaus üblich ist und es gibt Kulturen, in denen keine Übergangsobjekte bekannt sind. Das lange Stillen führt definitiv nicht zu einer verspäteten Loslösungsphase. Die WHO empfiehlt ausdrücklich für ALLE Kinder eine Stillzeit von bis zu zwei Jahren und darüber hinaus. Es steht in der Innocenti Deklaration ausdrücklich, dass diese Empfehlungen für alle Kinder und nicht nur für Kinder in Drittweltländern Anwendung finden. Die amerikanische Akademie der Kinderärzte (AAP) empfiehlt ebenfalls eine mindestens einjährige Stillzeit für alle Kinder und darüber hinaus solange Mutter und Kind es wollen. Auch gelegentliches Stillen kann Einfluss auf die Fruchtbarkeit haben. Eine Prozentangabe für die Wahrscheinlichkeit einer erneuten Schwangerschaft kann ich dir jedoch nicht geben. Zitat aus "The Breastfeeding Answer Book" Mohrbacher, Stock, revised edition 1997: "Selbst wenn es zu einem Eisprung kommt, bevor die erste Menstruation bei der stillenden Frau einsetzt, verursachen die Stillhormone in vielen Fällen fehlerhafte Eireifungs und Lutealphasen. Das bedeutet, dass die Hormonspiegel in der zweiten Hälfte des Zyklus zu niedrig sind, um eine Schwangerschaft zu erhalten (Campbell und Gray, 1993; Diaz, 1992; Lewis, 1991). In einigen Fällen kann es dazu während mehr als einem Zyklus kommen, was die natürliche Periode der Unfruchtbarkeit der Frau weiter verlängert. ... In einigen Fällen reicht selbst seltenes Stillen aus, um eine Schwangerschaft zu verhindern, wenn die Frau zuvor intensiver gestillt hat (Gray, 1990). Bei einem derartigen Fall berichtete die Frau, dass ihre Periode 18 Monate postpartum wieder eingesetzt habe. Ihr Sohn wurde noch ein weiteres Jahr lang gestillt, und obwohl es Anzeichen dafür gab, dass sie einen Eisprung hatte, konnte sie nicht schwanger werden. Sie wandte sich an einen Spezialisten für Fruchtbarkeitsmedizin, der auf Untersuchungen hinwies, die darauf hindeuten, dass manche stillenden Frauen trotz Eisprungs aufgrund subtiler Hormonveränderungen durch das Stillen noch für einige Zeit unfruchtbar bleiben. Sie wurde innerhalb weniger Wochen schwanger, nachdem sie ihren Sohn vollständig abgestillt hatte (Gotsch, 1991)." Aber das ist im Einzelfall nicht vorherzusagen und es gibt unzählige Frauen, die während der Stillzeit sofort bei ersten Versuch wieder schwanger wurden (oder auch ungewollt schwanger wurden). LLLiebe Grüße Biggi


Mitglied inaktiv

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Hallo Jonamami, ich wollte dir nur kurz erzählen, wie es bei uns war. Ich hörte schon , seit mein Kind 4 Monate alt war, ich könnte doch "wirklich langsam mal abstillen". Nun ja, ich bin wieder schwanger geworden, als mein Sohn 15 Monate alt war. Da mir jedoch sehr schlecht war, ich dauermüde war und mein Kind auf einmal nachts wieder jede Stunde trinken wollte, hab ich ihn dann aus eigenem Wunsch mit guten 17 Monaten (völlig problemlos) abgestillt. Das alles ging unserer Meinung nach nur, weil ich irgendwann gelernt hab, mich zu 100% auf mein Gefühl, meine Hebamme und Biggi zu verlassen :-). Alles Gute und viel Erfolg!


Jonamami

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Vielen Dank! Ich habe auch den Eindruck, dass das Stillen meinem Sohn gut bekommt - z.B. war er bisher kaum krank im Gegensatz zu den meisten anderen Kindern im Kindergarten. Und er erkundet mutig und interessiert seine Umwelt, scheint mir also nicht unselbstständig. Danke, dass ihr mich bestätigt habt, meinem Gefühl zu vertrauen :-)!


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