Frage im Expertenforum Hebamme an M. Sc. Martina Höfel:

Augenprophylaxe ja oder nein?

M. Sc. Martina Höfel

M. Sc. Martina Höfel
Master of Science in Midwifery, Hebamme im DHV - Deutscher HebammenVerband e.V.

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Frage: Augenprophylaxe ja oder nein?

Animata12

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Die Klinik, in der ich entbinden werde, führt nahezu bei allen Neugeborenen (nach Zustimmung der Eltern, nach Aussage der Ärzte 90% Zustimmung!) eine Augenprophylaxe zur Verhinderung von Erblindung des Kindes durch. Meine Hebamme erklärte mir allerdings, dass sich durch einen einfachen Abstrich im Vorfeld feststellen lassen könne, ob ich mit Gonokokken infiziert sei und diese Prophylaxe überhaupt notwendig sei. Dieser Abstrich ergab nun, dass ich keine Gonokokkenerreger habe, es wurde allerdings ein Pilz festgestellt, den ich jetzt zunächst einmal mit Homöopathie behandle. Eine Freundin meinte jetzt, sie würde trotz negativem Gonokokkenabstrich die Prophylaxe durchführen, da bei anderen Vagnialkeimen auch die Möglichkeit bestehe, dass das Kind sich infiziert und evtl. erblindet. Ich möchte aber, wenn diese Behandlung des Neugeborenen überflüssig erst, gerne darauf verzichten, da es ja auch Nebenwirkungen beim Neugeborenen (z.B. Bindehautentzündung, unnötige Reizung der Augen) gibt. Können Sie mir in dieser Angelegenheit einen Rat geben? Vielen herzlichen Dank!


Martina Höfel

Martina Höfel

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Liebe Animata, die Augenprophylaxe hat als Nebenwirkung oft eine Bindehautentzündung zur Folge (entsteht durch die mechanische Reizung), deshalb steht sie immer wieder in der Diskussion. Die Gonorrhoe wird auch oft Tripper genannt und ist die eine der häufigsten Geschlechtserkrankung. Zwischen 25 und 60 Mio. Menschen infizieren sich jährlich weltweit. Die Krankheit wird verursacht durch die Bakterien Neisseria gonorhoeae und ist meldepflichtig. In früheren Zeiten vor der Einführung der Antibiotika war Tripper eine der häufigsten Infektionskrankheiten überhaupt. Vorsorge schützt vor Übertragung. Die Einführung der die Tripper-Bakterien schädigenden Antibiotika brachte eine Behandlung und seit den 50er Jahren einen Rückgang der Erkrankungszahlen. Allerdings stiegen diese wieder mit Einführung der hormonellen Verhütung und der damit verbundenen größeren sexuellen Freizügigkeit in den 60er und 70er Jahren. Erst die Angst vor AIDS und der damit verbundene Gebrauch von Kondomen verursachten einen erneuten Rückgang der Erkrankten. Übertragung durch Geschlechtsverkehr. Da die Bakterien gegen Austrocknung und niedrige Temperatur sehr empfindlich sind, ist die Übertragung der Gonorrhoe nur im feucht-warmen Milieu möglich. Aus diesem Grunde finden fast alle Infektionen über Geschlechtsverkehr statt. Man unterscheidet die genitale Gonorrhoe und die extragenitale Gonorrhoe. Genitale Gonorrhoe Typisch ist der gelblich-grüne Ausfluß. Bei der genitalen Gonorrhoe kommt es einigen Tage nach der Infektion zu einer Entzündung der Schleimhäute. Sie äußert sich als eine Entzündung der Harnröhre. Es bildet sich ein eitriger gelblich-grüner Ausfluß. Als typisch können dabei die gelblichen Ablagerungen in der Unterwäsche von Betroffenen gelten. Sie entstehen durch den Ausfluß. Beim Mann äußert sich die Gonorrhoe durch Schmerzen beim Urinieren. Bei der Frau verläuft die Infektion in der Hälfte der Fälle ohne besondere Begleiterscheinungen. Der Ausfluß wird oft als vermeintliche normale Sekretion nicht beachtet. Im weiteren Verlauf kann es beim Mann und bei der Frau zu Komplikationen kommen. Die Entzündung kann sich auf die Anhangsdrüsen der Genitalorgane ausweiten. Das kann besonders beim Geschlechtsverkehr schmerzhaft sein. Wandert beim Mann die Infektion weiter, so kann sie die Prostata erreichen und zu deren Entzündung (Prostatitis) führen. Die Prostatitis zeigt sich in häufigem Harndrang, schmerzhaftem Stuhlgang und Fieber. Im Rahmen einer Prostatitis erfolgt der Übergang der Entzündung auf die Samenblase und den Samenstrang. Schließlich kann es zu einer Beteiligung des Nebenhodens (Epididymitis) kommen, deren Folge meist bleibende Unfruchtbarkeit (Sterilität) ist. Erreicht bei einer Frau die Entzündung den Eileiter, kann dieser verkleben. Auch hier kann Sterilität die Folge sein. Extragenitale Gonorrhoe Entzündungen an Mund und Anus sind möglich. Bei der extragenitalen Gonorrhoe breitet sich die Entzündung außerhalb der Geschlechtsorgane aus. Ursache ist häufig ein entsprechendes Sexualverhalten. Dann kann die Tripper-Infektion auch auf die Mundschleimhaut oder die Schleimhaut des Anus übertragen werden. Dort kommt es dann ebenfalls zu Entzündungen. Einen besonderen Fall stellt die Infektion bei Neugeborenen dar. Sie könnten infiziert werden, wenn die Mutter zum Zeitpunkt der Geburt erkrankt ist. Die Gonorrhoe kann dabei auf die Bindehaut des Kindes verschleppt werden. Die Krankheitssymptome beginnen bereits wenige Tage nach der Geburt. Das Kind ist lichtscheu und entwickelt eine Lidschwellung. Die Entzündung kann sich dann auf die Hornhaut des Auges ausweiten und diese zerstören. Aus diesem Grunde war früher die sogenannte Credesche Prophylaxe vorgeschrieben. Dabei wird, sofort nach der Geburt, eine Lösung in den Bindehautsack des Kindes geträufelt, die die Erkrankung verhindert. In wenigen Fällen kommt es zu Verschleppung der Bakterien über das Blut in den ganzen Körper. Dies äußert sich in Fieber, Gelenkschmerzen. Außerdem bilden sich für die Erkrankung typische Pusteln an Händen und Füßen. Therapie Antibiotika helfen schnell. Um eine gesicherte Diagnose zu stellen, muß der Ausfluß bakteriologisch untersucht werden. Die Therapie der Gonorhö besteht in Gabe von Antibiotika (Penicillin). Meistens reicht die einmalige Gabe aus. Treten Komplikationen auf, werden häufig Breitbandantibiotika, wie Ciprofloxacin und bei Penicillinunverträglichkeit z.B. Tetracyclin oder Spectomycin verordnet. Der Erfolg der Behandlung sollte nach einer Woche durch eine erneute Untersuchung des Ausflusses kontrolliert werden. Besonders wichtig ist es, daß der Sexualpartner ebenfalls behandelt wird. Nur so kann eine erneute Infektion vermieden werden. Wenn sicher ist, dass Sie frei von Gonokokken sind (Abstrich) oder das Kind per Sectio geboren wird, dann ist die Prophylaxe nicht nötig. Die Entscheidung können nur Sie allein treffen! Wäre Ihnen die Entscheidung leichter gefallen, wenn der Doc nichts von den 90% Zustimmung gesagt hätte? In vielen Krankenhäusern wird die Prophylaxe gar nicht mehr durchgeführt, da eine Behandlung gut anschlägt. Liebe Grüße Martina Höfel


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