Frage im Expertenforum Stillberatung an Biggi Welter:

allergisch auf Muttermilch?

Biggi Welter

 Biggi Welter
Stillberaterin der La Leche Liga Deutschland e.V.

zur Vita

Frage: allergisch auf Muttermilch?

Kleiner_Käfer2015

Beitrag melden

Ich frage hier für meine Tochter nach, da sie sich mit ihrem Baby (7,5 Monate) gerade in einer Hautklinik befindet. Das arme Ding hat schwere Neurodermitis und deshalb wurden nun diverse Allergietests gemacht, hier mal chronologisch aufgeführt: RASTTest (vom Blut) ergab Milcheiweiß, Weizen und Hühnereiweiß Prick-to-Pricktest ergab: Milcheiweiß und Weizen (Huhn schlug nicht an) weiterer Prick-to-Pricktest mit Roggen und Muttermilch: Die Reaktion auf die Muttermilch war sehr stark, auf Roggen auch, aber schwächer als auf Muttermilch. Meine Tochter hatte zwar tags zuvor einige Roggenbrote gegessen, aber da die Reaktion auf die Muttermilch so stark war, wird nun von einer Caseinallergie ausgegangen. Kann das denn sein? Wie wahrscheinlich ist es denn, dass das Kind auf Bestandteile der Muttermilch allergisch ist?? Sie soll natürlich nun schnellstens abstillen, aber das Baby macht da nicht mit. Flasche ist sie bislang gar nicht gewöhnt und die spezielle Ersatznahrung schmeckt ihr auch überhaupt nicht! Meine Tochter ist ganz verzweifelt. Das Baby BRAUCHT die Brust nun auch zum Trost! Der Arzt sagt, solange sie stillt, kann die Haut auch nicht besser werden! Stillen sollte doch das Allerbeste fürs Kind sein?!?!


Biggi Welter

Biggi Welter

Beitrag melden

Liebe Kleiner_Käfer2015, generell gilt, dass gerade für Babys, welche unter Neurodermitis leiden das Stillen sehr wichtig ist und möglichst sechs Monate lange ausschließlich gestillt werden sollte. Muttermilch ist nicht wie alle anderen "artfremdes Eiweiß", und darum IMMER die beste Wahl. Die Alternativen stammen ja zumeist von der Kuh, und auch auf Soja reagieren viele Babys mittlerweile. Darum ist weiterstillen sicher besser als auf eine andere Milch umzusteigen. Manche Kinder entwickeln trotz aller Vorsichtsmaßnahmen eine Neurodermitis in mehr oder minder schwerer Ausprägung. Es gibt Kinder, bei denen sich die Symptome bessern, wenn die Mutter auf Kuhmilch verzichtet oder ihren Konsum an Kuhmilch und Kuhmilchprodukten einschränkt. Andere Kinder reagieren auf andere Nahrungsmittel und es kann helfen, wenn die Mutter auf diese anderen Nahrungsmittel verzichtet. Allerdings lässt sich nicht vorhersagen, bei welchen Kind eine Diät der Mutter helfen wird und bei welchen nicht, das muss ausprobiert werden. Und es dauert schon gut 2 Woche, bevor man Veränderungen beobachten können dürfte, denn das artfremde Eiweiß braucht lang, bis es ganz aus deinem Körper verschwunden ist. In extrem seltenen Fällen, wenn das Kind nicht nur an Neurodermitis leidet, sondern auch nicht mehr wächst und zunimmt, also nicht mehr gedeiht und eine Diät der Mutter nichts verbessert, dann kann es vorkommen, dass das Kind abgestillt werden muss und dann eine ganz hoch hydrolisierte Spezialnahrung bekommen muss. Normale HA Nahrung macht keinen Sinn, wenn bereits eine Kuhmilchunverträglichkeit aufgetreten ist, sie ist nicht weit genug hydrolisiert. Weiterstillen und ausprobieren, ob sich etwas bessert, wenn auf bestimmte Nahrungsmittel verzichtet wird, ist ein Weg, der versucht werden kann. Ich hänge noch einen Artikel an, der sich mit dem Thema beschäftigt. LLLiebe Grüße Biggi Bei Neurodermitis abstillen? Von Denise Both, IBCLC In letzter Zeit kommt es immer wieder zur Verunsicherung stillender Mütter durch die Information, dass beim Auftreten einer Neurodermitis beim gestillten Kind abgestillt werde sollte. Was ist von dieser Aussage zu halten? Seit im Januar 1999 unter dem Titel "Breast feeding of allergic infants." eine Arbeit von E. Isolauri, A. Tahvanainen, T. Peltola und T. Arvola vom Department of Pediatrics der University of Turku, Finland (Journal of Pediatrcis 1999; 134:27 32) veröffentlicht worden ist, kommt immer wieder die Behauptung auf, dass beim Auftreten von Neurodermitis beim gestillten Säugling abgestillt werden müsse, da die Muttermilch in diesem Fall mehr schade als nütze. Verständlicherweise sind die Mütter nun verunsichert, steht doch diese Aussage im absoluten Gegensatz zu der bisherigen Empfehlung, gerade bei allergiegefährdeten Kindern mindestens sechs Monate ausschliesslich zu stillen. Es stimmt, dass es Nahrungsmittelallergene gibt, die in die Muttermilch übertreten und Symptome beim Kind verursachen können. Ganz oben auf der "Hitliste" dieser Allergene steht die Kuhmilch, aber auch Fisch, Zitrusfrüchte, Nüsse und Eier können über die Muttermilch zu Reaktionen beim Kind führen. Deshalb wird in vielen Fällen Müttern von Kindern mit atopischem Ekzem (Neurodermitis) geraten zunächst einmal eine Eliminationsdiät durchzuführen, bei der sie auf die im Verdacht stehenden Nahrungsmittel verzichten und so die Allergenzufuhr über die Muttermilch verringern. In vielen Fällen lässt sich auf diese Weise eine Besserung oder sogar eine Symptomfreiheit erreichen. Allerdings ist das Einhalten einer strengen Diät nicht für alle Mütter möglich. Durch die Einschränkung des eigenen Speiseplanes ist es nicht selten schwierig, weiterhin eine ausgewogene und vollwertige Ernährung der Mutter zu gewährleisten und manchmal ist die Lebensqualität der Mutter durch die Diät so sehr beeinflusst, dass sie diese Einschränkung nicht weiter hinnehmen kann. Auch in der Studie von Isolauri et al. wurde zunächst durch eine Diät der Mutter versucht, Einfluss auf die Symptome beim gestillten Kind zu nehmen. Bei einer kleinen Gruppe der untersuchten Kinder konnte jedoch auch durch die allergenarme Ernährung der Mutter keine Besserung erreicht werden. Zusätzlich wurde bei diesen wenigen Kindern eine Einschränkung des Wachstums beobachtet. Die betroffenen Kinder profitierten in der Tat vom Abstillen. Die Schlussfolgerung der Studie war daher auch NICHT die Empfehlung, generell vom Stillen als Allergieprophylaxe oder beim Auftreten von Neurodermitis abzuraten. Im Gegenteil, das Stillen wird weiterhin als wichtigste Massnahme zur Vorbeugung gegen Allergien betrachtet. Erst wenn auch das Wachstum und die Entwicklung des Kindes betroffen sind, sollte das Abstillen in Betracht gezogen werden. Zitat: "Schlussfolgerung: Stillen sollte als erste Vorbeugung gegen Allergien gefördert werden, aber gestillte Säuglinge mit Allergien sollten durch eine Vermeidung von Allergenen behandelt und in manchen Fällen sollte abgestillt werden. Dies bezieht sich speziell auf Säuglinge mit atopischem Ekzem, bei denen zudem das Wachstum eingeschränkt ist." ("CONCLUSIONS: Breast feeding should be promoted for primary prevention of allergy, but breast fed infants with allergy should be treated by allergen avoidance, and in some cases breast feeding should also be stopped. This particularly applies to infants with atopic eczema who also have impaired growth.") Von seltenen Ausnahmefällen abgesehen gilt nach wie vor (auch in dieser Studie) "Breast is best". Ein Abstract der Studie ist unter www.ncbi.nlm.nih.gov/htbin post/Entrez/query?uid=9880445&form=6&db=m&Dopt=b im Internet zu finden.


Kleiner_Käfer2015

Beitrag melden

Danke Frau Welter, ich werde das so an meine Tochter weiterleiten. Nur noch eine kurze Frage: Hatten sie schon jemals in ihrer langjährigen Erfahrung so einen Fall, dass ein Kind auf "die Bestandteile" der Muttermilch reagiert hat?


Biggi Welter

Biggi Welter

Beitrag melden

Liebe Kleiner_Käfer2015, ja, das kommt durchaus vor und oft hilft es wirklich, wenn dir Mutter eine Diät einhält! Ich wünsche Euch alles alles Gute! Biggi


Kleiner_Käfer2015

Beitrag melden

ja aber meiner Tochter wurde gesagt, dass eben die Diät NICHTS bringt, da ja Muttermilch auch aus Casein besteht, also vom Körper produziert wird und deshalb auch durch die Nahrungsaufnahme nicht ausgeschollen werden kann !!!!


Biggi Welter

Biggi Welter

Beitrag melden

Liebe Kleiner_Käfer2015, holen Sie sich unbedingt eine Zweitmeinung ein und fragen Sie auch mal im Nachbarforum bei Fr. Dr. Reibel nach! Biggi


Bei individuellen Markenempfehlungen von Expert:Innen handelt es sich nicht um finanzierte Werbung, sondern ausschließlich um die jeweilige Empfehlung des Experten/der Expertin. Selbstverständlich stehen weitere Marken anderer Hersteller zur Auswahl.

Ähnliche Fragen

Hallo, mich würde einmal interessieren, woran man eine Allergie gegen Muttermilch erkennt? Und wie oft kommt so etwas vor? LG Tronchen