Frage im Expertenforum Impfen an Prof. Dr. med. Ulrich Heininger:

Immunität gegen Windpocken?

Prof. Dr. med. Ulrich Heininger

Prof. Dr. med. Ulrich Heininger
Leitender Arzt Infektiologie / Vakzinologie
Stellvertretender Chefarzt

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Frage: Immunität gegen Windpocken?

stellalive

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Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Heininger, mein Freund und ich probieren ein Baby zu bekommen. Im Dezember wurde mir Blut abgenommen, um Antikörper auf Kinderkrankheiten zu bestimmen. Dabei kam heraus, dass mein Titer für Windpocken-Antikörper bei 9,7 Ig G liegt. Sicherer Schutz, sagte die FÄ, sei aber erst ab 50 gegeben und mir wurde eine Impfung empfohlen. Nun war ich in der Zwischenzeit schwanger geworden und eine Impfung wegen des Lebendimpfstoffs erst mal ausgeschlossen. Leider hatte ich vor einigen Wochen eine Fehlgeburt. Natürlich will ich jetzt wieder versuchen, schwanger zu werden. An die Windpocken hatte ich nach der FG nicht mehr gedacht. Bis vorige Woche. Da war die kleine Tochter meines Freundes bei uns, in der Nacht darauf sind bei ihr Windpocken ausgebrochen bzw. eine für einen Pickel gehaltene Pocke hatte sie schon bei dem Besuch bei uns. Da man ja wohl 48 Stunden vor Ausbruch ansteckend ist, besteht nun die Möglichkeit, dass ich mich angesteckt habe, sofern ich denn ansteckbar bin. Jetzt frage ich mich aber: Bin ich nicht sowieso immun? Ich bin nachweislich nie gegen Windpocken geimpft worden, die Antikörper in meinem Blut können nur von einem echten Kontakt mit dem Erreger stammen. Aber dass ich die Windpocken hatte, daran kann ich mich leider nicht erinnern (wie auch an kaum eine andere Kinderkrankheit, heißt also nichts). Kann es also sein, dass ich die Windpocken "zu leicht" hatte und darum nicht immun bin und darum so ein niedriges Testergebnis hatte? Ich frage mich nämlich, ob ich mich – sobald ich die Inkubationszeit abgewartet habe – impfen lassen soll (falls ich die WP nicht jetzt sowieso kriege) oder ob das Quatsch ist (habe den Verdacht). Ich bin schon etwas älter (41) und nach der Impfung drei Monate sicher zu verhüten könnten bedeuten, dass es gar kein Baby gibt. Wenn ich diese (etwas ältere) Studie hier http://jcm.asm.org/content/8/5/545.short richtig verstehe, sinkt der Titer sowieso, wenn man älter ist, was aber nichts über die Immunität auszusagen scheint. Ich bin Journalistin und schreibe derzeit ein Buch, das sich im weiteren Sinne mit dem Themenfeld befasst, darum ist für mich eine erhellende und Antwort auch in diesem Zusammenhang interessant. Danke im Voraus und herzliche Grüße, Christiane Stella B.


Prof. Dr. med. Ulrich Heininger

Prof. Dr. med. Ulrich Heininger

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Hallo Christiane Stella, ich bitte um Verständnis, aber ich kann hier im Forum nur allgemein antworten und keine individuelle medizinische Beratung abgeben. Kein Labortest ist 100% zuverlässig (sensitiv und spezifisch). Erfahrungsgemäss sind Erwachsenen in Ihrem Alter mit 99% Wahrscheinlichkeit gegen Windpocken immun - der beste Beweis ist der, dass man Kontakt zu Windpocken hat und nicht an Windpocken erkrankt. Sich nicht an durchgemachte Windpocken erinnern zu können kann bedeuten, 1) dass man sie nicht hatte, 2) dass man sie hatte aber nicht mehr erinnernkann, oder 3) dass man die Infektion mit den Viren durchgemacht hat aber nicht erkankt ist (ca. 1% der Windpocken-Infektionen verlaufen so, amn nennt dies auch stille Feiung). Alles Gute!


chartinael

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Ich hab die Windpocken wohl gehabt - aber das fiel mir erst nach der MMRV-Impfung auf. Es ist nicht schlimm, sich impfen zu lassen, wenn man die Krankheit durchgemacht hat ...


Prof. Dr. med. Ulrich Heininger

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Richtig, bei Impfung mit Lebendimpfstoff wie gegen Windpocken ist bei vorbestehender Immunität sogar mit ergingerer Wahrscheinlichkeit von irgendwelchen Nebenwirkungen auszugehen, da die Vermehrung der Impfviren durch die eigene Immunität beeinträchtigt wird.


stellalive

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Sehr geehrter Herr Prof. Dr. Deininger, vielen Dank für die Antwort. Mir ist schon klar, dass das, was Sie hier sagen, unverbindlich ist, ich habe vielleicht etwas zu viel Hintergrund für meine Frage geliefert: Vielleicht sollte ich die Frage anders stellen: Macht es einen Unterschied für die Immunität, ob die im Bluttest gemessenen Antikörper von einer "echten" Infektion im Kindesalter (oder wann auch immer) oder von einer Windpockenimpfung stammen? Ich hatte Sie hier http://www.rund-ums-baby.de/impfen/Windpockenschutz-niedrig-Impfung_8805.htm so verstanden, dass bei vorhandenen Antikörpern, sofern diese auf echten Erregerkontakt zurückzuführen sind (im Gegensatz zum Impfstoff) Immunität besteht, war aber nicht sicher, ob das nur für den Fall gilt, dass man auch wirklich krank (im Sinne von bettlägerig, fiebrig etc.) war. Will sagen: Ist man im Falle von 3.) auch mutmaßlich immun? Und bei 2.) hätte man dann ja wohl keine Antikörper, oder? Danke und beste Grüße, Christiane Stells


stellalive

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Sorry, ich meinte natürlich: "Bei 1.) hätte man dann wohl keine Antikörper."


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Sehr geehrte Frau Stells, ja, nach allem was man weiss macht es einen Unterschied, ob die Antikörper gegen Windpockenviren von einer natürlichen Infektion stammen oder durch Impfung induziert werden. Manmuss dabei ja auch berücksichtigen, dass Antikörpermessungen imme rnur einen Teil der kompletten Immunität darstellen - die zelluläre Immunität zB reflektieren sie nicht. Jedenfalls: nach durchgemachten Windpocken (und hier sind Antikörper im Blut ein sensitiver Marker) ist man von seltenen Ausnahmen abgesehen lebenslang immun. Nach 1 Impfung lässt der Impfschutz offenbar im Laufe der Zeit nach, weshalb 2 Dosen empfohelen werden. Diese geben sehr vioel höhere Antikörperspiegel (ca. 40x höher als nach 1 Dosis) und schützen soimit auch länger. Wie lange genau, muss sich in den nächsten jahren durch epidemiologische Beobachtungen erweisen.


Prof. Dr. med. Ulrich Heininger

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Ist man im Falle von 3.) auch mutmaßlich immun? Ja. Und bei 1.) hätte man dann ja wohl keine Antikörper, oder? Richtig - ohne Infektion oder Impfung kann es ja keinen Schutz geben.


stellalive

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Super! Vielen Dank! Genau das hat mich interessiert. Dann beruhen die Impfempfehlungen wohl auch darauf, dass man anhand der Antikörpermessung nicht wissen kann, ob die Antikörper auf eine durchgemachte Infektion oder eine Impfung zurückgehen und da geht man dann als Arzt logischerweise lieber auf Nummer Sicher (würde ich auch). Interessant wäre zu wissen, wieso der Impfschutz eigentlich irgendwann nachlässt, wenn es sich doch um einen Lebendimpfstoff handelt. Aber das führt hier vermutlich zu weit. (Wenn Sie aber einen Literaturtipp dazu haben, der auch für interessierte Laien ohne Medizinstudium einigermaßen verständlich ist, würde ich mich freuen).


chartinael

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Beim RKI steht, daß auch der Schutz nach einer durchmachten Erkrankung nachläßt. Als Gründe wird die fehlende natürliche Boosterung angeführt. Je mehr Menschen geimpft werden, desto weniger Wildinfektionen, desto weniger die natürliche Auffrischung der Immunantwort. Ich gehe davon aus, daß zukünftig Auffrischung per Impfung erfolgen wird - egal ob durchmachte oder geimpfte Personen betroffen sind. Da ist man aber am Anfang der Untersuchungen und es gibt noch nicht allzuviele Untersuchungen des Phänomens. Dennoch ist das die Erklärung, die zZ herangezogen und untersucht wird.


stellalive

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Wo genau steht das denn da? Ich dachte, ich hätte bei denen alles durchforstet. Ich war der Ansicht, bei dem Boost gehe es um den Schutz vor Gürtelrose. Das ist ja der gleiche Erreger und der Schutz dagegen bekommt nach allem, was ich jetzt in letzter Zeit gelesen habe, einen Boost, wenn man jemanden trifft, der Windpocken hat (die anderen bekommen Windpocken). Je mehr gegen Windpocken Geimpfte herumlaufen, um so häufiger sollte demnach die Gürtelrose auftreten. Ansonsten denke ich mir, dass das RKI nach praktischen Erwägungen empfiehlt und erklärt, was am sichersten ist, auch und insbesondere aus rechtlichen Erwägungen. Wenn es wirklich so wäre, dass der Windpockenschutz mit der Zeit nachlässt, müssten ja reihenweise ältere Menschen daran erkranken. Tun sie aber nicht.


chartinael

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Also, eine Fallstudie hat einen älteren Erkrankten mit nachweislich durchmachter Erkrankung untersucht. Das war irgendwo in Europa, meine ich. Mußt mal auf Pubmed suchen - auf die Schnelle hab ich die nicht wiedergefunden... und beim RKI auch den Hinweis nicht. Stolper ich drüber, PM ich dir das.


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