Frage im Expertenforum Stillberatung an Biggi Welter:

Knapp 1,5 Jahre und Nachts immer noch alle zwei Stunden stillen

Biggi Welter

 Biggi Welter
Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

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Frage: Knapp 1,5 Jahre und Nachts immer noch alle zwei Stunden stillen

MissSvea

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Hallo liebe Biggi, Ich habe vor Wochen schon mal was ähnliches gefragt aber irgendwie sehe ich einfach keine Veränderung. Meine Tochter ist sehr aufgeweckt, nimmt extrem viel wahr und beobachtet viel. Abends stille ich sie. Dabei schläft sie aber nicht ein, sondern hört von alleine auf dreht sich um und wir kuscheln noch bisschen bis sie einschläft aber ab dann kann man eig quasi den Wecker danach stellen - dass sie alle zwei Stunden weint und die Nähe braucht. Nicht nur dass sie aufwacht sondern scheint sogar fast etwas aufgelöst wie nach einem Alptraum. Ich stille sie dann einfach kurz und wir schlafen beide weiter. Also das geht wirklich in Ordnung für mich. Schlafen in einem Bett und ich habe nicht das Gefühl dass ich deshalb sehr geschlaucht bin am nächsten Tag. Aber ich frag mich ob sich das je verändert, weil es sich anfühlt wie einprogrammiert und ich kann nichts ändern. Ich will ihr auch unbedingt diese Nähe geben weil es mir eben scheint dadurch dass sie nachts oft weint dass sie vlt sehr sensibel oder ängstlich ist. Kann ich so etwas falsch machen? LG und danke für deine Mühen hier im Forum!


Biggi Welter

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Liebe MissSvea, schön, wieder von dir zu hören! Und noch schöner, dass ich dich gleich beruhigen darf – du machst NICHTS falsch! Es ist doch immer wieder erschreckend, wie viele ganz natürliche und normale Dinge uns Müttern als Gruselgeschichten ausgelegt werden... Oh, wenn es nach unserer Gesellschaft ginge müssten die Kleinen schon kurz nach der Geburt 8 Stunden lang schlafen pro Nacht, nicht mehr als 3-4 Mal etwas zu Essen benötigen (natürlich zu ganz festen Zeiten), sich stundenlang allein mit Trapezen, Mobiles, Rassel oder Spieluhren beschäftigen und überhaupt das Leben der Eltern so wenig wie möglich "belasten". Wie grausam wir doch sind zueinander... Und erlauben uns Einfühlsamkeit und liebevolle Zuwendung dann nur noch bei unseren Haustieren... Wenn ich daran denke, dass ein Elefantenjunges über Jahre hinweg PERMANENTEN Körperkontakt zu seiner Mutter oder einer Ersatzbezugsperson (z.B. Tierpfleger im Zoo) braucht, weil es sonst EINGEHT, dann frage ich mich, warum es uns so schwer fällt zu akzeptieren, dass unsere kleinen Kinder einfach kleine Kinder sind, und ganz "normale" Bedürfnisse haben. Sie können nichts dafür, dass unsere moderne Welt sich so weit von der Natur entfremdet hat, dass ihr alles natürliche krank vorkommt. Es hat seinen Grund, warum stillende Mütter die besten Einschlafhilfen SIND. Beim Saugen an der Brust findet ein Baby das, was es braucht: Trost, Nahrung, Sicherheit. Es liegt vermutlich an einer gewissen neurologischen Unreife, wenn einige Babys das mehr brauchen als andere, und es "verwächst" sich wirklich von alleine!! Dein Baby braucht also vor allem eines: Zeit zum Reifen. Vielleicht "schenkst" du ihm einfach noch ein bisschen von dieser Zeit, in der du ihm gestattest, so zu sein, wie es ist. Du machst nichts falsch! Das Buch von William Sears, "Schlafen und Wachen", dass es z.B. über La Leche Liga Deutschland zu kaufen gibt, kann hier tatsächlich hilfreich sein. Nicht, dass es große Auswege aufzeigen würde, aber es erklärt, warum das so ist mit unseren Babys, und warum das auch ok ist. Allein das Wissen kann eine Mutter schon beruhigen, und ihr den Stress nehmen, sie hätte ihrem Kind etwas Verkehrtes antrainiert. Überlege dir auch einmal zu einem Stillgruppentreffen zu gehen und tausch dich dort mit den anderen Müttern aus. Vielleicht hast Du sogar das Glück so wie ich vor Jahren, dass Du dort Mütter oder eine Stillberaterin kennen lernst, die bereits ältere Kinder haben und Du kannst miterleben, dass es sich lohnt noch etwas durchzuhalten. Eine Stillberaterin in deiner Nähe findest Du im Internet unter http://wwwlalecheliga.de (La Leche Liga), http://www.afs stillen.de (Arbeitsgemeinschaft freier Stillgruppen) oder http://www.bdl stillen.de (Still und Laktationsberaterinnen IBCLC). Wenn Du noch Lust zum Lesen hast, dann schau dir auch den angehängten Text von Dr. Paky an. Liebe Grüße Biggi Die Kunst, sein Kind schlafen zu lassen Prim. Dr. Franz Paky, Leiter der Schreiambulanz (Ambulanz für Schreien und Schlafstörungen) der Kinderabteilung des LKH Mödling Schlafen, Alleinsein, Finsternis Für ein Kind gibt es nichts Schlimmeres, als den Schutz und die elterliche Geborgenheit zu verlieren. Mit der Finsternis der Nacht reißt die Gewißheit ab, dass der elterliche Schutz gegeben ist. Nichts ist leichter verständlich, als dass sowohl das Einschlafen als auch das nächtliche Aufwachen für ein Kind mit Angst verbunden ist. Es ist ebensowenig verwunderlich, dass viele Methoden entwickelt wurden, den Übergang vom Wachzustand in den Schlaf für das Kind zu erleichtern. All diesen Riten ist gemeinsam, dass sie die elterliche Gegenwart in den Schlaf hinein zu erhalten suchen (Wiegenlied, Gute Nacht Geschichte, Gute Nacht Kuß, Kuscheltier als Übergangsobjekt usw.). Schlafen Loslassen Nicht nur für das Kind ist mit dem Einschlafen eine Trennung von den Eltern verbunden. In ähnlicher Weise erleben die Eltern das Einschlafen des Kindes als Trennung. Insgeheim stellt sich die Frage: Wird das Kind ohne unsere Hilfe einschlafen? Wird sich das Kind ohne weiteres (?) von mir trennen? Wird es auch wieder von selbst wach? Zwei Arten von guten Schläfern die echten und die resignativen Nicht alle Kinder, die unkompliziert einschlafen und durchschlafen, sind zu beneiden. Wenn Babys spüren, dass ihr Schreien in der Nacht die Eltern unter keinen Umständen auf den Plan rufen kann, geben sie auf und schlafen den Schlaf der Resignation. Auf diesem Mechanismus beruht der scheinbare Erfolg der älteren Generation, ein Kind beim Einschlafen unbegrenzt schreien zu lassen. Die Entwicklung des Babys und das Schlafproblem Um das sechste Lebensmonat erweitern Babys ihren sozialen Horizont beträchtlich. Sie lernen zwischen ihren vertrauten Eltern und fremden Menschen zu unterscheiden ("Fremdeln"). Die Angst, die damit einhergeht ("Achtmonatsangst"), führt nicht selten zu einer Störung des Schlafes. Kinder, die in den ersten Lebensmonaten zur Freude ihrer Eltern bereits durchgeschlafen haben, beginnen dann nachts mehrmals wach zu werden. Oft brauchen sie nicht mehr als die Versicherung, dass alles in Ordnung ist. Ein kurzes Nuckeln an der Brust oder allein der Zuspruch einer vertrauten Stimme genügen, dass das Kind weiterschläft. Häufig führt aber die Schlafstörung zur Sorge der Mutter, dass das schon größer gewordene Kind mit ihrer Milch nicht mehr genug hat. Dann erhält das Kind an Stelle des Trostes, den es braucht, mehrere Mahlzeiten, die eigentlich überflüssig sind. Welcher Erwachsene, der gut schlafen will, würde sich absichtlich zu diesem Zweck den Bauch voll schlagen? Das Schlafparadoxon Wenn wir den Schlaf dringend herbeisehnen, stellt er sich am zögerndsten ein. Eine ganz ähnliche Erfahrung machen wir mit unseren Kindern. Wenn wir am wenigsten darauf angewiesen sind, schläft unser Kind am leichtesten ein. Brauchen wir dagegen unseren eigenen Schlaf dringend, weil wir am nächsten Tag früh aufstehen müssen oder einen schwierigen Termin haben, dann spielt das Kind nicht mit. Es will und will nicht einschlafen. Und noch weniger gönnt es uns einen ununterbrochenen Schlaf. Man gewinnt fast den Eindruck, als würden wir das Kind mit unserer Aura des Schlafzwanges am Schlaf hindern. Wenn sich ein Vater, der sein Kind mit allergrößten Mühen zum Einschlafen gebracht hat, auf leisesten Sohlen vom Bett fortschleicht, weckt er das Kind mit seiner Angst, dass es wieder wach werden könnte, tatsächlich auf. Dieses Phänomen zwingt uns dazu, über den eigenen Schatten zu springen. Wir müssen uns nach dem Rhythmus des Kindes richten und aufhören, ihm unsere Bedürfnisse aufzuzwingen. Individueller Schlafbedarf Jedes Kind braucht wie übrigens erwachsene Menschen auch eine individuelle Zahl von Schlafstunden. Die Spannbreite liegt bei Kindern im zweiten Lebenshalbjahr bei 9 bis 14 Stunden (Largo Kinderjahre 1999, S. 27). Behinderung der Selbstregulation Groß ist die Gefahr, dass sich Eltern in guter Absicht in Vorgänge einmischen, über deren Ablauf das Kind selbst bestimmen soll. Als Beispiele seien das Essen und das Trinken, die Kleidung und die Kontrolle von Stuhl und Harnausscheidung genannt. Die Selbstregulation über diese Vorgänge wird vom Kind im Lauf seiner normalen Entwicklung übernommen. Greifen die Eltern allerdings in diese Entwicklung ein, wird die Selbständigkeit nicht erreicht. Den Eltern bleibt damit die Bürde der Kontrolle erhalten, und das Kind bleibt in Abhängigkeit. In typischer Weise tritt dieser Mechanismus beim Schlaf auf. In der Meinung, dass die Eltern die volle Verantwortung für die Tiefe und die Dauer des Schlafes ihres Kindes tragen, wird dem Kind seine Selbständigkeit verwehrt und die Eltern zerbrechen an der Bürde der Kontrolle, die sie selbst nicht abgeben können. Die Kunst, sein Kind schlafen zu lassen Auf übermüdete und erschöpfte Eltern wirkt es vermutlich zynisch, wenn ich davon spreche, dass es bei der Kunst, sein Kind schlafen zu lassen, um die eigene Gelassenheit und das Loslassen des Kindes geht. Nach allem, was man schon versucht hat, sollte es gerade mit dem Loslassen funktionieren, wo man doch weiß, dass nichts schwerer ist im Leben als das Loslassen. Vertrauen in die Selbstregulation des Kindes ist der Schlüssel zum Loslassen und damit auch zum Schlafenlassen des Kindes. Wenn man dieses Vertrauen erwirbt, wird man sich vom Kind für die Zeit des Schlafes trennen können, ohne den Kontakt ganz zu verlieren. Das Kind wird auch in einer unruhigen Umgebung und ohne großes Geschrei einschlafen können. Vor allem wird es möglich sein, das Kind im Elternbett schlafen zu lassen und auf diese Weise das Stillen nach dem natürlichen Bedarf von Mutter und Kind beizubehalten. Jedes Kind kann schlafen lernen Weil es schwierig ist, diese Zusammenhänge bewusst zu machen, erfreuen sich Bücher, die sich auf ein Training bzw. auf eine Dressur des kindlichen Verhaltens beschränken, großer Beliebtheit. Am populärsten sind zur Zeit wohl Methoden der dosierten Frustration. Anstatt bei sich selber anzufangen, lässt man das Kind etwas länger schreien, so lange, bis es davon überzeugt ist, dass man als Nachtwächter oder Tröster nicht in Frage kommt. Der Erfolg stellt sich scheinbar ein, indem das Kind den Schlaf der Resignation schläft. Die Chance, dass sowohl die Eltern als auch das Kind aus dem Problem des gestörten Schlafes etwas lernen und auch für sich gewinnen, wird damit aber vertan.


majalino

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Hallo MissSvea, ich winke dir mal zu - meine Tochter wird auch bald 1,5 und stillt noch immer leidenschaftlich gern, tags wie nachts. Ich habe keine Ahnung, wie oft sie nachts ankommt (wir schlafen auch im Familienbett), aber in manchen Nächten sind es bestimmt auch alle 2 Std. Müsste ich dafür jedesmal aufstehen, würde ich wahrscheinlich durchdrehen - so ist es kuscheln und weiterschlafen :-) Also liebe Grüße, du bist nicht allein damit


Veri1980

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Bei uns idem.... manchmal anstrengender, manchmal weniger...


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