Frage im Expertenforum Stillberatung an Biggi Welter:

Clusterfeeding Neugeborenes

Biggi Welter

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Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

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Frage: Clusterfeeding Neugeborenes

vik.schiller

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Ich mache mir etwas Sorgen, dass etwas mit dem Trinkverhalten meiner 10 Tage alten Tochter nicht stimmt. Sie will ständig an die Brust! Zu wenig Milch kann nicht das Problem sein, denn sie hat super zugenommen und schon an Tag 6 ihr Geburtsgewicht wieder erreicht gehabt. Nasse Windeln bestätigen das. Ich habe einen starken Milchspendereflex - wenn sie trinkt, dann verschluckt sie sich manchmal und wenn sie kurz loslässt, schießt die Milch einfach weiter raus (übrigens auch an der zweiten Brust, nach einer Mahlzeit ist ein Spucktuch klitschnass). Nun ist es aber so, dass sie immer nur kurz trinkt und dann einschläft und keine 15 Minuten später wieder trinken will. Ich versuche sie zwischendrin aufzuwecken und sie an die andere Brust anzulegen, aber dann nuckelt sie oft nur. Das längste was sie jemals geschlafen hat waren drei Stunden. In der Nacht ist es noch mal deutlich schlimmer... Was kann ich tun, damit sie länger satt bleibt? Vielen Dank für Ihre Hilfe!


Biggi Welter

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Liebe vik.schiller, für ein zehn Tage altes Kind ist es vollkommen normal, dass es „dauernd" trinken. Wenn du bedenkst, dass der Magen deines Babys gerade mal so groß wie ein Tischtennisball ist und sein Organismus auf häufige kleine Mahlzeiten eingestellt ist, dann verstehst du, dass ein Baby dauernd an die Brust mag. Und es ist völlig okay, wenn es dauernd angelegt wird :-). So kleine Babys wollen im Schnitt zwischen acht und zwölf Mal innerhalb von 24 Stunden gestillt werden. Im Schnitt heißt, es gibt Babys die seltener nach der Brust verlangen (eher wenige Babys) und es gibt Babys, die häufiger an die Brust wollen (die Mehrzahl). Nun ist es jedoch nicht so, dass ein Kind zügig zwanzig Minuten trinkt und sich dann nach drei Stunden das nächste Mal rührt, sondern es kommt immer wieder zu Stillepisoden, die so ablaufen: das Kind trinkt eine kurze Weile, hört auf, döst vielleicht sogar weg und beginnt erneut kurz zu trinken usw. Dieses Verhalten heißt Clusterfeeding und ist absolut normal für kleine Babys. Besonders gehäuft treten diese Stillepisoden am Nachmittag und Abend auf, wie überhaupt die Abstände zwischen den Stillzeiten im Verlauf des Tages immer kürzer werden. Dazu kommt, dass in bestimmten Altersstufen Wachstumsschübe zu erwarten sind, in denen die Baby manchmal schier ununterbrochen an die Brust wollen. Dein Baby ist erst zehn Tage alt und es hat noch überhaupt keine Vorstellung davon, dass es einen Unterschied zwischen Tag und Nacht gibt. Du musst dir vorstellen, dass dein Baby bis vor zehn Tagen Tag wie Nacht ununterbrochen Nahrung bekommen hat, ganz gleich wieviel Uhr es war. Es war immer gleichmäßig warm und die Geräusche um es herum hatten auch eine gewisse Monotonie. Nun plötzlich ist alles anders und an diese riesige Veränderung muss es sich erst gewöhnen. Das braucht seine Zeit und zehn Tage sind viel zu wenig Zeit, um diese Umstellung einfach zu bewältigen. Gib dir und deinem Kind die Zeit, die ihr beide braucht, um euch an das neue Leben zu gewöhnen. Denke daran, dass du jetzt Wöchnerin bist. Leider ist es in unserer Kultur nicht (mehr) so sehr verbreitet darauf Rücksicht zu nehmen, dass eine Frau, die gerade ein Kind geboren hat, Zeit braucht. Zeit zur Erholung, Zeit zum gemeinsamen Kennenlernen des neuen Menschleins, Zeit ums sich an die ganze Veränderung, die so ein kleiner Erdenbürger mit sich bringt zu gewöhnen. Wird in dieser Situation zugefüttert, wird der Brust kein erhöhter Bedarf signalisiert und die Milchmenge kann sich auch nicht auf den erhöhten Bedarf einstellen. Das Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage wird gestört und es kann der Beginn eines unfreiwilligen Abstillens sein. Das Dauerstillen kann sehr anstrengend und auch nervend sein, aber es hat seinen Sinn. Rein wissenschaftlich gesehen ist es so, dass das Baby durch den Stillmarathon die Prolaktinausschüttung anregt und so dafür sorgt, dass die Milchbildung angeregt wird und genügend Milch für das Kind zur Verfügung steht. Keine Angst, Babys bleiben nicht auf ewig so klein und anstrengend. Liebe Grüße Biggi


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