Frage im Expertenforum Stillberatung an Kristina Wrede:

Bei Mandelentzündung stillen

Kristina Wrede

 Kristina Wrede
Stillberaterin
Frage: Bei Mandelentzündung stillen

JanaM92

Beitrag melden

Hallo liebe Stillberaterin, ich habe seit gestern eine Mandelentzündung und stille meine Tochter (9 Monate) noch. Muss ich mir Sorgen machen, dass meine Tochter sich ansteckt? Gibt es ein Medikament was ich nehmen darf? Ich hatte schon telefonisch beim Arzt nachgefragt (Hatte mit der Arzthelferin gesprochen) und sie meinte, dass es schwierig wird. Ich könnte während der Behandlungszeit nicht stillen. Ein paar Tage nicht stillen würde bei uns nicht gehen, da sie erst eine Mahlzeit ohne stillen schafft. Und die Flasche nimmt sie nicht - hatten es mit abgepumpter Milch versucht. Können Sie mir helfen? Ich möchte auf keinen Fall abstillen und hoffe, dass die Arzthelferin einfach nicht gut informiert war.


Beitrag melden

LIebe JanaM92, nein, keine Sorge! Un es ist auch nicht korrekt, dass du während einer Behandlung nicht stillen darfst. Im Gegenteil, es gibt viele stillverträgliche Medikamente, auch Antibiotika. Du darfst der Arzthelferin gern die folgende Info ausdrucken und geben: Das Berliner Pharmakovigilanz und Beratungszentrum für Embryonaltoxikologie ("Embryotox") berät Ärzte bei Fragen zur Vereinbarkeit von Medikamenten und Stillzeit (und natürlich auch Schwangerschaft), und ist unter der Telefonnr. 030 450-525700 erreichbar, per mail unter mail@embryotox.de, oder online unter www.embryotox.de bzw. http://www.bbges.de/content/index024a.html. In der Regel antworten sie noch am gleichen Tag! Hinweise aus der Roten Liste, dass ein Medikament nicht in der Stillzeit verwendet werden soll, bedeuten nicht, dass es nicht doch stillverträglich ist. Sondern lediglich, dass der Hersteller keine Studien dazu hat. Die Embryotox jedoch ist DIE Instanz in Deutschland für diese Art von Auskünften. Aus dem Buch „Arzneiverordnung in Schwangerschaft und Stillzeit“ (7. Auflage 2006), das von Dr Schaefer, dem Leiter der Embyotox, herausgegeben wird, zitiere ich dir zum Thema: Antibiotika allgemein Bei vielen Antibiotika erhält ein gestilltes Kind unter Behandlung der Mutter weniger als 1 % der auf das Körpergewicht bezogenen therapeutischen Dosis. Damit werden allenfalls minimale, in keinem Fall Bakterien hemmende Konzentrationen im Säuglingsplasma erreicht. In der Literatur werden immer wieder folgende Risiken diskutiert: Beeinflussung der Darmflora (ggf. „dünnere" Stuhlkonsistenz, selten Durchfall), Beeinflussung bakteriologischer Untersuchungen, die im Fall einer Erkrankung des Säuglings erforderlich werden könnten, Entwicklung resistenter Keime, Sensibilisierung. Als klinisch relevant oder gar therapiebedürftig haben sich alle diese Nebenwirkungen bisher nicht erwiesen. Am ehesten ist mit einer vorübergehenden Auswirkung auf die Stuhlkonsistenz zu rechnen (Ito 1993). Penicilline, Cephalosporine und andere ß Lactam Antibiotika Erfahrungen. Bei allen gängigen Penicillinderivaten (z.B. Isocillin®, Amoxypen®) liegt der M/P Quotient unter 1. Der voll gestillte Säugling erhält in der Regel deutlich weniger als 1 % einer therapeutischen Dosis (Übersicht in Bennett 1996). Ähnliches gilt für Cephalosporine, die zum Teil im Darm des Säuglings inaktiviert werden (Übersicht in Bennett 1996). Benyamini und Mitarbeiter (2005) haben 67 Mütter mit Amoxicillin plus dem Enzyminhibitor Clavulansäure (in Augmentan®) sowie 38 mit Cefuroxim nach Nebenwirkungen bei ihren gestillten Kindern gefragt. Bei der ersten Gruppe wurden mit 22 % häufiger Symptome berichtet als bei Amoxicillin alleine. Die Symptome waren dosisabhängig, bedurften aber keinerlei Intervention. Bei Cefuroxim wurden in knapp 3% der Fälle leichte Nebenwirkungen berichtet, die im Vergleich zu einer Kontrollgruppe mit Cefalexin nicht häufiger auftraten. Bei Aztreonam (Azactam®) sind nach einer Einzeldosis an die Mutter 0,2 % als relative Dosis für das Kind in der auf die Applikation folgenden Stillmahlzeit ermittelt worden (Ito 1990). Bei lmipenem (Zienam®) wurden in einer japanischen Untersuchung durchschnittlich 0,8 % einer gewichtsbezogenen, i.v. verabreichten Dosis in der Tagesmilchmenge gemessen (Ito 1988). Von Sulbactam (z.B. Unacid®) beträgt die relative pro Tag übergehende Dosis maximal 1 % (Foulds 1985). Enteral werden die zuletzt genannten Substanzen kaum resorbiert. Dies spricht zusätzlich für eine geringe biologische Verfügbarkeit beim gestillten Kind. Zu anderen ß Lactam Antibiotika liegen keine ausreichenden Daten vor. Bisher gibt es keinen Anhalt für toxische Effekte beim gestillten Kind. Empfehlung für die Praxis: Penicillinderivate und Cephalosporine gehören zu den Antibiotika der Wahl in der Stillzeit. Soweit möglich, sollten länger eingeführte Substanzen bevorzugt werden, d. h. im Fall der Cephalosporine solche der 2. Generation. Wenn erforderlich, können auch andere ß Lactam Antibiotika und Clavulansäure verwendet werden." Lieben Gruß und gute Besserung! Kristina PS: Und lass dir bloß nicht einreden, mit 9 Monaten wäre es eh höchste Zeit zum Abstillen. Auch viele Fachleute wissen nicht um die Vorteile des Stillens in diesem Alter, und denken, Abstillen wäre so was wie einfach mal keine Chips essen. Dass da viel mehr dran hängt, wissen sie nicht.


DieRegenfrau

Beitrag melden

Ich geb mal meinen Senf dazu. ;) Die neuen HNO Leitlinien sehen übrigens in den seltensten Fällen eine Antibiotikumbehandlung noch als sinnvoll an. Inzwischen gibt es da eine Kriterienliste (findet man gut im Internet wenn man im Internet nach Leitlinien Tonsilitis sucht) Selbst wenn der Hals nach Krater aussieht, bedeutet es nicht, dass Bakterien am Werk sind. 70-95% werden dort als Viral bedingt angegeben, wo Antibiotikum nicht hilft. So brauchst du vielleicht sogar gar keins :) Lg!


Bei individuellen Markenempfehlungen von Expert:Innen handelt es sich nicht um finanzierte Werbung, sondern ausschließlich um die jeweilige Empfehlung des Experten/der Expertin. Selbstverständlich stehen weitere Marken anderer Hersteller zur Auswahl.